Zermatt | Einsatz schon bald bei Spaltenrettung?
Mit der Drohne im Herzen der Zermatter Gletscher
Die Rettung von Berggängern, die in eine Gletscherspalte stürzen, ist ein Wettrennen gegen die Zeit. Eine neuartige Drohne mit Käfigschutz könnte den Rettungsspezialisten wertvolle Hilfe leisten.
Vor wenigen Tagen wurde auf YouTube ein eindrückliches Video hochgeschaltet, das eine Drohne zeigt, welche in eine Gletscherspalte auf dem Plateau Rosa im Skigebiet Klein Matterhorn auf 3500 Metern über Meer bei Zermatt hineinfliegt. Vor Kollisionen mit den Eiswänden im Herzen des Gletschers ist sie durch eine Art Käfig geschützt, sodass die Drohne schadlos vom Hindernis abprallt und weiter fliegen kann.
Der Westschweizer Drohnenentwickler Flyability demonstrierte hier den Verantwortlichen der Zermatter Bergrettung, dass ihr neu entwickeltes Gerät auch Einsatzmöglichkeiten bietet, Berggänger, die von einer Gletscherspalte verschluckt worden sind, rasch zu orten und so allenfalls auch schneller zu bergen.
Zermatter Rettungschef sieht Einsatzmöglichkeiten
Anjan Truffer, Chef der Zermatter Bergrettung, sieht im Gerät durchaus Potenzial für Bergretter. «Wir hatten schon verschiedene Fälle von Vermissten, von denen wir nicht wussten, in welche Gletscherspalte sie gefallen sind. Das machte ein mehrmaliges Aufstellen des Dreibeins und ein anschliessendes Abseilen eines Retters in die Spalte notwendig. Der Einsatz der Drohne wäre bei der Suche ungleich effizienter.»
Komme hinzu, «dass sich Rettungsspezialisten beim Abseilen in die Gletscherspalten oftmals auf beiden Seiten mit tonnenschweren Eislamellen konfrontiert sehen und sich so selbst in grösste Lebensgefahr begeben. Mit einer Drohne liesse sich das Gefahrenrisiko besser abschätzen.»
Truffer könnte sich vorstellen, dass je eine dieser Drohnen, sofern sie auch bei Wind und Wetter einwandfrei funktioniert, etwa von der Kantonalen Walliser Rettungsorganisation im Ober- und Unterwallis angeschafft wird. «Bei Bedarf könnte diese von einem Heli abgeholt und zum Einsatzort geflogen werden. Idealerweise natürlich mitsamt dem Piloten, der die Drohne steuern kann.»
«Zehn Prototypen bereits im Einsatz»
Die Drohne mit dem neu entwickelten Kollisionsschutz nennt sich Gimball und wurde vom Start up Flyability in Lausanne entwickelt. Dieses wurde vor einem Jahr gegründet und beschäftigt mittlerweile 20 Leute. «Die Entwicklung der Drohne ist im Prototypenstadium. Aber es sind bereits zehn Gimballs bei Kunden weltweit im Einsatz», sagt Entwicklungsingenieur Raffael Hochreutener von Flyability gegenüber 1815.ch. Er ist für HD-Kamera des Fluggerätes zuständig.
«Ziel ist, im Sommer 2016 die endgültige Version auf den Markt zu bringen.» Der Einsatz in Gletscherspalten ist natürlich nur eine von mehreren Möglichkeit. «Der Hauptmarkt bildet die Käufergruppe, welche die Geräte für industrielle Inspektionen zum Einsatz bringen will. Überall dort, wo es eng ist und eine Begutachtung durch Menschen aufwändig ist, kann die Drohne dank dem Kollisionsschutz schon nach wenigen Minuten Bilder liefern. Das kann etwa bei Rohrinspektionen in Kraftwerken oder bei schwer zugänglichen Metallkonstruktionen unter Brücken der Fall sein.»
Die Drohne kommt als Komplettsystem mit Koffer und Bildschirm für Video für 25'000 Dollar auf den Markt. «Um die Drohne zu bedienen, braucht es keine speziellen Kenntnisse. Wer eine konventionelle Drohne zum Preis von 200 Franken fliegen kann, kann auch unseren Gimball steuern. Wer im Training Fehler macht und etwa gegen eine Wand fliegt, beschädigt das Gerät nicht. Das macht das Fliegen mit Gimball einfacher», so Hochreutener.
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