Rebberg der neusten Generation
Jörg Seewer: «Zuerst winkte der Baggerführer ab»
Die Kellerei Leukersonne hat in extrem steilem Gelände bei Niedergampel einen Terrassenrebberg realisiert, in dem sich Rebbewirtschaftung modernster Art widerspiegelt. Diese Woche werden 5000 Rebsetzlinge gepflanzt.
Jörg und Damian Seewer, die Besitzer der Kellerei Leukersonne in Susten, welche mit ihren zehn bis 15 Ganzjahresmitarbeitern neben vielen andern Rebbergen im Wallis in der Region um Niedergampel seit Mitte der 1990er-Jahre an die 25'000 Quadratmeter Reben bewirtschaften, haben in den letzten zwei Monaten mit grossem Aufwand einen konventionellen, 6000 Quadratmeter grossen Rebberg neu terrassiert.
Jörg Seewer, der sich im Familienbetrieb vor allem um die Reben kümmert, zu den Gründen der Neukonzipierung: «Der Rebberg war sehr schwer zugänglich und Maschineneinsatz war nur sehr eingeschränkt möglich. Pro Hektare fielen in diesem steilen Gelände vom Schnitt bis zur Ernte rund 1500 Arbeitsstunden an.» Durch den Geländeumbau soll der Arbeitsaufwand um 25 Prozent gesenkt werden können.
Terrassenbau verlangt grosses Know-How
Das Anlegen von Terrassen in steilem Gelände, die mit bis zu sechs Franken pro Quadratmeter zwei- bis dreimal mehr Kosten verursachen als normale Anlagen, braucht viel Know-How, weshalb Seewer auf die Dienste von Profis setzt. «Wenn wir derartige Anlagen in Auftrag geben, setzen wir immer auf den Spanier Raul del Rio, der schon während 20 Jahre mit seinem 5-Tonnen-Raupenbagger auf diesem Gebiet arbeitet.» Beim Anblick des steilen Hangs habe dieser aber erstmal abgewinkt.
Wichtig beim Terrasenbau seien vor allem der Böschungs- und Neigungswinkel, wo die Rebe gesetzt werde, damit das Wasser jederzeit abfliessen könne, «um nicht plötzliche böse Überraschungen zu erleben». Für den Geländeumbau mussten zusätzlich 500 Kubikmeter gutes Rebland zugeführt werden.
Begrünung begünstigt die Weinqualität
Zusätzlich wird der Rebberg begrünt. Und zwar mit einem speziellem Walliser Rebgutsaat, zusammen mit einem natürlichen Algenhaftungspulver, sodass der Samen auf den Terrassen bei Austrocknung nicht herunterfällt. «Wir legen grossen Wert darauf, dass Neuanlagen, die gut zugänglich sind, teilweise begrünt werden. Damit wird auch für Nützlinge Lebensraum geschaffen. Unser Ziel ist es eben auch, naturnah zu produzieren», begründet Seewer.
Grüne Rebberge bedeuteten zwar Mehraufwand, dafür liessen sich aber auch Kosten für Herbizide einsparen. Zusätzlich wirke sich die Verringerung des Einsatzes von Herbiziden positiv auf die Qualität des Weines aus und die Böden würden ausgeglichener, sagt Seewer.
Gezielte Bewässerung mit Tropfsystem
Der Rebberg in Niedergampel liegt in einem ausgesprochen trockenen Gebiet und kommt um eine regelmässige Bewässerung nicht umhin. Auch hier betritt der innovative Weinproduzent Neuland: «50 Prozent unserer Rebanlagen bewässern wir nicht mehr, sodass die Wurzeln tiefer ins Erdreich eindringen. Aber in diesem Gebiet müssen wir drei- bis viermal bewässern, sonst leidet die Qualität der Rebe und des Weins.»
Der bisherige Kreisregner, der immer auch die Rebe selbst, statt nur das Wurzelwerk bewässerte und so Rebkrankheiten wie Mehltau begünstigte, wird mit dem neuartigen Trofpsystem (Goutte à Goutte) ersetzt. «Der Rebe wird am Boden punktuell Wasser zugeführt. Und die Menge kann genau berechnet werden. Mit diesem System brauchen wir rund ein Drittel weniger Wasser», erklärt Seewer. Was auch bei Anlagen mit Bruchsteinmauern viel weniger Schäden verursache.
Gamaret gewinnt an Bedeutung
In dieser Woche nun werden 5000 Rebsetzlinge der Sorte Gamaret gepflanzt, die im Wallis bereits eine Fläche von rund 90 Hektaren beansprucht. «Gamaret gewinnt immer mehr an Bedeutung in der Schweiz. Die Kreuzung zwischen Gamay x Reichensteiner B13 hat eine feine, gute Struktur, ist tanninreich, von intensiver Farbe und eignet sich gut für Assemblagen», sagt Damian Seewer, der in der Kellerei Leukersonne für die Vinifikation zuständig ist. Er will die Trauben nach ersten positiven Versuchen auch als sortenreinen Wein ausbauen.
Der Gamaret soll in den kommenden Jahren auf eine 80 Zentimeter hohe Drahtanlage gezogen werden. Wenn die Jungpflanze optimale Bedingungen habe, rechnet Seewer im dritten Jahr mit einem Ertrag von 30 und im vierten Jahr bei einem solchen von 70 Prozent. «Aber erfahrungsgemäss verschiebt sich die Ernte bei Terrassen um ein Jahr, weil die Begrünung ein Konkurrent der Jungpflanze ist», blickt Seewer in die Zukunft.
«Topqualität lässt sich gut verkaufen»
Die Kellerei Leukersonne produziert laut Seewer 400'000 bis 500’000 Flaschen Wein in 29 verschieden Sorten und steht wie die gesamte Walliser Weinbranche in hartem Konkurrenzkampf mit zum Teil billigen ausländischen Weinen. «Natürlich spüren auch wir die Konkurrenz, deshalb muss man mehr leisten, um gleiche Mengen zu verkaufen und vor allem das Marketing erlangt immer mehr Bedeutung.»
Schweizweit würden rund 70 Prozent Ausländerweine getrunken, deshalb auch hätten grosse Weinhandelshäuser riesige Mengen ältere Weine im Lager, analysiert Seewer die Walliser Weinbranche. Und kritisiert jene Schweizer Gastronomen, «die keinen einzigen Schweizer Wein im eigenen Land auf der Weinkarte haben. Dies kann ich absolut nicht verstehen.»
Die Kellerei Leukersonne habe zwar in den letzten Jahren die eigenen Weine in der Schweiz sehr gut verkauft, «aber es wurde ganz klar härter. Wenn das Produkt eine Topqualität hat und der Preis stimmt, so kann man heute immer noch gut verkaufen», weiss der erfolgreiche Weinproduzent aus Susten.
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