Tourismus | Tourismus und Lobbyarbeit
Hat der Tourismus genügend Rückhalt in Bern?
Der Schweizer Landwirtschaftssektor ist in Bundesbern omnipräsent. Von Tourismusvertretern fehle in Bern hingegen jede Spur, hält Ständerat Beat Rieder an einem Podium in Bellwald fest. Aus seiner Sicht ein grosses Versäumnis.
Jeder weiss, was Schweizer Bauern für unsere Gesellschaft leisten. Sie ernähren das Volk und garantieren eine gewisse Versorgungssicherheit. Diese und viele andere Punkte haben sie mit geschickter Lobbyarbeit tief in die Köpfe der Politiker in Bundesbern eingepflanzt. «Die Bauern verfügen in Bundesbern über die stärkste Lobby», sagt CVP-Ständerat und Präsident der Walliser Tourismuskammer, Beat Rieder diesen Samstagnachmittag am Tourismustalk in Bellwald. Eine Lobbyarbeit, die man im Tourismus vergebens suche, fährt der Bundesparlamentarier im Gespräch mit Moderator Waldemar Schön fort.
Das hat zur Folge, dass viele Leute nichts oder nur wenig über die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus für bestimmte Regionen der Schweiz wissen. Gerade auch im Wallis hängen zahlreiche Branchen am Tropf der Tourismusbranche. So ergab eine Wertschöpfungsstudie im Auftrag des Walliser Wirtschaftsdepartements zu Beginn des Jahrtausends, dass rund 40 Prozent der Umsätze im Personenverkehr touristischer Natur sind. im Bankensektor waren es 37 Prozent, im Detailhandel rund ein Viertel und im Bauhauptgewerbe 20 Prozent. Auch, wenn sich die Anteile seither leicht verschoben haben dürften, ändert dies nichts an der Kernaussage. Der Tourismus ist für die Walliser Wirtschaft «too big to fail».
Um diese Bedeutung des Tourismus für die Schweiz zu verdeutlichen, zieht Rieder einen Vergleich: Die Schweizer Landwirtschaft erziele eine Bruttowertschöpfung von 4,6 Milliarden und erhalte jährlich 3,6 Milliarden an Subventionen. Im Tourismus belaufe sich die jährliche Bruttowertschöpfung auf 19 Milliarden. Die Suventionen würden aber bloss 400 Millionen betragen. Trotz der enormen strukturellen Bedeutung für die regionalen Wirtschaftskreisläufe.
Als Bundesparlamentarier habe er es noch nie erlebt, dass ein Tourismusdachverband während den Sessionen in Bern Lobbyarbeit betrieben hätte. Die Bauernlobby hingegen sei vor Ort dauerpräsent. Rieder betont, dass er die Subventionen für die Landwirtschaft absolut unterstütze. Ihm geht es bei dem Quervergleich nur darum, den aus seiner Sicht gewaltigen Handlungsbedarf beim touristischen Lobbying aufzuzeigen. Er nennt dafür das Beispiel Österreich, wo deutlich höhere Beträge aus der öffentlichen Hand in die Tourismusinfrastruktur fliessen. Rieder stellt sich für die Schweiz einen Milliarden schweren Investitionsfonds mit Geldern aus den Devisenreserven der Nationalbank vor. Aus seiner Sicht ein durchaus realistisches Ziel. Damit solche Projekte aber mit grösserer Wahrscheinlichkeit realisiert werden könnten, brauche es dringend ein koordiniertes Lobbying in Bern.
mas
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