Lawine | Ein neueres Phänomen

Gleitschneelawinen sind schwer kontrollierbar

Von Gleitschneelawinen spricht man erst seit sechs, sieben Jahren. Dem Phänomen geht ein warmer Boden im Herbst voraus.
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Von Gleitschneelawinen spricht man erst seit sechs, sieben Jahren. Dem Phänomen geht ein warmer Boden im Herbst voraus.
Foto: Kantonspolizei Wallis

Quelle: SDA 20.02.19 0
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Naturgewalten sind nie komplett kontrollierbar. Das zeigt auch das Lawinenunglück von Crans-Montana VS wieder, bei welchem mindestens ein Person ums Leben kam. Gerade Gleitschneelawinen sind für die Verantwortlichen schwer kontrollierbar - und ein eher neues Phänomen.

Dossier zum Thema

  • Lawine Crans-Montana

Am frühen Dienstagnachmittag war in Crans-Montana VS auf 2500 Metern Höhe eine Lawine auf eine befahrene Skipiste niedergegangen. Mindestens eine Person ist gestorben. Der Lawinenkegel hatte ein gewaltiges Ausmass. Ein Experte des Instituts für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) in Davos ging in einer ersten Einschätzung von einer Gleitschneelawine aus.

«Solche sind eine eher neue Erscheinung», sagte Carlo Danioth, Betriebsleiter Ost der Skiarena Andermatt-Sedrun, am Mittwoch im Gespräch mit Keystone-SDA. Danioth hat über 20 Jahre Erfahrung als Pistenrettungschef. Diese sind in Skigebieten verantwortlich dafür, zu entscheiden, wann ein Skigebiet sicher ist.

«Von Gleitschneelawinen sprechen wir erst seit sechs, sieben Jahren», erzählte Danioth und erklärt, dass dem Phänomen ein warmer Boden im Herbst voraus geht. Wenn es früh auf diesen Boden schneie, werde dieser Schneeschicht nach und nach die Feuchtigkeit entzogen. Darauf setzten sich weitere, unter Umständen schwere Schneeschichten ab, worauf ein Hohlraum entstehe.

«Durch die äussere, wärmere Temperatur, wie sie dieser Tage herrscht, kommen solche Schneeschichten dann schneller ins Rutschen», erklärt Danioth. Albert Hegner, Pisten-Rettungschef von Saas-Fee, erläutert ergänzend, dass solche Gleitschneelawinen schwerer zu kontrollieren und auch zu sprengen seien, als übliche Lawinen.

Verantwortung bei Pistenrettungschefs

Die Pistenrettungschefs tragen die Verantwortung dafür, Wintersportler und Mitarbeitende keiner Gefahr auszusetzen. Für ihren Job sei die Erfahrung sehr wichtig, sagte Hegner. Wichtig sei zudem die ständige Beobachtung der Wetterlagen, der Schneedecke aber auch der langfristigen Entwicklung des Winters, so Danioth.

Den Pistenverantwortlichen stehen dafür unter anderem die Lawinenbulletins des SLF in Davos zur Verfügung. «Wir müssen aber vor allem ins Gebiet rein, die Situation kann je nach Hanglage, Sonnensituation und Wetterlage ganz unterschiedlich sein», erklärt Hegner.

Dafür gehen die Verantwortlichen gegen vier Uhr morgens ins Gebiet, um die Situation zu analysieren - je nach Wetter. Hat es Neuschnee gegeben in der Nacht? Gibt es Schneeverwehungen, die störanfällig sind? «Der Wind ist der Bauer der Lawine», sagte Hegner im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Je nach dem gibt es Lawinensprengungen, mancherorts öffnen Skigebiete daher erst im Verlauf des Vormittags.

Fischmäuler in der Schneedecke

Insbesondere die Beobachtung der Schneedecke sei enorm wichtig, erklärt Danioth. Alarmierend seine sogenannte Fischmäuler, also Risse in der Schneedecke, die immer weiter aufgehen. Diese müssten beobachtet werden, könnten aber auch wieder zugeschneit werden und daher unproblematisch bleiben. In die Schneedecke wird auch immer wieder ein Loch gegraben um zu schauen, wie sich die Schichten entwickeln.

Man versuche zudem, bereits von Winterbeginn an den Schnee oberhalb und rund um die Pisten wegzusprengen oder abzutransportieren, damit diese im Verlauf des Winters nicht zu einer Gefahr werden. Die Gefahr für Lawinen sei schon nach Neuschnee und bei starkem Wind am grössten, sagte Danioth.

Im Frühling steige dann mit den wärmeren Temperaturen die Gefahr von Gleit- oder Nassschneelawinen. In Saas-Fee werden daher beispielsweise im Frühling gewisse Pisten am Plättjen wegen der Gefahr eines Abrutsches von Nassschnee gesperrt. In der Skiarena ist gar seit Donnerstag eine Piste in der Verbindung von Andermatt und Sedrun wegen der Gefahr von Gleitlawinen während der Mittagsstunden gesperrt.

Grosser Druck für Pistenchefs

Auf demjenigen, welcher den Entscheid über die Freigabe eines Skigebiets gibt, lastet eine «riesige Verantwortung», sagte Hegner. Denn wenn ein Teil oder gar das ganze Skigebiet gesperrt wird, reagieren unter Umständen sowohl Touristen als auch Geschäftsleitung verärgert.

Hegner und Danioth können mit diesem Druck umgehen. Es sei aber je länger je schwieriger, Leute zu finden, die diese Verantwortung tragen wollten, sagte Danioth. Schliesslich kann man sich so sehr bemühen - «keine Lawinengefahr herrscht nur, wenn es keinen Schnee gibt», sagt Hegner. Ein Restrisiko gebe es immer, «Naturgewalten kann man nicht steuern». Das Unglück in Crans-Montana zeige wieder einmal, wie wichtig die Arbeit der Pistenrettungschefs sei, sagte Danioth.

Untersuchung im Gange

Die Staatsanwaltschaft leitete eine Untersuchung ein. Grundsätzlich gebe es zwei Möglichkeiten: Entweder hätten Schneesportler oberhalb der gesicherten Skipiste die Lawine ausgelöst, oder diese sei spontan abgegangen.

Ein Experte des Instituts für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) in Davos ging in einer ersten Einschätzung von einer Gleitschneelawine aus. Bei solchen Rutschen gleitet die gesamte Schneedecke auf glattem Untergrund ab.

Der Walliser Schneeforscher Robert Bolognesi glaubt nicht, dass das Risiko unterschätzt wurde. "Diese Lawine löste sich oberhalb der üblichen Höhe von Gleitschneelawinen", sagte er der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Das SLF warnte in ihrem Lawinenbulletin für Dienstag vor Nass- und Gleitschneelawinen im Tagesverlauf aufgrund der tageszeitlichen Erwärmung und der Sonneneinstrahlung. Insgesamt schätzte das Institut das Risiko für Lawinen als mässig ein, der zweiten von fünf Gefahrenstufen.

20. Februar 2019, 14:11
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Infos

Schwere Lawinenunglücke seit dem Jahr 2000

Nachfolgend eine Auflistung der schweren Lawinenunglücke seit dem Jahr 2000 mit mindestens drei Toten. Die Lawine von Crans-Montana vom Dienstag hat bisher ein Todesopfer gefordert.

- 31. März 2018: Im Gebiet Obers Tälli bei Fiesch VS trifft eine Lawine eine fünfköpfige Tourenski-Gruppe aus Spanien. Zwei Männer im Alter von 37 und 48 Jahren, darunter der Bergführer, sowie eine 38-jährige Frau kommen ums Leben.

-16. März 2018: Bei einem Lawinenunglück ausserhalb markierter Pisten im Vallon d'Arbi bei Riddes VS werden ein 57-jähriger Waadtländer sowie drei Franzosen im Alter von 20, 25 und 32 Jahren tödlich verletzt.

-21. Februar 2015: Im Gebiet des Grossen Sankt Bernhard im Wallis geraten fünf italienische Skitourenfahrer in eine Lawine. Obwohl zunächst alle Verschütteten gerettet werden können, sterben vier von ihnen später im Spital.

-31. Januar 2015: An der Ostflanke des Piz Vilan in Graubünden werden acht Mitglieder einer Skitourengruppe des SAC von einer Lawine verschüttet. Fünf der Tourengänger kommen ums Leben.

- 5. Januar 2014: Beim Abstieg von der Pointe de Masserey im Val d'Hérens im Kanton Wallis werden drei Mitglieder einer Gruppe von Tourengängern und ein Bergführer von einer Lawine verschüttet. Alle vier Verschütteten erliegen ihren Verletzungen im Spital.

- 1. April 2011: Bei einem Lawinenniedergang im Val d'Anniviers oberhalb von Ayer VS kommen drei deutsche Tourenfahrer ums Leben.

- 26. März 2011: An der Croix de la Tsousse in der Region des Grossen St. Bernhard VS werden fünf Mitglieder einer elfköpfigen Tourengruppe von einer Lawine getötet. Fünf weitere Personen werden verletzt.

- 19. März 2011: Von vier deutschen Skitourenfahrern, die im Gebiet Gorigrad am Flüelapass von einer Lawine verschüttet werden, können drei nur noch tot geborgen werden.

- 3. Januar 2010: Im bernischen Diemtigtal kommen sieben Personen ums Leben, als auf dem Lawinenkegel einer zuvor abgegangenen Lawine 15 Retter und Helfer von einer zweiten Lawine verschüttet werden.

- Am 14. Juni 2009 sterben zwei Männer und eine Frau am Piz Palü GR in einem Schneebrett.

- Am 11. Februar 2009 kommen drei Seminaristen aus Ecône bei einem Lawinenunglück in Nendaz VS ums Leben.

- Am 12. Juli 2007 kommen fünf Rekruten und ein Wachtmeister der Schweizer Armee in einer Lawine an der Jungfrau BE ums Leben.

- Am 20. Februar 2006 werden drei Variantenskifahrer aus Bayern im Val Acletta in Disentis GR von einer Lawine getötet.

- Am 5. Feb. 2003 kommen bei einem Lawinenabgang in Champex VS vier Wintersportler ums Leben.

- Am 8. Januar 2003 tötet eine Lawine oberhalb der Walliser Gemeinde Bourg-St-Pierre drei französische Wanderer.

- Am 5. März 2002 sterben drei Menschen am Piz Vallatscha im Unterengadin.

- Am 11. Februar 2001 kommen drei Menschen am Pizzo Rotondo im Bedrettotal TI ums Leben. sda

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