Politik | Sowohl in der Simplonstadt wie in der Lonzastadt stehen Präsidenten im Ü-65-Alter den Gemeinden vor
Präsidenten aus der Risikogruppe
Mit Niklaus Furger in Visp und Louis Ursprung in Brig-Glis werden gleich zwei der grossen Oberwalliser Gemeinden von Politikern aus der Risikogruppe geleitet. Die beiden Präsidenten führen trotz fortgeschrittenem Alter und verändertem Umfeld ihre Gemeinden weiter.
Niklaus Furger weilt in seinem Büro. Trotz Anweisung des Bundesamts für Gesundheit BAG, wonach über 65-jährige Personen zu Hause bleiben sollten. Mit der wesentlichen Einschränkung: «Es sei denn, Sie müssen zur Arbeit gehen und können nicht von zu Hause aus arbeiten.» Letzteres kann der 67-jährige Visper Gemeindepräsident und Grossrat nur zum Teil.
Es lassen sich nicht sämtliche Geschäfte der Lonzastadt von zu Hause aus erledigen. Deshalb sitzt Furger auch an diesem Morgen an seinem Präsidentenschreibtisch. Allein in den vier Wänden seines Büros und mit Arbeit eingedeckt. Wenn auch bei Weitem nicht mit so viel Dossiers und Aufgaben betraut wie zu «normalen Zeiten». Furger: «Der Betrieb bei der Gemeinde geht weiter. Auch als potenzieller Risikopatient kann ich die Aufgabe sehr gut bewältigen.»
Vizepräsident informiert über den Führungsstab
Der Gemeindeschreiber hält sich wie das Präsidialsekretariat ebenfalls im Rathaus auf. Ganz ohne Unterstützung gehts dann doch nicht. Zudem steht Furger in regelmässigem Kontakt zu seinem Vizepräsidenten Christoph Föhn, immer mit dem nötigen «Social Distancing». Föhn nimmt an den Sitzungen des regionalen Führungsstabs von fünf Gemeinden teil. Er informiert den Präsidenten danach über getroffene Entscheide und eingeleitete Massnahmen.
Für Furger hat sich durch die Corona-Krise sehr viel verändert. Sonst nahm er im Schnitt täglich an bis zu fünf Sitzungen und Anlässen teil. Er sitzt in verschiedenen Gremien und Verwaltungsräten, etwa bei der Valaiscom, der Danet oder der EnAlpin. Zudem ist er im Vorstand der Region Oberwallis, präsidiert die Vereinigung Walliser Städte und ist Vizepräsident des Verbandes der Walliser Gemeinden. Furger: «Mein Alltag ist sonst sehr von Sitzungen dominiert. Diese fallen derzeit entweder weg, werden verschoben oder über andere Kommunikationswege abgehalten.» Um gleich auch das Positive zu unterstreichen: «Es bleibt mir so mehr Zeit, um liegen gebliebene Dossiers aufzuarbeiten.»
Gemeinderatssitzung vergangene Woche per Skype
Sowohl vormittags wie nachmittags arbeitet Furger derzeit im Schnitt zwei bis drei Stunden im Büro. Setzt Unterschriften unter Entscheide, Korrespondenzen und Verträge. Am vergangenen Dienstag leitete er erstmals eine Gemeinderatssitzung während der Corona-Krise. Via Skype auf den mobilen Geräten der Ratsmitglieder. Diese haben bereits die Woche zuvor das Vorprotokoll und die Unterlagen erhalten. Auf der internen Webseite hat jeder Zugriff auf die Dokumente.
Würden Kommissionssitzungen oder andere wichtige interne Sitzungen nötig mit weniger als fünf Personen, würden diese im grossen Saal im Rathaus abgehalten. Dort kann der verlangte Abstand von zwei Metern eingehalten werden. Die Säle, Tische und Stühle werden regelmässig gereinigt und desinfiziert.
Erste Priorität hat während der aussergewöhnlichen Zeit für den Visper Gemeindepräsidenten: «Dass möglichst alle Mitarbeitenden der Gemeinde und die Bevölkerung gesund bleiben und zu sich Sorge tragen.» Die Gemeinde habe alle möglichen und vorgeschriebenen Massnahmen wie Vorkehrungen getroffen und eingehalten.
Ab und zu spaziert er kurz durch Visp, vom Rathaus aus durch die Burgschaft hinunter über die verwaiste Bahnhofstrasse in Richtung Bahnhof. Wo sich sonst in den Gartenbeizen unzählige Menschen tummeln, ist niemand anzutreffen: «Der Anblick ist schon sehr, sehr speziell. Schon fast surreal, sonst pulsiert Visp mit seinen über 6000 Zupendlern täglich.» Es bleibe nichts anderes übrig, als die geforderten Massnahmen zu akzeptieren.
Seinen Arbeitsweg von der Weingartenstrasse aus ins Gemeindebüro geht Furger regelmässig zu Fuss. Der rund zehnminütige Marsch viermal täglich sorgt nicht nur für etwas zusätzliche Abwechslung, sondern für die nötige Bewegung in diesen sonst eher bewegungsarmen Tagen und Wochen.
Louis Ursprung liess sich testen
Louis Ursprung, Präsident in Brig-Glis, war Anfang März in den alljährlichen Skiferien in Saas-Fee. Als es so richtig losging mit den Einschränkungen und Massnahmen betreffend Eindämmung des Coronavirus, musste er seine Ferien abbrechen. Da er seit mehreren Tagen gehustet hatte und erkältet war, machte er auf seiner vorzeitigen Rückfahrt vom Saastal in die Simplonstadt einen Zwischenhalt im Spital Visp für einen Test. Darauf blieb er für 36 Stunden zu Hause.
Trotz erkrankter Atemwege fiel das Testergebnis negativ aus: «So hatte ich Klarheit, dass ich niemanden mit dem Coronavirus anstecke. Seither arbeite ich normal und schütze mich», berichtet Ursprung. Der 70-Jährige trägt stets ein Desinfektionsmittel mit sich, wäscht sich regelmässig die Hände und hält den verordneten Abstand ein.
Vergangene Woche fand zweimal morgendlich eine Sitzung mit dem Kernstab, dem zentralen Teil des Krisenstabs, wegen Corona-Massnahmen statt. Dann kamen andere Treffen hinzu. Urspung: «Am Donnerstagvormittag etwa hatte ich Sitzungen mit dem Stadtarchitekten, natürlich mit dem nötigen Zwei-Meter-Abstand, der ist mir heilig.»
Abstand von mehr als zwei Metern zwischen den Stadträten
Der Schlosswart leiste seinen wertvollen Beitrag zum allgemeinen Schutz der Mitarbeitenden und für die Bevölkerung. So wasche und desinfiziere er regelmässig sämtliche Türklinken und die benutzten Räume sowie das Inventar. Angepasst sind wegen Corona auch die Schalteröffnungszeiten: Aus Schutzgründen fürs Personal sind die Schalter reduziert offen, jeweils vormittags zwischen 9.00 und 12.00 Uhr: «Die Dienstleistungen der Gemeinde sollen aufrechterhalten bleiben», betont Ursprung.
Die Stadtratssitzung von Mitte März wurde ersatzlos gestrichen. «Über wichtige Traktanden stimmten die Stadträte auf dem Zirkularweg ab», erklärt der Präsident. Die Ratssitzung von letzter Woche sei erstmals im Rittersaal abgehalten worden: «Mit mehr als zwei Metern Abstand zwischen den Stadträten.» Dafür sei das Inventar so platziert worden, dass jeder Stadtrat seinen eigenen Tisch hatte: «So fühlten sich alle wohl.»
Dass er als 70-Jähriger zur Risikogruppe gehört, sei für ihn kein Problem: «Ich bin von Grund auf das Gegenteil eines Hypochonders.» Wichtig sei es, Rücksicht zu nehmen und zu sich Sorge zu tragen: «Ich bin mir bewusst, dass ich zur Risikogruppe gehöre, nehme aber als Stadtpräsident gleichzeitig meine Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern wahr.»
Was seine körperlichen Aktivitäten anbelangt, so hält sich Ursprung ziemlich eisern an die Vorschriften: «80 Prozent lege ich mit dem Auto zurück.» Zu Spaziergängen komme er nicht oder höchst selten. Bei der Fahrt durch die Stadt zeigte sich ihm Brig-Glis wie ausgestorben: «Das ist einerseits traurig. Andererseits zeigt es die gute Disziplin der Bewohner, die sich an die Vorgaben des Bundesamts für Gesundheit halten», bilanziert der Briger Stadtpräsident.
Daniel Zumoberhaus
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