FIFA | Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold bestreit Vorwurf der Vorteilnahme
«Habe meine Reisen selbst bezahlt»
Rinaldo Arnold, Oberstaatsanwalt der Region Oberwallis, lässt sich vom FIFA-Präsidenten Gianni Infantino grosszügig beschenken. Im Gegenzug macht er für seinen Kumpel guten Wind bei der Bundesanwaltschaft. Und hofft dabei insgeheim auf einen Transfer von der Walliser Justiz in den Weltfussballverband.
Mit dem Führungswechsel vom Visper Sepp Blatter zum Briger Gianni Infantino blieb der mächtige Weltfussballverband FIFA zwar fest in Oberwalliser Hand. Kommt aber nicht aus den Negativschlagzeilen heraus. Im Gegenteil.
Das Journalistennetzwerk European Investigative Collaborations EIC hat sich seit 2015 durch 70 Millionen Dokumente gearbeitet. Teile davon wurden nun publiziert, unter anderem im Magazin des «Tages-Anzeiger» sowie im Nachrichtenmagazin «Spiegel». Demnach soll Infantino versucht haben, den neu ausgearbeiteten Ethik-Kodex bereits wieder abzuschwächen. Der Briger habe zudem gewusst, dass der französische Klub Paris Saint-Germain die Regeln des Financial Fairplays umgangen habe.
Ohne auf die Vorwürfe einzugehen, kritisiert die FIFA die Berichte scharf und spricht von «falschen Gerüchten und Anspielungen».
«Ciao Capo», «Hallo, Boss»
Infantino ist derweil nicht der einzige Oberwalliser, der in den Berichten genannt wird. Auch Rinaldo Arnold, Präsident des FC Brig, spielt demnach eine Rolle. Wie aus dem im «Tages-Anzeiger» und «Spiegel» publizierten Mailverkehr zwischen den beiden hervorgeht, hat Infantino seinen langjährigen Freund Arnold mit grosszügigen Geschenken bedacht. Etwa mit Tickets für das UEFA-Champions-League-Finale 2016 im Mailänder San-Siro-Stadion. Oder für Spiele an der diesjährigen Fussball-WM in Russland, wo Arnold im exklusiven VIP-Bereich zugegen war. Oder mit einer Einladung im Mai 2016 an den mehrtägigen FIFA-Kongress in Mexiko-Stadt, den ersten unter dem neuen FIFA-Chef.
«Ich möchte mich einmal noch bedanken für die Einladung nach Mexico. Es war interessant und spannend», schrieb daraufhin Arnold an Infantino. Dies über den offiziellen E-Mail-Account der Walliser Staatsanwaltschaft. Denn hier arbeitet nämlich Rinaldo Arnold. Als Oberstaatsanwalt der Region Oberwallis, gewählt vom Walliser Kantonsparlament. Eine Konstellation mit politischer Brisanz. Zumal die Freundschaft der beiden Oberwalliser auf Gegenseitigkeit beruht. Arnold zeigt sich gegenüber Infantino nicht nur mit vertrauten Mails – «Ciao Capo», «Hallo, Boss» – erkenntlich. Sondern auch mit juristischen Beratungen.
Oberwalliser Connection
Als die Bundesanwaltschaft im Frühjahr 2016 ein Verfahren gegen unbekannt eröffnet und die UEFA-Zentrale in Nyon durchsucht, weil verdächtige TV-Verträge der UEFA mit Infantinos Unterschrift publik wurden, eilt der Oberstaatsanwalt seinem Freund zur Hilfe. Arnold an Infantino: «Wenn Du willst, kann ich mal versuchen zu erreichen, ob die Bundesanwaltschaft eine Medienmitteilung machen würde, die sagt, dass gegen Dich kein Verfahren am Laufen ist.» Arnold kennt den Informationschef des Bundesanwalts: André Marty, ein weiterer Name aus dem Oberwallis in dieser Geschichte.
Die Oberwalliser Connection spielt bereits wenige Wochen zuvor. Im März 2016 – und somit kurz nach Infantinos Wahl zum neuen Präsidenten – arrangiert Arnold via Marty ein Treffen mit Bundesanwalt Michael Lauber. Lauber kommt mit Marty, Infantino wird von Arnold begleitet. Drei Oberwalliser und der höchste Strafverfolger des Bundes sitzen gemeinsam im Berner Luxushotel Schweizerhof. In dieser Zeit sind rund zwei Dutzend Verfahren rund um die FIFA im Gang. «Das einstündige Treffen», wird die Bundesanwaltschaft im «Tages-Anzeiger» zitiert, «diente der allgemeinen Einordnung des Untersuchungskomplexes».
Arnold dürfte sich gefreut haben, bei so einem Treffen so nahe bei Freund Infantino zu sein. Als die «Rhonezeitung RZ» im August 2016 Arnolds Wechselgelüste zur FIFA thematisiert, gab sich der Oberstaatsanwalt bedeckt. Anders tönt es in einer Mail drei Monate zuvor. Arnold an Infantino: «P.s: Sollte Deine neue Generalsekretärin noch einen Stellvertreter brauchen, empfehle ich mich herzlich...»
SPO kündigt Vorstösse an
Die Kombination «Fussball und Jus» interessiere ihn zwar, sagt Rinaldo Arnold heute. Er sei aber nicht aktiv auf der Suche nach einer Stelle bei der FIFA. Auch den Vorwurf einer allfälligen Vorteilnahme durch sein Amt als Oberstaatsanwalt, wie ihn Strafrechtsprofessor Mark Pieth im «Tages-Anzeiger» in den Raum stellt, bestreitet er. Der Kontakt zum FIFA-Präsidenten sei rein privat. Für die Unkosten der Ausflüge nach Russland und Mexiko, für Flüge, Kost und Logis, sei er selbst aufgekommen. «Ich habe meine Reisen selbst bezahlt», sagt Arnold auf Anfrage des «Walliser Boten». Die Tickets hingegen für die Spiele in Mailand und in Russland seien ihm offeriert worden. Von Gianni Infantino an Rinaldo Arnold, nicht vom FIFA-Präsidenten an den Oberstaatsanwalt, so Arnolds Lesart. Er selbst sei erstaunt über die «Polemik», die da jetzt losgetreten werde.
Ob das sein Arbeitsgeber gleich sieht? Man werde sich demnächst mit dem Thema befassen, sagt Nicolas Dubuis, Walliser Generalstaatsanwalt. Das Reglement der Staatsanwaltschaft des Kantons spricht eine klare Sprache, die auch für den Laien verständlich ist. «Die Staatsanwälte unterlassen alles, war ihre Unabhängigkeit und Vertrauenswürdigkeit in Frage stellen kann.»
Die CVPO verteidigt «ihren» Staatsanwalt. Aus Sicht von CVPO-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy stehen die Reisen nicht in Zusammenhang mit Arnolds Amt. Zudem liege die Leitung der Verfahren rund um die FIFA bei der Bundesanwaltschaft und er gehe davon aus, so Bregy weiter, dass diese die Regeln einhalte. Die Oberaufsicht liege denn auch nicht beim Kantonsparlament. Die SPO ihrerseits kündigt entsprechende Vorstösse zur Klärung von Arnolds Rolle an. SPO-Präsident Gilbert Truffer erwägt sogar eine Rücktrittsforderung, «sollten sich die Vorwürfe erhärten». Auch SVPO-Fraktionschef Michael Graber sieht Arnolds Rolle kritisch: «Als gewählter Magistrat, der unabhänigig sein muss, ist das natürlich problematisch.»
David Biner
Artikel
Kommentare
Hans Schliecker, Ried-Brig - ↑88↓26
Ein Kompliment dem WB, diese Spiegel Veröffentlichung auch im Oberwallis zu veröffentlichen, braucht Mut gegenüber der Oberwalliser Staatsanwaltschaft und dennoch gegen den Leiter. Wie vermutet wird, kommen jetzt Ausreden und Rechtfertigungen. Beobachten wir einfach weltweit diese Kategorie der Verantwortlichen, sie bewegen sich meiner Einschätzung nach im gleichen Boot des Korruptionsbewegungen. Es war immer so und wird so bleiben, dank der Presse kommt aber ein Bruchteil an die Öffentlichkeit, danke
antworten