Coronakrise | Kulturschaffende schaffen neue Angebote
Kultur kommt nach Hause
Kulturveranstaltungen bleiben bis auf Weiteres verboten. Kulturschaffende haben bereits neue Wege gefunden, ein interessiertes Publikum zu erreichen.
Die Idee, online Lesungen zu halten, stammt von Christoph Heinen. Wer jetzt aber denkt, dass sie als Reaktion auf die Coronakrise geboren wurde, irrt sich. Vielmehr wurde das Projekt von der Realität eingeholt.
Unter dem Titel «Relâche» lancieren Luciana Brusa, Stefanie Ammann und Christoph Heinen ein Kulturangebot auf YouTube. In Zeiten von Corona und dem Verbot von kulturellen Veranstaltungen werden in unregelmässigen Abständen Live-Performances auf der Internetplattform angeboten.
Hier spielt das echte Leben
Stefanie Ammann erklärt, wie es dazu kam: «Christoph Heinen hatte schon vor Monaten die Idee, Lesungen online zu halten. Damit wollte er dem Online-Publikum eigentlich vermitteln, dass Lesungen im Netz zwar möglich, aber niemals so ergreifend sein können wie in der Realität. Die Aussage sollte sein: Besucht unsere Lesungen. Da spielt das echte Leben.»
Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. So war es auch mit diesem Konzept. Als die verschärften Massnahmen wegen des Coronavirus verordnet wurden, war es vorbei mit Lesungen vor Publikum. «Christoph Heinen hat Lucian Brusa und mich kontaktiert und gesagt: «Jetzt müssen wir loslegen und ein Online-Angebot schaffen», sagt Stefanie Ammann.
Kultur gegen Isolation
In Zeiten der Isolierung bringen die Kulturschaffenden die Kultur über Internet zu jederfrau und jedermann nach Hause. «Hoffentlich kommen die Kulturfreundinnen und -freunde nach der Coronakrise dann wieder zu uns an die Lesungen, in die Theater oder Konzertsäle», sagt Stefanie Ammann.
Den Anfang machte Luciana Brusa am Dienstag, 17. März 2020. Sie las Märchen in der YouTube-Live-Übertragung. Stefanie Ammann gab am 24. März 2020 Selbstgeschriebenes preis. Die Reaktionen auf das Angebot seien durchwegs positiv, sagt Stefanie Ammann. Im Live-Chat könne sie die Reaktionen der Zuschauenden lesen, so habe sie zumindest einen virtuellen Kontakt zu ihrem Publikum. Inzwischen zieht die Aktion schon grössere Kreise bei den YouTube-Besucherinnen und -besuchern und den Kulturschaffenden. Das Angebot wird laufend erweitert durch Tanz-Performances und Musikdarbietungen. Musiker Daniel Blatter und Tänzerin Melanie Ammann sind inzwischen auch an Bord.
Sagenerzähler, Tubaspieler bitte melden
«Verschiedene Kulturschaffende haben angeboten bei «Relâche» mitzumachen. Das Programm wird jeweils auf Facebook unter «Relâche» angekündigt. Dienstag und Samstag, um 19.00 Uhr ist live zu sehen, mit was sich die Akteure ans Publikum richten. Die initiativen Kulturschaffenden würden sich freuen, wenn sich weitere Sagenerzähler, Tubaspieler, Dichter oder in anderen Sparten Tätige bei ihnen melden würden. Denn so könne die Reihe laufend weitergeführt werden. Stefanie Ammann betont: «Es müssen keine ausgefeilten Produktionen sein. Hier geht es darum, einfach einmal loszulegen und spontan zu sein.» Die bereits gesendeten Live-Performances zeigen: Das Spontane hat durchaus seinen Reiz.
Der Name der virtuellen Kulturreihe «Relâche» stammt von einem Ballett von Francis Picabia aus dem Jahr 1924 mit Musik von Erik Satie. Der Titel wurde als dadaistischer Scherz verstanden, da das französische Wort «Relâche» auf Plakaten verwendet wird, um anzuzeigen, dass eine Vorstellung abgesagt oder das Theater geschlossen wird. Die Uraufführung wurde dann tatsächlich abgesagt, da Jean Börlin, der Haupttänzer, Choreograf und künstlerischer Leiter des Ballets, erkrankt war.
Nathalie Benelli
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