Grossraubtiere | Vermutlich der erste Schnappschuss des Augstbord-Wolfs
Junger Jäger fotografiert Wolf bei Oberems
Michel Ulmer aus Stuttgart beobachtete am Freitagmorgen eingangs des Turtmanntals einen Wolf bei der Jagd auf eine Gämse. «Ich bekam es ehrlich gesagt mit der Angst zu tun», sagt er.
Dieses Erlebnis wird Michel Ulmer (18) aus Schwäbisch Hall nahe Stuttgart lange in Erinnerung bleiben. Auf seiner Rückreise von einem Aufenthalt in Italien legte der frisch gebackene Abiturient und Jungjäger am Freitag einen Zwischenstopp in der Alphütte seiner Eltern auf der Salweide im Turtmanntal ein.
«Riesiges Tier»
Wegen der Wintersperre der Strasse ins Turtmanntal machte er sich von Oberems aus zu Fuss in Richtung Turmanntal auf. Beim Chalet angekommen, unternimmt er einen Spaziergang Richtung Gruben, um das Wild in der winterlichen Abgeschiedenheit des Walliser Seitentals zu beobachten. Kurz nach 10 Uhr morgens und etwa fünf Kilometer von Oberems entfernt «sehe ich, wie auf der rechten Talseite eine Gämse aus dem Wald springt. Das Tier wirkte sehr unruhig und flüchtete rasch über die Waldlichtung.»
Der junge Mann schnappte sich sein Handy, um das Wildtier zu fotografieren. «In dem Moment sah ich, wie ein riesiges Tier, das mich von der Statur her an einen Schäferhund erinnerte, aus der selben Richtung, aus der auch die Gämse kam, mit grossen Sätzen aus dem Wald rannte. Rasch realisierte ich, dass es sich um einen Wolf handelte.»
«Gebrüll machte wenig Eindruck»
Doch statt der Gämse weiter nachzujagen, drehte der Wolf auf der Lichtung entschlossen zur Turtmänna in Richtung von Michel Ulmer ab. «Ich bekam es ehrlich gesagt mit der Angst zu tun. Ich brüllte in seine Richtung, um auf mich aufmerksam zu machen. Auf den Wolf machte das wenig Eindruck», schildert der junge Mann sein Erlebnis, «das ich so bisher nur in Fernsehbildern gesehen habe.
Erst nach etwa einer Minute zog das Raubtier in Richtung Wald weiter. «Es blieb aber immer wieder stehen und schaute von der gegenüberliegenden Talseite zu mir herüber.» Dann verschwand der Wolf im Wald und nahm vermutlich wieder die Fährte der Gämse auf. «Erst dann fühlte ich mich etwas erleichtert. Insgesamt dauerte die Sichtung zirka zwei Minuten, doch es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Dass der Wolf so entschlossen in meine Richtung rannte, hat mich doch sehr beunruhigt. Ich hätte nie gedacht, dass er wirklich so wahnsinnig grosse Sätze macht.»
Derselbe Wolf wie in Agarn?
Beim beobachteten Wolf handelt es sich vermutlich um den sogenannten Augstbord-Wolf. Dieser konnte in der Region erst vor kurzem wieder genetisch nachgewiesen werden. Im selben Gebiet wird ebenfalls die Präsenz der Wölfin F14 vermutet. Konkrete Nachweise von diesem Winter fehlen jedoch. Die beiden Tiere rissen und verletzten im Sommer 2014 auf verschiedenen Oberwalliser Schafalpen an die 100 Schafe.
In Agarn kam es jüngst zu einer Wolfsbeobachtung in der Nähe von Pferdeunterständen. Eine Frau will dort mitten in der Nacht einen Wolf im Licht einer Strassenlampe erkannt haben. Gut möglich also, dass es sich um das am Freitag von Michel Ulmer bei Oberems gesichtete Raubtier um denselben Wolf gehandelt haben könnte. Die Strecke von Agarn ins Turtmanntal kann ein Wolf locker in wenigen Stunden bewältigen...
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Kommentare
Luchs - ↑16↓4
Dereinst wurden Großraubtiere wie Bär und Wolf von uns Menschen in Mitteleuropa ausgerottet. Das Rad der Zeit hat sich aber seitdem weiter gedreht. Jetzt den Versuch zu unternehmen, diese Tiere in unserer inzwischen mehr als dicht besiedelten Alpenregion wieder anzusiedeln, halte ich für vermessen, weil Konflikte vorprogrammiert sind und auch nicht ausbleiben werden – wie der letzte Sommer im Wallis überdeutlich gezeigt hat. Ganz offensichtlich scheinen sich zumindest einige Wolfsbefürworter in blinden Fanatismus verloren und die Realität aus den Augen verloren zu haben. Das kleine Wallis ist weder mit Yukon noch mit Sibirien vergleichbar, in diesen Regionen findet der Wolf einen natürlichen Lebensraum vor – dort funktioniert das Gleichgewicht der Natur.
Für mich ist es rational nicht nachvollziehbar, wenn Wolfsbefürworter für dessen Wiederansiedelung in der Alpenregion plädieren, dabei aber gleichzeitig billigend in Kauf nehmen, dass dieser in einem einzigen Sommer im Blutrausch einige zig Schafe tötet. Für mich ist das eine wenig durchdachte und falsch verstandene Art von Natur- bzw. Artenschutz. Was für das eine Raubtier, wie etwa den Luchs funktioniert (übrigens auch im Wallis wieder angesiedelt), funktioniert für den Wolf ganz offensichtlich nicht. Und die Jäger ? Sie stehen wohl zwischen den Fronten. Jene Jäger, die ich kenne, handeln sehr verantwortungsbewusst und sind um Hege und Pflege des Bestandes sehr bemüht, keineswegs `tollwütige Abschlachter` - anders als manchen vermeintlichen Experten, denen es offensichtlich an jeglichem Sachverstand mangelt. Und die Schafzüchter ? Sie sind die eigentlich Betroffenen im Wallis, aber deren Situation scheint niemanden zu kümmern …
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Dr Berger - ↑12↓2
Keine Frage, der Wolf passt in eine Naturlandschaft und die Natur will es so, dass Großraubtiere den restlichen Wildtierbestand regulieren. Jedoch darf kein Mensch der Welt leugnen, welchen Schaden diese Raubtiere in einer Kulturlandschaft anrichten können. Es ist falsch, die gesamte Jägerschaft über einen Kamm zu scheren. Es sind bei Gott nicht alle Jäger von Grund auf gegen den Wolf gestimmt. Ein Jäger durchläuft vor seiner Prüfung eine fundierte Ausbildung. Er macht jedoch auch im Gegensatz zu vielen anderen Menschen die Erfahrung,dass nicht alles,was in Lehr-und Naturbüchern geschrieben ist ausnahmslos die Regel ist. Vielmehr lernt er auch, wie dieses Video doch sehr schön beweist, genau diese Ausnahmen kennen. Ein Wolf weis leider nicht, was die Wissenschaft über ihn "herausgefunden" hat und so muss nicht jeder Wolf einem Menschen direkt aus dem Weg gehen, nur weil es so im Lehrbuch steht. Die Reaktion des jungen Mannes im Angesicht dieses Großraubtieres ist vermutlich weder unter- noch übertrieben. Doch wer sagt, was in einer solchen Situation "der einzig richtige Weg" ist? Wie man sich zu verhalten hat? Ich jedenfalls gratuliere dem Jungjäger zu diesem einmaligen Erlebnis!
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Dani - ↑11↓26
vielleicht sollten die Oberwalliser mal schauen, wie gesund die Tierwelt im Yukon übrigens auch Steinböcke und Bissons und anderes Wild (zum jagen) dank des Wolfes wieder ist.... Und dies ist wissenschaftlich bewiesen und nicht auf Propaganda aufgebaut wie im Oberwallis....
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schäfer - ↑22↓10
Soweit sogut.
Jedoch leben die hiesigen Nutztiere nicht in freier Wildbahn und der Yukon ist um einiges weitläufiger als das Rhonetal. Ich finde, dass es diese beiden Punkte zu bedenken gilt!!!
Lukas - ↑12↓46
Es ist schön zu sehen wie sich die Natur selbst im Gleichgewicht hält.Ich hoffe nur das nicht wieder Jäger mit Tollwut dem sinnlosen abschlachten der Tiere nachgehen.
Es zeigt klar auf das die Natur sich selbst regulieren kann.Angst vor einem einzigen Tier hat nur jener der nicht weiss wie man mit einem Wolf umgehen sollte.Das traurige daran ist das dies noch Jäger sind die von sich behaupten etwas vom Wild zu verstehen.
Pro Wolf Live
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ben - ↑3↓6
schweren herzens muss ich feststellen, dass die Menschheit komplett am verblöden ist. Das manche Leute das Gefühl haben unsere Vorfahren hätten den Wolf ausgerottet weil sie nichts besseres zu tun hatten, finde ich lächerlich. Aber dennoch bin auch ich nicht gegen den Wolf. Ich sehe das ganze als Chance um aus Fehlern zu lernen.
Michel - ↑28↓7
Als Jäger im Südwesten Deutschlands begegnet man dem Wolf nun auch nicht ständig im Wald. Wenn jemand von sich selbst behaupten kann, er habe schon so viele Wölfe in freier Wildbahn gesehen, dass er aufgrund seiner beachtenswerten Erfahrung jedes Mal routiniert reagieren kann, so ziehe ich meinen Hut vor dieser Person.