Wirtschaft | Treuhänder Albert Bass plädiert für eine Schweizer Lösung in der verhältnismässigen Dimension von Deutschland
«Mit 100 Milliarden Franken wären wir auf der richtigen Seite»
Naters | 100 Milliarden Franken soll der Bund für die Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Krise bereitstellen. Das fordert der Natischer Treuhänder Albert Bass.
Albert Bass bleibt zu Hause. Aufgrund seines «biblischen Alters», so Bass, bleibe ihm keine andere Wahl. Auf seine persönliche Gesundheit achtet der Mittsiebziger, aber hinter den Kulissen sucht er nach Lösungen für die Wirtschaft. Für den Natischer Treuhänder ist klar, dass das Coronavirus weite Teile der Wirtschaft lahmlegen wird. Die EU wolle und werde den drohenden wirtschaftlichen Absturz bekämpfen, «was auch immer kommen möge.» In Deutschland versprächen die Minister Scholz und Altmaier, dass kein Unternehmen wegen des Cornavirus untergehen werde. Und sie würden für den Erhalt der Arbeitsplätze kämpfen. Dies sei möglich, weil Deutschland seine Schulden abgebaut habe, sagt Bass: «Die Schulden der Schweiz sind mit 40 Prozent des BIP weit tiefer als jene in Deutschland. Und die Nationalbank verfügt über einen faktischen Staatsfonds von 750 Milliarden Franken. Die beiden ETH-Professoren Jan-Egbert Sturm und Hans Gersbach fordern einen mit 100 Milliarden Franken dotierten Schweiz-Fonds. Sie bewegen sich in der Grössenordnung, von der die deutsche Regierung ausgeht.»
«Es trifft nicht
nur den Tourismus hart»
Bass hat den Eindruck, dass die Oberwalliser begriffen haben, dass sie sich gesundheitlich schützen müssen. «Aber weite Kreise der Bevölkerung haben die wirtschaftliche Dimension leider noch nicht begriffen», betont er. Die Krise mag er nicht mit der Finanz- oder Erdölkrise vergleichen: «Damals konnte ich nach wie vor meinen Espresso im Café trinken und mein Mittagessen im Restaurant geniessen, Literatur oder Schuhe einkaufen. Heute ist das nicht mehr möglich, darin liegt der grosse Unterschied mit den wirtschaftlichen Konsequenzen.» Auch Bass anerkennt, dass es den Tourismus hart trifft. Aber es betreffe auch das Gewerbe im Allgemeinen, alle Handelsgeschäfte und weitgehend auch die Dienstleistungsbetriebe.
Die Hilfsmassnahmen des Bundes gehen für ihn in die richtige Richtung, «aber meines Erachtens zu wenig weit». Die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) und andere führende Ökonomen, die einen Rettungsfonds mit einem Volumen von 100 Milliarden Franken vorgeschlagen haben, sieht Bass auf der richtigen Seite: «Sie haben recht, mit diesen 100 Milliarden bewegen wir uns in der verhältnismässigen Grössenordnung wie Deutschland, das seine Beschlüsse gefasst hat. Damit wären wir auf der richtigen Seite.»
Der Bundesrat liegt (noch) weit darunter. Bass will den Bundesrat nicht kritisieren, aber er «müsse die Erleuchtung bekommen», dass aufgrund der heutigen Dimension die beschlossenen Gelder massgeblich erhöht werden müssen. Man dürfe nicht vergessen, dass die Politik mit einer grosszügigen Lösung den Menschen nebst den gesundheitlichen Sorgen wenigstens die wirtschaftlichen nehmen könne. Bei so viel Geld ist für Bass natürlich klar, dass der richtige Einsatz der Gelder geprüft werden muss: «Solche Gelder dürfen nicht dafür dienen, Altlasten zu bereinigen, sondern um die Krise zu bewältigen.»
Darlehen nur teils rückzahlbar
Das Geld aus dem Rettungsfonds müsse schwergewichtig zur Abdeckung der fixen Kosten der Unternehmungen dienen. «Ein Betrieb besteht in der Grössenordnung zu einem Drittel aus Lohnkosten, ein Drittel sind flexible Kosten und ein Drittel fixe Kosten. Die Lohnkosten können weitgehend über die Kurzarbeitsentschädigung abgegolten werden, die variablen Kosten muss jeder Unternehmer selbst runterfahren und für die fixen Kosten muss der Rettungsfonds dienen», fordert Bass: «Und von einem Unternehmen zu verlangen, dass es Kredite für Einnahmenausfälle zurückzahlt, macht wenig Sinn, selbst wenn es keinen Zins zahlen muss.» Bass schlägt eine pragmatische Lösung vor, auch um Missbräuche zu verhindern: «Die Darlehen müssen nur ganz oder teilweise zurückgezahlt werden, wenn sich auf der Basis der Steuerrechnungen 2018, 2019, 2020 herausstellt, dass der Einbruch kleiner als erwartet war.»
Er fordert eine analytische Überprüfung, was zurückgezahlt werden muss und was nicht zurückgezahlt werden kann. «Man muss wachsam sein, dass die Verschuldungskapazität einer Firma durch diese Massnahmen nicht vergrössert wird und damit nicht die Eigenkapitalquote sinkt. Wenn das zutrifft, wird es reihenweise Konkurse, Entlassungen und Prozesse geben», warnt Bass. Er kann sich gut vorstellen, dass Firmen in der momentanen Situation rückzahlbare Überbrückungskredite beantragen werden: «In der Not frisst der Teufel Fliegen.»
Kanton soll fiskalische
Massnahmen treffen
Klar ist für ihn, dass der Rettungsschirm unverzüglich aufgegleist werden muss, also in den nächsten Tagen. Von der Walliser Regierung erwartet er in fiskalischer Hinsicht Massnahmen zur weiteren Stützung der krisengebeutelten Unternehmungen und ebenfalls unmissverständliche Begehren an den Bund. Die eidgenössischen Parlamentarier müssten ohne Wenn und Aber hinter der Position der wirklich notwendigen wirtschaftlichen Massnahmen stehen: «Und die Gemeinden können nebst den Dienstleistungen für die Bevölkerung auch punktuell die Unternehmen unterstützen.»
Eine Gefahr besteht für Bass weiterhin, dass auch das Bauhaupt- und Baunebengewerbe die Arbeit
einstellen muss. Forderungen, die gestern auch erstmals von den Gewerkschaften im Oberwallis gemacht wurden.
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