Walliser im Ausland | Seit bald zwei Jahren auf Achse
Patric Lengacher: «Kochen, Fischen und Tauchen bestimmen den Alltag»
Seit bald zwei Jahren erkundet Patric Lengacher aus Siders mit seinem Segelschiff die Gewässer Mittelamerikas und der Karibik. Auf 1815.ch erzählt der 29-Jährige aus seinem Alltag zwischen Tauchen, Kochen, Wartungsarbeiten und Nächten mit wenig Schlaf.
1815.ch: Im Februar 2014 bist du Richtung Florida aufgebrochen, hast dir dort ein Segelschiff gekauft und bist seitdem in den Gewässern Mittelamerikas und der Karibik unterwegs. Was hat dich zu diesem Abenteuer bewogen?
Patric Lengacher: Ich wollte reisen und ich mag das Meer. Mit einem Segelschiff verbindet man beides und so begann ein paar Jahre zuvor dieser Traum. Mit dem Rucksack war ich schon unterwegs und deshalb wollte ich etwas anderes.
Du hast dir keinen konkreten Zeitplan auferlegt. Was schätzt du, wie lange wird deine Reise dauern? Und welches sind die nächsten Häfen, die du anpeilst?
So vieles war neu für mich, da hatte ich schlicht keine Ahnung, wie das Ganze herauskommen wird und konnte deshalb nicht wissen, wie lange es dauern wird. Auch jetzt weiss ich es noch nicht. Solange ich gesund bleibe und es mir finanziell erlauben kann, werde ich wohl weitermachen.
In diesem Jahr ist das Hauptthema Tauchen; Segeln ist eher im Hintergrund, mehr als Unterkunft statt Transportmittel. Belize, Honduras und Guatemala sind die entsprechenden Länder und mittelfristig möchte ich mir die Ostkaribik anschauen.
Dein Unterfangen ist sicher eine kostspielige Angelegenheit. Wie verdienst du Geld oder lebst du von Erspartem?
Bis jetzt lebe ich von Erspartem. In vielen verschiedenen Ländern unterwegs zu sein, macht es schwierig zu arbeiten, zumindest wenn man es legal machen will. Kostspielig ist ein vager Begriff. Natürlich kostet die Reise, aber das Schiff war günstiger als die meisten Neuwagen und die Lebenskosten in Mittelamerika sind tiefer als in der Schweiz.
Wie sieht dein Alltag auf hoher See aus?
Es gibt drei verschiedene Modi:
- In einer Marina zu liegen, bringt am meisten Komfort. Man hat Strom, Wasser, Internet, aber auch Nachbarn und ist meistens nicht im schönsten Gewässer. Hier besteht der Alltag vor allem aus Bootsarbeiten, Wartung und Instandhaltung. Nicht unbedingt die beste Zeit und die meisten machen das während der Hurrikan-Saison. Der Marina-Modus ist klar der teuerste.
- Vor Anker ist es herrlich. Meistens ist das Wasser schön und der Ankerplatz geschützt. Da ist dann Plausch pur angesagt. Gut Kochen, Fischen, Tauchen, Schnorcheln bestimmen den Alltag. Aufstehen und Nachtruhe richten sich nach dem Tageslicht, die einzige Pflicht ist einen täglichen Wetterbericht einzuholen.
- Unterwegs ist dann alles anders. Alles muss verräumt sein oder es fliegt durchs Schiff. Das Wetter ist sehr bestimmend und die Bedingungen ändern sich relativ häufig. Je nach Seegang und Schräglage des Schiffs kann dann mehr oder weniger erledigt werden. Während schwierigeren Bedingungen gibts halt zwei Tage lang nur Sandwich und vorgekochtes Essen, an anderen Tagen kann man auch mal selbstgemachte Hamburger kochen oder den gefangenen Fisch auf dem Grill an der Reling zubereiten. Bei Übernachtfahrten ist der Schlaf wichtig. Wenn ich eine Crew habe, gibt es einen Wachrhythmus von zwei oder drei Stunden. Alleine schlafe ich 20 Minuten am Stück, bevor ich wieder alles kontrolliere und Ausschau halte.
Welche Erwartungen hattest du an deine Reise und haben sich diese erfüllt?
Meine grösste Sorge am Anfang war, ein geeignetes Schiff zu kaufen. Über viel mehr machte ich mir dann noch keine Gedanken. Ein gutes Schiff habe ich gefunden und das hat meine Erwartungen wohl übertroffen. Der Traum vom Einhandsegeln hat sich erfüllt, aber auch da wusste ich nicht genau, was ich zu erwarten hatte. Es hat sich aber als fantastisch herausgestellt und hat alle meine Erwartungen mehr als übertroffen.
Hast du manchmal Heimweh? Was fehlt dir am meisten?
Nicht wirklich. Ich bin mit Kollegen und auch mit meinen Eltern übers Internet in regem Kontakt; mit den Eltern telefoniere ich einmal wöchentlich per Skype und sie kamen mich auch besuchen. Ich plane im nächsten Sommer für ein paar Wochen nach Hause zu fliegen und so geht das ganz gut. Das einzige, was mir wohl fehlt, ist ein feines Raclette.
Sicher hast du in den vergangenen Jahren einiges erlebt. Welche schönen und weniger schönen Erfahrungen bleiben dir dabei besonders in Erinnerung?
Alleine unterwegs zu sein, vorne auf dem Bug zu stehen, während der Wind die Segel füllt, ist unbeschreiblich. Rundherum ist nichts als Wasser und manchmal kommen Delfine vorbei. In der Nacht sieht man das Biolumineszenz-Plankton im Kielwasser leuchten und bewundert einen unglaublichen Sternenhimmel. Wenn man dann noch Meerestier-Besuch erhält, eine Schildkröte oder ein Adlerrochen vorbeischwimmt, kann man das nicht mehr überbieten. Davon kriege ich wohl nie genug. Ebenso das kristallklare Wasser in einsamen Buchten.
Weniger schön ist, wenn man überall auf dem Meer Abfall antrifft. Das macht mich traurig. Ansonsten gibt es nicht viel Negatives. Aus Schwierigkeiten lernt man und das macht einen stärker. Es geht halt schon viel kaputt auf einem Segelschiff, aber die Befriedigung, das meiste selber reparieren zu können, ist auch immer wieder toll.
Wer über Patric Lengachers Abenteuer auf dem Laufenden bleiben will: In seinem Blog beschreibt der Siderser in regelmässigen Abständen die verschiedenen Stationen seiner Reise.
Für unsere Rubrik «Walliser im Ausland» sind wir regelmässig auf der Suche nach Wallisern, die fernab der Heimat leben. Gehören Sie auch dazu oder kennen Sie jemanden? Dann freuen wir uns auf Ihre Nachricht an info@1815.ch.
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