Berufsmesse | WB-Themenbeilage «Projekt Zukunft»
«Grundlage bildet die Auseinandersetzung mit sich selbst»
Die Berufswahl und die persönliche Laufbahn unterliegen einem stetigen Wandel. «Es ist deshalb wichtig, dass man immer wieder die Auseinandersetzung mit sich selbst sucht», erklärt Edgar Zurbriggen (42), neuer Direktor der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung Oberwallis in der aktuellen WB-Themenbeilage «Projekt Zukunft». Ein Gespräch.
Herr Zurbriggen, seit Anfang Januar sind Sie Direktor beim Amt für Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung Oberwallis. Wie sind Sie in Ihre neue Tätigkeit gestartet?
«Gestartet bin ich sehr gut. Wenn man ein neues Amt übernimmt, kommen natürlich auch immer neue Aufgaben hinzu, in die man sich zuerst einarbeiten muss. Da ich aber seit bald zehn Jahren in diesem Bereich und zuletzt auch als Stellvertreter des Direktors tätig war, musste ich glücklicherweise nicht bei null anfangen. Zudem habe ich ein sehr gutes Team im Rücken, was extrem wichtig ist. Die neue Stelle ist auf jeden Fall eine Herausforderung, die ich persönlich sehr spannend finde.»
Welche Ausbildung haben Sie persönlich absolviert?
«Meine Berufslaufbahn habe ich ursprünglich mit einer technischen Lehre begonnen. Mit dem Vorläufer der Berufsmatura wollte ich anfangs noch in Richtung Ingenieurwesen weitermachen. Es hat sich dann aber anders ergeben, als zu Beginn gedacht. Über Sozial- und Jugendarbeit bin ich schliesslich in die Berufsberatung gewechselt.»
Hand aufs Herz: Würden Sie den gleichen Weg nochmals einschlagen?
«Bei mir war es nicht ein Weg, der im Alter von 20 Jahren bereits feststand. Es war nicht klar, dass ich einmal Berufsberater werden möchte. Wenn ich zurückblicke, muss ich sagen, dass die Entwicklung sehr spannend war. Durch die Möglichkeiten, die ich hatte, konnte ich auf meinem Weg verschiedene Sachen sehen. Und auch bei meinem heutigen Job sind diese Erfahrungen gerade bei Beratungsgesprächen sicher ein Vorteil. Ich bin froh, dass ich einen Job gefunden habe, der mich sehr zufrieden macht und bei dem ich auch viel Spass habe. Und das suchen wir ja schliesslich alle (lacht)!»
Wie viele Leute lassen sich bei Ihrer Amtsstelle jährlich beraten? Um was für Personen handelt es sich dabei? Hauptsächlich junge Menschen?
«Im vergangenen Jahr haben wir insgesamt etwas über 1600 Personen aus allen Altersgruppen beraten. Da die Beratungen häufig einen Prozess mit mehreren Gesprächen darstellen, kommen die meisten Personen mehr als einmal vorbei. Rund 60 Prozent der Beratung finden mit SchülerInnen im Bereich der ersten Ausbildungs- und Berufswahl statt. Ein stetiges Wachstum ist bei den Erwachsenen feststellbar. Fast 40 Prozent aller Personen, die sich bei uns melden, sind über 20 Jahre. Davon sind 20 Prozent 40 Jahre und älter. Das zeigt, dass das Nachdenken über die individuellen Möglichkeiten und die Gegebenheiten auf dem Arbeitsmarkt eine wichtigere Rolle spielen, als dies noch vor Jahren der Fall war. In der Wirtschaft wird mehr Flexibilität und Mobilität erwartet, die Technologisierung verändert die Arbeitswelt und neue Bereiche und Herausforderungen entstehen.»
Gibt es bei der Berufswahl überhaupt eine Art Liebe auf den ersten Blick? Erleben Sie in der täglichen Arbeit auch hin und wieder Personen, die Ihre Beratungsstelle mit einem Aha-Effekt verlassen?
«Es gibt Menschen, die bereits im Kindergarten wissen, was sie werden wollen, und das durchziehen und auch nach zwanzig Jahren Berufserfahrung immer noch überzeugt sind, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Aber das ist sicher nicht die Norm. Bei den meisten anderen ist es ein längerer Prozess. Viele, die bei uns aus einer Beratung kommen, erleben einen Effekt. Dies weil sie sich mit sich selbst auseinandersetzen, sich hinterfragen und vorhandene Möglichkeiten abwägen. Es ist aber oft nicht so, dass man am Ende eines ersten Gesprächs schon eine klare Berufswahl vor Augen hat. Die Entscheidung liegt bei der Person. Wir versuchen, den Weg zu begleiten, und helfen, auf diesen Effekt zu kommen!»
Was raten Sie jungen Menschen bei der Jobwahl? Gibt es ein Erfolgsrezept für eine zielgerichtete Suche?
«Ein wichtiges Rezept ist die Auseinandersetzung mit sich selbst und mit verschiedenen Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten. Und das auch praktisch, etwa in Form von Schnuppertagen oder einem Besuch einer Berufsmesse wie der «Your Challenge». Jugendliche erhalten häufig von den Eltern, die wichtige Bezugspersonen bei der Berufswahl sind, oder auch Bekannten Informationen zu möglichen Berufsfeldern. Zentral ist aber immer noch, sich zu hinterfragen und den Blick auch nach links und rechts zu richten. Gibt es einen Plan B für mich? Es kann zudem helfen, ein wenig Druck wegzunehmen. Schliesslich ist die Berufswahl nicht ein Lebensentscheid, der für die nächsten 30 bis 40 Jahre passen muss. Auch die Gewissheit, dass man später darauf aufbauen kann, sollte nicht vergessen werden. Unser durchlässiges Bildungssystem ist dabei ein grosser Vorteil.»
Das komplette Interview mit Edgar Zurbriggen und weitere interessante Artikel zum Thema finden Sie in der aktuellen WB-Themenbeilage «Projekt Zukunft». Im Zentrum der Beilage stehen die Berufsmesse «Your Challenge» in Martinach sowie die Nachwuchssuche im Tourismusbereich. Ein PDF mit allen Artikeln der Beilage gibt es hier.
pmo
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