Naturgefahren | Update: Evakuierte Personen kehren in ihre Häuser zurück
Gefahr am Triftgletscher gebannt
Am Triftgletscher oberhalb von Saas-Grund ist am frühen Sonntagmorgen der grösste Teil der instabilen Gletscherzunge abgebrochen. Schäden gab es dabei nicht. 222 Personen mussten vorübergehend ihre Häuser verlassen.
Am frühen Sonntagmorgen ist ein grösseres Stück der instabilen Gletscherzunge des Triftgletschers abgebrochen. Gemäss Simon Bumann, Informationsdienst des Regionalen Führungsstabs Saas handelte es sich beim Abbruchmaterial um rund 300'000 bis 400'000 Kubikmeter. Dieses kam auf dem darunterliegenden Gletscher zum Stillstand, ohne die tiefer gelegenen Gebiete in der Gefahrenzone zu erreichen.
«Das schlimmste Szenario, dass die abgebrochenen Eismassen bis in die Gefahrenzone gelangen, ist glücklicherweise ausgeblieben», informiert Bumann weiter. «Die Gebäude, welche vorsorglich evakuiert wurden, sind nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Wir sind froh, dass der Abbruch geordnet erfolgte, sodass keine Menschen und kein Eigentum zu Schaden gekommen sind.»
Bergbahn weiterhin geschlossen
Der verbliebene Teil des instabilen Gletschers mache weniger als einen Drittel aus und werde weiterhin überwacht. Die Lage werde laufend neu beurteilt. Wie Norbert Carlen von der kantonalen Dienststelle für Wald, Flussbau und Landschaft (DWFL) gegenüber 1815.ch sagt, sind kleinere Abbrüche weiterhin möglich. Man sei jedoch zuversichtlich, so Bumann, dass das abrutschende Material nicht bis ins Dorf gelange. «Die Fliessgeschwindigkeit des Teilstücks wird weiter überwacht. Bleibt diese hoch, wird es zu einem weiteren Abbruch kommen. Diese etwa 100‘000 bis 150‘000 Kubikmeter werden vermutlich auch auf der Gletscherzunge liegen bleiben und nicht bewohntes Gebiet erreichen.»
Die Gebietssperre unterhalb des Triftgletschers wird indes weiterhin aufrechterhalten. Ebenso bleiben die Hohsaas Bergbahnen und das Wandergebiet geschlossen, bis vollständige Entwarnung erteilt werden kann. Im Wandergebiet sind namentlich die Normalroute zum und vom Weissmies sowie der Höhenwanderweg Kreuzboden-Almagelleralp gesperrt. Die rund 220 Personen, welche am Samstag evakuiert wurden, konnten am Sonntag wieder zurück in ihre Häuser. Die Kantonsstrasse wurde ebenfalls wieder für den Verkehr freigegeben.
Gemeinde erleichtert
Am Sonntagmorgen unternahmen die Mitglieder des Krisenstabs einen Rekognoszierungsflug ins Gebiet. «Es ist sehr beruhigend zu sehen, dass sich die Situation nach dem Abbruch entschäft hat», so Gemeindepräsident Bruno Ruppen nach dem Flug über das Gebiet rund um den Triftgletscher. Die Bevölkerung von Saas-Grund lebe seit 2014 mit der Gefahr, die von dem in Bewegung geratenen Triftgletscher ausgehe. «Immer wieder wurden kleinere Abrüche von 10'000 bis 30'000 Kubik registiert, durch die, weil das Abbruchmaterial jeweils auf dem Gletscherauslauf zum Stillstand kam, keine Gefahr für die Bevölkerung ausging.»
Ruppen zeigt sich über den nun erfolgten Gletscherabbruch, der für das Dorf glimpflich ausgegangen ist, erleichtert. «Auch im Hinblick auf die anstehende Wintersaison und den gesicherten Betrieb der Bergbahnen sind wir froh, dass das Material nun abgebrochen ist.» Sowohl Einheimische als auch Touristen hätten die am Samstag eingeleiteten Massnahmen im Dorf gut mitgetragen. Ruppen geht davon aus, dass sich die Situation bis am Montag vollständig normalisiert hat.
Fliessgeschwindigkeit hat rasch zugenommen
Seit Anfang Woche wurden vermehrt Bewegungen an der unteren Gletscherzunge des Triftgletschers festgestellt. Wegen der jüngsten Entwicklungen wurde ab Donnerstagabend eine Radarüberwachung installiert, welche die Bewegungen des Gletschers minutiös aufzeichnete. Die Fliessgeschwindigkeit der instabilen Gletscherzunge nahm seit Samstagmorgen laufend zu. Betrug diese am Samstagmorgen noch 120 bis 130 Zentimeter pro Tag, beschleunigte sie sich bis am Samstagnachmittag auf über 2 Meter. «Eine schnelle Entwicklung, die zu einer angespannten Situation führte und klare Indizien dafür waren, dass ein Gletscherabbruch unmittelbar bevorstand», erklärt Bumann.
In der Nacht auf Sonntag sei der Radar neu konfiguriert worden, sodass auch Fliessgeschwindigkeiten von bis zu 5 Meter gemessen werden konnten, führt er weiter aus. Um Mitternacht seien bereits Werte von bis zu 3 Meter registriert worden. Die Fliessgeschwindigkeit nahm danach im Verlauf der Nacht weiter auf bis zu 5 Meter pro Tag zu.
Über 200 Personen evakuiert
Aufgrund dieser Entwicklungen hatte der regionale Führungsstab am Samstagmorgen seine Arbeit aufgenommen. Zugleich wurden die Feuerwehr Saas und der Zivilschutz aufgeboten. Unterstützt wurde der Einsatz durch die Kantonspolizei. Das Gebiet um den Gletscher wurde gesperrt und eine Evakuierung des Dorfteils «Unter dem Berg» wurde eingeleitet.
Die Evakuierung der rund 220 Personen durch die Stützpunkt-Feuerwehr Saastal konnte am Samstagabend um 18.00 Uhr planmässig abgeschlossen werden. Während der Nacht auf Sonntag befanden sich keine Personen mehr im Gefahrengebiet. Insgesamt wurden für den Einsatz in Saas-Grund rund 70 Rettungskräfte aufgeboten. Diese stehen auch am Sonntag teilweise noch in Bereitschaft.
Kontinuierlicher Rückgang des Gletschers
Der Triftgletscher mit einem Ausgangspunkt am Gipfel des Weissmies auf 4020 Metern Höhe geht seit 1986 kontinuierlich zurück. Insgesamt ist er bis 2015 um mehr als zwei Kilometer geschrumpft, wie die Statistik zeigt. Er hat noch eine Länge von etwa 2,5 Kilometern und bedeckt rund 2,5 Quadratkilometer Fläche.
Bereits im Oktober 2014 hatte der Gletscher so stark rumort, dass das Gebiet unter ihm gesperrt werden musste. Weil die Temperaturen sanken, wurde die Sperre wieder aufgehoben. Seither steht der Gletscher aber unter Beobachtung.
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