Walliser im Ausland | Walburga Baur-Stadler berichtet aus Südkalifornien
«Präsident Donald Trump? Um Himmelswillen!»
Seit 17 Jahren lebt Walburga Baur-Stadler in Südkalifornien. Sie ist im Wallis aufgewachsen und seitdem hat es sie in alle Himmelsrichtungen verschlagen. Auf 1815.ch berichtet Baur-Stadler heute über Vorwahlen, den komödiantischen Donald Trump und andere Aspekte des amerikanischen Wahlkampfs.
Walburga Baur-Stadler (wbaur@roadrunner.com) hat sich nach zahlreichen Auslandserfahrungen vor 17 Jahren in Südkalifornien niedergelassen, ausserhalb von Los Angeles, am Fuss der San Gabriel Berge. Ihre Zeit widmet sie ihrem Garten, dem Malen und Singen.
Auf 1815.ch berichtet sie in loser Reihenfolge über ihr Leben im Land der unbegrenzten Möglichkeiten:
«Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich besitze die amerikanische Nationalität nicht und kann deshalb nicht wählen. Was mich natürlich nicht daran hindert, das Wahlspektakel mit Interesse zu verfolgen. Ich komme mir vor wie jemand, der bei einem Tennis-Match oben auf der Tribüne sitzt und die Hoch- und Tiefschläge, die Fouls und die Asse zählt.
Am Anfang war das auch noch lustig. Vor allem bei den Republikanern, die gleich 19 Personen im Rennen hatten. Da ich nicht genau weiss, wie viel Sie, liebe Leser, über das amerikanische Wahlsystem wissen, erlaube ich mir hier eine kurze Erklärung abzugeben. Was momentan vor sich geht, sind 'nur' Vorwahlen, für Delegierte, die dann beim demokratischen oder republikanischen Kongress je einen Hauptkandidaten auswählen. Das ganze Drama momentan dreht sich also darum, so viele Delegierte wie möglich 'einzusammeln'.
Das Vorgehen ist auch nicht in allen Bundesstaaten identisch. Am Lustigsten finde ich diejenigen Staaten, die einen Kaukus haben. Da treffen sich dann die Partei-Angehörigen in einem Lokal, z.B. einer Turnhalle. In jeder Ecke, und wenn mehr Kandidaten als Ecken da sind dann halt auch sonst noch am Rand der Halle, werden Tafeln mit den Namen des Kandidaten aufgestellt und die Anhänger versuchen durch lautes Rufen oder auch seriöses Diskutieren die noch nicht entschlossenen Mitbürger in ihre Ecke zu locken. Das kann dann gute zwei Stunden dauern. Am Schluss wird gezählt, wer die meisten Anhänger hat. Dieses Resultat wird an die Hauptstadt übermittelt. Und dann ist es so, dass bei den Republikanern derjenige Kandidat, der die meisten Stimmen ergattert hat, alle von diesem Staat zu erwartenden Delegierten bekommt.
Bei den Demokraten geht es demokratischer zu, die Delegierten werden prozentual nach den erhaltenen Stimmen ausgerechnet und den einzelnen Kandidaten zugesprochen. In anderen Staaten wird ganz normal abgestimmt, aber auch hier ist es so, dass an manchen Orten der republikanische Kandidat mit den meisten Stimmen dann alle Delegierten erhält.
Die Kandidaten
Und jetzt kommen wir zu den eigentlichen Kandidaten. Bei den Demokraten ist es ja einfach, da nur Hillary Clinton und Bernie Sanders sich um die Ehre streiten. Und bis jetzt konnte man das nicht einmal 'streiten' nennen. Bei den im Fernsehen stattfindenden Diskussionen gingen beide praktisch mit Samthandschuhen in den Ring. Bernie Sanders, sieht aus wie ein Grossvater mit ungekämmter, weisser Haarmähne, wettert ständig gegen die 'Bänkler' und die reichen Leute, hat aber grossen Erfolg bei den Jungen. Er warf Hillary allerdings vor, dass sie für drei Vorträge bei einer berühmten Bank 750’000 Dollar einkassiert habe. Das müssten ja wahnsinnig tolle Vorträge gewesen sein und er warte noch jetzt darauf, dass die Texte endlich publiziert würden! Und Hillary wirft Bernie vor, dass seine Vorschläge (viel niedrigere Steuern, gratis Universitätsstudium für alle usw.) völlig unrealistisch seien. Hingegen sind sich beide einig, dass man den rund 11 Millionen illegalen Einwohnern helfen sollte, ihre Situation zu legalisieren.
Struber geht es da bei den republikanischen Fernsehdiskussionen und auch in der Presse zu. Am Anfang gab es so viele Kandidaten, dass zuerst – noch am Nachmittag, wo die meisten Leute ja arbeiten müssen – die Kandidaten mit den laut Meinungsumfragen geringsten Chancen separat im Fernsehen auftraten. Sie fühlten sich natürlich betupft und zweifelten die Korrektheit der Zahlen an. An der Hauptdiskussion wurden die Kandidaten so platziert, dass derjenige mit den meisten Stimmen in der Mitte stand und die anderen abwechselnd rechts und links davon platziert wurden.
Donald in der Mitte
So war also der Donald immer in der Mitte. Am Anfang haben wir über ihn gelacht. Die Komiker in den Abendsendungen hatten an seiner orangefarbenen Frisur, seinen faulen oder frechen Sprüchen und der masslosen Übertreiberei ein gefundenes Fressen. Die politischen Kommentatoren von Radio, Fernsehen und Zeitung waren sich alle einig, dass der Donald jetzt jeden Moment etwas sagen oder tun würde, was ihn herausspicken sollte. Aber dem war nicht so. Trump flog mit seinem Privatjet – natürlich gross mit 'Trump' beschriftet – auf einem Flugplatz vor, hatte einen Hangar voll von mehreren tausend Anhängern, die seine 'Tächlikappe' trugen und grosse 'Trump'-Plakate schwenkten. Es handelt sich meist um biertrinkende, weisse, oft der Arbeiterklasse angehörende Männer, die je länger je mehr nicht mehr mit der gegenwärtigen Regierung übereinstimmen, sich verlassen oder verar...t fühlen und völlig mit Trumps Slogan 'Wir machen Amerika wieder gross' einverstanden sind. Nach ein paar Perlen der Weisheit und einigen Seitenhieben flog er dann zum nächsten Ort. Er hat inzwischen praktisch jeden anderen Kandidaten beleidigt, lächerlich gemacht oder sogar beschimpft, was seine Anhänger aber überhaupt nicht berührt. 'Endlich haben wir jemanden, der die Dinge beim Namen nennt – wir wollen keinen Politiker mehr an der Macht, der sowieso nur nach der Pfeife der Grossen in Washington tanzt!'
Von den anderen Kandidaten sind inzwischen die meisten nicht mehr im Rennen. Carli Fiorina, die einzige Frau (Trump: 'Mit so einem hässlichen Gesicht hat sie doch keine Wahlchancen!'), ist weg. Ihr gefolgt sind ein Hirnchirurg, einige ehemalige Gouverneure und Jebb Bush von der Bush-Dynastie. Er hatte am meisten Geld, aber viel zu wenig Charisma (Trump: 'Die Leute schlafen ein, wenn die ihm zuhören!') und als letztes Opfer Marco Rubio, der nicht einmal in seinem Heimatstaat Florida die meisten Stimmen ergattern konnte. Der am zweitmeisten Delegierte zählende Ted Cruz, ein Senator, ist unter seinen Senator-Kollegen der unbeliebteste Politiker. (Nicht Trump, sondern ein anderer Senator: 'Wenn Cruz im Senat ermorder würde, gäbe es niemanden, der schuldig gesprochen würde!'). Cruz schwingt mit der Bibel um sich, will am ersten Tag als Präsident die von Obama eingeführte Krankenkasse annullieren und alle 11 Millionen illegalen Einwanderer in ihre Heimat zurücksenden.
Unter der Gürtellinie
Wie gesagt, es ist kein Wunder, dass die Reporter einfach niemanden so ganz ernst nehmen konnten. Aber inzwischen mussten sie alle zu Kreuze kriechen und haben das Fürchten gelernt. Trump, dessen Gross- oder Urgrossvater aus Deutschland eingewandert ist und Drumpf hiess, würde am ersten Tag damit beginnen, eine ganz hohe Mauer zwischen den USA und Mexiko zu bauen. Bezahlen müssten das aber die Mexikaner, sonst würde er einfach die Handelsabkommen künden. Putin sei sein Freund, mit dem komme er dann sicher gut aus. Hingegen würden sowohl er wie Cruz ein Einreiseverbot für alle Muslime erlassen. Trump und Cruz, als praktisch einzig übriggebliebende Republikaner-Kandidaten, haben jetzt auch angefangen, sich gegenseitig dran zu nehmen. Cruz hat in einer Fernsehreklame ein Bild von Trumps dritter Frau in provokativer Stellung und minimaler Bekleidung publiziert. Allerdings war sie damals noch nicht mit Trump verheiratet. Trump hat darauf ein Bild gebracht, in dem seine Frau glamourös aussieht und die Frau von Cruz daneben eine nicht gerade vorteilhafte Grimasse schneidet. Der Text dazu: 'Ein Bild ist 1000 Worte wert.' Nächster Schlag: Bilder von mehreren Frauen, die alle Geliebte von Cruz gewesen sein sollen. Und Cruz über Trump: 'Der hat ja keine Ahnung von Aussenpolitik. Er würde Lybien und Libanon oder Iran und Irak verwechseln.' Die Komiker sind auch wieder auf dem Plan. Wenn Trump gewählt werde, müsse er auch sofort eine hohe Mauer an der kanadischen Grenze aufstellen, damit nicht alle Amerikaner dorthin auswandern würden. Im Weissen Haus würden alle Wasserhähne vergoldet und ein Ballsaal angebaut werden. Und so weiter und so fort...
Liebe Leser, nur schon beim Schreiben dieses Artikels habe ich jetzt einen Knoten im Magen bekommen. So hoffe ich ganz fest, dass ich 'Fortsetzung folgt' sagen kann, aber mit einem etwas glücklicheren Ende.»
Als Vierjährige zog Walburga Baur-Stadler mit ihrer Familie ins Wallis, wo sie aufgewachsen ist und die Real- und Handelsschule im Institut St. Ursula in Brig besuchte. Nachdem sie zwei Jahre lang Sekretärin bei den Walliser Kraftwerken in Visp war, zog es sie nach Oxford, um Englisch zu lernen.
Danach trat Walburga Baur-Stadler eine Stelle beim Politischen Departement in Bern (heute: Departement für auswärtige Angelegenheiten) an und wurde in Belgien, Marokko, Thailand und Madagaskar als Sekretärin eingesetzt. Nach ihrem Wechsel in die konsularische Laufbahn kam es erneut zu Versetzungen: Mailand, Kongo, Peru, Costa Rica und Kalifornien, wo sie ihren Mann, einen Zürcher, kennenlernte und heiratete. Gemeinsam waren die beiden noch in Spanien und Argentinien, wo sich Baur-Stadler Ende 1998 im Grad einer Generalkonsulin frühzeitig pensionieren liess.
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