Denkmalpflege | Historisches Walliserhaus aufwändig restauriert
Neues Leben im «Lorihiischi»
Mehrere hundert Jahre ist es alt und – von Wind und Wetter massiv beschädigt – sanierungsbedürftig geworden. Seit zwei Jahren wird das 1456/57 erbaute «Lorihiischi» in Randa aufwändig instand gesetzt. Im Herbst 2015 sollen die sensiblen Arbeiten abgeschlossen sein.
Vor dem nagenden Zahn der Zeit nur unzulänglich geschützt, fristete das seit 1986 leerstehende «Lorihiischi» lange Jahre ein beklagenswertes Dasein. Verfallen und heruntergekommen zeigte sich das 560-jährige Walliser Holzhaus ob der Hauptstrasse eingangs Randa sodann einigen engagierten Dorfbewohnern, die sich zusammen mit dem damaligen Besitzer um den Fortbestand des wichtigen historisch-kulturellen Zeitzeugen sorgten. Daraufhin wurde die Stiftung Wohnmuseum Randa gegründet. Deren Vizepräsident Roger Aschilier, der mit den Baumeisterarbeiten betraut den Löwenanteil der Sanierungsarbeiten durchführte, erinnert sich an einen ersten Augenschein vor Ort: «Das Gebäude war sehr baufällig – mehr Hütte als Haus. Da das mit Steinplatten gedeckte Dach teilweise eingefallen und dessen Balken morsch waren, richtete eindringender Regen in den Räumlichkeiten gravierende Schäden an.»
Vor dem Abrissbagger gerettet
Vom abgenutzten Zustand liessen sich die Stiftungsmitglieder um Roger Aschilier indes kaum abschrecken. Sie stellten sich 2013 der Mammutaufgabe, das «Lorihiischi» mit Unterstützung der Denkmalpflege wieder in seinen Originalzustand zu versetzen, dafür die nötigen finanziellen Mittel aufzutreiben und das einmalige Walliserhaus damit vor dem Abrissbagger – den aufzufahren ebenfalls zur Diskussion stand – zu retten. Dabei habe man sich den fachgerechten Erhalt der wertvollen Bausubstanz zuoberst auf die Fahne geschrieben, so Aschilier. Das Konzept der Stiftung sah vor, das Haus authentisch zu restaurieren. Es sollten weder fremde Baustoffe verwendet noch mit ortsunüblichen Konstruktionen gearbeitet werden. Einzig mit der Installation von Elektrizität hat auch in der Zeitkapsel «Lorihiischi» die Moderne Einzug gehalten.
Sanierungsarbeiten in der Endphase
Vor der eigentlichen Sanierung des Baus, für die zusammen mit dem Liegenschaftserwerb 650'000 Franken budgetiert wurden, habe sich vorab der Schutz des Objekts vor weiter eindringendem Niederschlagswasser aufgedrängt. Dieser konnte mit einer das Dach überspannenden Plane gewährleistet werden. Im Frühling 2013 startete man schliesslich mit den zwei Jahre andauernden Baumeister- und Zimmereiarbeiten, bei denen etwa Mauerwerk oder Holzwände zu Teilen neu erstellt, ausgebessert oder ersetzt werden mussten. Im laufenden Jahr sollen sämtliche Anstrengungen am elf Räume umfassenden «Lorihiischi» mit den finalen Dachdeckerarbeiten beendet werden, ist Aschilier zuversichtlich.
Man müsse schon eine gehörige Portion Optimismus mitbringen, um ein altes Haus unter Denkmalauflagen zu sanieren. Die Arbeiten erfordern Kenntnisse, die bei modernen Gebäuden nicht mehr gefragt sind. «Wenn man ein derartiges Bauprojekt in Angriff nimmt, muss man das Endresultat im Voraus vor Augen haben. Ansonsten ist die Gefahr gross, dass man sich verliert.»
Blockwand aus dem 13. Jahrhundert entdeckt
Für den beherzten, aber behutsamen Umgang mit dem Bau in Randa, der ein Stück Heimatgeschichte erzählt, sollten die Initianten belohnt werden. «Mittels Jahrringdatierung, der sogenannten Dendrochronologie, wurde das Alter der Holzwände ermittelt», erklärt Aschilier. Dabei habe eruiert werden können, dass das Holz der ältesten Wand im Untergeschoss des Gebäudes im Jahr 1268 geschlagen und verarbeitet wurde. «Somit gehört eine Blockwand des ’Lorihiischis’, die sich in Bauart und Verarbeitung auffällig stark von den anderen Wänden unterscheidet, vermutlich zu den ältesten Bauteilen der noch erhaltenen Gebäude in den Vispertälern», zeigt sich Aschilier angetan. Zu welchem Zweck die Wand aus dem 13. Jahrhundert ehemals errichtet wurde, kann nur vermutet werden.
Bewegte Geschichte
Das «Lorihiischi», welches seinen Namen einem ehemaligen Besitzer namens Lorenz Truffer zu verdanken hat, blickt auf eine bewegte Vergangenheit zurück, von der es entscheidend geprägt wurde. Im Detail lasse sich die Historie des Gebäudes jedoch nicht entschlüsseln, so Aschilier. «Es existieren weder Pläne noch Dokumente.» Man wisse aber etwa aufgrund baulicher Besonderheiten, dass im Jahr 1709 ein zusätzliches Stockwerk eingezogen wurde. Der bestehende Giebel sowie der Dachstuhl aus dem 15. Jahrhundert wurden daraufhin wieder aufgesetzt. Diese bauliche Veränderung wurde gemäss gut erhaltener Bindeninschrift von «Joder Schnidrig durch Meister Hans Brantschen» vorgenommen. «Bis 1986 wurde das Haus von einer heute 96-jährigen Frau temporär bewohnt. Davor hatten sich das Bauernhaus vier Frauen aus drei Generationen geteilt», weiss Aschilier aus jüngster Vergangenheit zu berichten. Dem Umstand, dass die Frauen im «Lorihiischi» unter sehr bescheidenen Bedingungen lebten sowie, dass die finanziellen Mittel der Familie keine Renovationen zuliessen, sei es zu verdanken, dass das Gebäude in seinem Originalzustand erhalten blieb.
Ein Wohnmuseum soll Leben und Arbeit zeigen
Heute steht das «Lorihiischi», dank dem Engagement der Stiftung und der Denkmalpflege unter Schutz. Im kommenden Jahr sollen die geschichtsträchtigen Räumlichkeiten als permanentes Wohnmuseum eingerichtet werden, das Interessierten Einblick in das bäuerliche Alltagsleben in einem Bergdorf während dem 17. und 18. Jahrhundert bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts gewähren soll. «Die Ausstellung wird raumbedingt gestaltet. Die Besucher bekommen sowohl die damalige Wohnsituation mit Küche und Trächa, Wohnstube oder Schlafkammer als auch die Arbeitsräume der Selbstversorger mit ’Schnätzstuba’, Vorratskeller und Estrich, jeweils eingerichtet mit den entsprechenden Gerätschaften und Einrichtungsgegenständen, zu sehen», beschreibt Aschilier die zukünftigen Pläne. Dafür fehlen den Initianten allerdings noch 150'000 Franken. Der Betrag soll nun, gleich der Summe von 500'000 Franken, welche für die Sanierungsarbeiten aufgewendet wurden, mittels Spendengeldern zusammengetragen werden.
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Kommentare
Marcel - ↑7↓0
Sehr schoen das diesen Erhalt zu stande gekommen ist. Das Wallis hat sein eigene und originelle Häuserkultur. Viele Holz- und Steinhäuser sind schon verloren gegangen. Jetzt sieht man es auch mit die Gebäude aus erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Natürlich es einfacher gesagt als getan und finanziert. Aber auf langem Dauer wird es sich lohnen. Auch die Touristen kommen nicht fürs Beton (siehe Visper Bahnhofgegend: Schrecklich und dafür reist man keine 1000 km). Das Wallis ist eine einzigarte Naturgegend in Europa. Die alte Häuser und Scheune gehören dazu. Selber kaufe ich immer so viel wie möglich ein bei kleine Geschäfte, so unterstützt man das Dorfleben und das aussehen Viertel und Ortschaften.
Marcel, Holland
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