Walliser im Ausland | Janika Pollinger im Austauschjahr in den USA
«Meine Mitschüler kommen in Jogginghose zur Schule»
Die 17-jährige Janika Pollinger aus St. Niklaus absolviert derzeit ein «Senior High School Year» in den USA. Auf 1815.ch berichtet sie über die Kleidergewohnheiten ihrer Mitschüler und erzählt, weshalb es schwierig ist, Freundschaften zu knüpfen.
1815.ch: Seit wann bist du in den USA und wie lange wirst du bleiben?
Janika Pollinger: «Am 11. August 2016 bin ich mit meiner Austauschorganisation AFS nach New York geflogen. Nun bin ich schon seit zirka fünf Monaten in den USA und habe somit die Hälfte meines Aufenthaltes durch.
Voraussichtlich werde ich am 28. Juni wieder in die Schweiz fliegen.»
In welcher Stadt lebst du?
«Ich wohne in Devon. Devon ist eine kleine Gemeinde vor Philadelphia. Somit kann ich immer schnell mit dem Zug nach ‚Philly’ reisen.»
Wie sieht dein Alltag aus?
«Mein Tag beginnt um 05:30 Uhr. Um 06:30 Uhr muss ich das Haus verlassen, um den Schulbus zu nehmen. Die Schule beginnt hier bereits um 07:20 Uhr, jedoch habe ich in der ersten Schulstunde keinen Unterricht. Diese Zeit nutze ich, um Hausaufgaben zu machen oder mit Kolleginnen zu reden. Nach meiner Freistunde habe ich sieben weitere Fächer. Um 14:20 Uhr ist meine letzte Schulstunde vorbei und ich muss mit dem Schulbus nach Hause fahren. Zu Hause mache dann meistens meine Hausaufgaben und lerne für die Schule. Manchmal gehe ich spazieren oder treffe mich mit Kollegen.»
Was machst du in deiner Freizeit?
«In meiner Freizeit unternehme ich unterschiedliche Dinge. Eins bis zwei Mal pro Woche gehe ich reiten. Da ich meine eigenen zwei Pferde in der Schweiz sehr vermisse, freue ich mich jedes Mal darauf. An den Wochenenden verabrede ich mich mit Kollegen. Wir gehen dann in eine ‚Shopping Mall’ oder treffen uns bei jemandem zu Hause. Manchmal unternehme ich auch etwas mit meiner Gastfamilie. Wir machen sehr schöne Ausflüge; besuchen Städte oder nehmen an typischen amerikanischen Veranstaltungen teil.»
Wieso hast du dich für deinen Austausch gerade für die USA entschieden?
«Schon als ich klein war, habe ich immer davon geträumt, ein Auslandsjahr in Australien zu machen und Englisch zu lernen. Da ein Schuljahr in Australien bereits im Januar beginnt, konnte ich leider nicht dorthin reisen, weil das mit meiner Lehre nicht geklappt hätte. Ich wollte aber trotzdem unbedingt ein Auslandsjahr machen, deshalb war Amerika meine zweite Wahl.»
Wem bist du dort zuerst begegnet?
«Zuerst bin ich vielen Freiwilligen von AFS begegnet. Bei unserer Ankunft in New York haben uns diese in Empfang genommen. Sie haben uns dann auf einen Bus geschickt, mit dem es weiter nach Delaware ging. Dort hatten wir ein zweitägiges Orientation-Camp von AFS. Am zweiten Tag war es dann endlich so weit und meine Gastfamilie hat mich in Delaware abgeholt.»
Wie wohnst du?
«Ich wohne in einem grossen Haus mit meiner Gastfamilie zusammen. Meine Gastfamilie besteht aus einem Vater, einer Mutter und zwei jüngeren Gastschwestern (16 und 12 Jahre alt). Eigentlich hätte ich noch einen älteren Bruder. Er besucht aber ein College in Kansas und somit habe ich ihn nur einige Male getroffen.»
Was erhoffst du dir von deinem Aufenthalt?
«Von meinem Aufenthalt wünsche ich mir, dass ich zum einen unvergessliche Erfahrungen machen und den ‚American Life-Style’ kennenlernen kann. Zum anderem, dass ich wundervolle neue Kontakte knüpfen kann. Und natürlich auch, mein Englisch zu verbessern.»
Haben sich diese Erwartungen bis jetzt erfüllt?
«Meine Erwartungen haben sich zum Teil bereits erfüllt. Ich habe schon viel vom Staat Pennsylvania gesehen und war sogar schon drei Mal in New York, aber trotzdem hoffe ich, noch mehr von den USA zu sehen. Ich habe viele neue Kontakte geknüpft, aber trotzdem ist es ein wenig schwierig für mich, meine Kollegen Freunde zu nennen. Ich kann die Amerikaner noch nicht so gut einschätzen und ich kann meine Kollegschaften noch nicht zu echten, ‚tiefen’ Freundschaften zählen.»
US-Amerikaner gelten allgemein als sehr freundlich aber oberflächlich. Welche Erfahrungen hast du gemacht?
«Ich finde schon, dass die Amerikaner ein wenig oberflächlich sind. Sie sind immer übertrieben nett, aber ganz so nett meinen sie es dann doch wieder nicht. Ich habe auch gelernt, dass die Leute hier aus Gewohnheit sagen, dass man etwas zusammen unternehmen sollte. Aber eigentlich möchten sie das gar nicht.»
Wie ist das Wetter momentan?
«Momentan ist es hier ein wenig kalt. Es hat ungefähr 10 Grad Celsius. Die Sonne habe ich wahrscheinlich das letzte Mal vor zwei Wochen gesehen und es regnet auch ständig.»
Was unterscheidet die US-Amerikaner von den Wallisern?
«Es ist mir stark aufgefallen, dass Amerikaner nie pünktlich sind. Für sie scheint es in Ordnung zu sein, wenn man eine Stunde zu spät zu einer Verabredung kommt. Ebenfalls aufgefallen ist mir, dass alle ruhig bleiben und keiner zu schwatzen beginnt, wenn der Lehrer das Klassenzimmer verlässt. Die Amerikaner kommen auch gerne in der Jogginghose oder im Pyjama zur Schule.»
Welches Bild der Schweiz hat man in den USA?
«Zuerst einmal wissen die Amerikaner nicht wirklich, dass die Schweiz und Schweden zwei total unterschiedliche Länder sind. Sehr viele denken auch, dass es in der Schweiz zwölf Monate im Jahr kalt ist und es keinen Sommer gibt und die Schweizer nur Schokolade essen.»
Hast du manchmal Heimweh?
«Klar habe ich manchmal Heimweh. Vor allem wenn ich nichts zu tun habe. Ich denke jeden Tag an meine Familie und an meine Freunde und frage mich, wie es ihnen geht und was sie wohl gerade machen.»
Was vermisst du am meisten aus der Schweiz?
«Am meisten vermisse ich meine Familie, meine Freunde und auch meine Pferde. Es fehlt mir, mit Menschen zu sprechen, die mich genau kennen und wissen wie ich ticke.»
Hast du dich verändert, seit du in den USA lebst?
«Ich glaube, dass ich viel gelassener geworden bin. Ich habe gelernt, dass ich warten und geduldig sein muss. Bei Problemen rege ich mich nicht mehr direkt auf und wenn etwas schief geht oder etwas Peinliches passiert, kann ich darüber lachen und muss mir nicht mehr den Kopf darüber zerbrechen.»
Hast du einen Insider-Tipp für USA-Reisende?
«Für mich sind New York und der Broadway ein grosses Highlight. Wenn man in New York ist, muss man ein Broadway-Musical gesehen haben. Früher habe ich mich nie für Musicals und Theater interessiert, aber seitdem ich mein erstes gesehen habe, habe ich meine Sichtweise total geändert. Inzwischen finde ich Musicals total interessant und liebe es, neue zu entdecken.
Ausserdem sollte man, wenn man in Philadelphia ist, das traditionelles ‚Cheese Steak’ essen. In Europa habe ich so etwas noch nie gegessen und es ist auf jeden Fall wert, es zu probieren, auch wenn es nicht so toll schmeckt.»
Für unsere Rubrik «Walliser im Ausland» sind wir regelmässig auf der Suche nach Wallisern, die fernab der Heimat leben. Gehören Sie auch dazu oder kennen Sie jemanden? Dann freuen wir uns auf Ihre Nachricht an info@1815.ch.
AFS ist die grösste und älteste Non-Profit-Organisation für interkulturellen Austausch in der Schweiz. Weltweit kooperiert das Programm mit über 50 Partnerländern und blickt auf ein über 60-jähriges Bestehen und stetiges Weiterentwickeln zurück. Im Jahr 2008 ist AFS als erste Austausch-Organisation in der Schweiz mit dem SQS-Intermundo-Qualitätszertifikat ausgezeichnet worden. Mit Sitz in Zürich ist AFS Schweiz in der ganzen Deutschschweiz, der Romandie und auch im Tessin tätig. Ist dein Interesse geweckt? Dann gibt es hier weitere Infos.
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