Lonza | Nicht nur Deponie verseucht
Gift im Gelände
Visp / Gamsen | Die Deponie Gamsenried ist verseucht. Genauso wie umliegende Terrains.
Rémi Luttenbacher, Sie sind Leiter Umweltprojekte bei Lonza. Seit wann gibt es die Deponie
Gamsenried?
«Lonza lagerte seit 1918 Produktionsabfälle auf der alten Deponie Gamsenried ab. Insgesamt rund 1,5 Mio. Kubikmeter.»
Um was für Stoffe handelt es sich?
«Hauptsächlich um Kalkhydrat. Aber auch Gips findet man in grossen Mengen vor. Diese Stoffe wurden mit Wasser angeschlämmt und in Druckleitungen aus dem Werk Visp auf die Deponie gepumpt, wo sie in ausgedehnten Becken sedimentierten. Diesen Prozess nennt man Lagunieren. Kalkhydrat und Gips sind relativ unproblematische Stoffe. Das Problem ist, dass in diesen Schlämmen weitere Stoffe enthalten waren.»
Welche?
«Zum Beispiel Quecksilber. Wir gehen heute von 40 Tonnen aus, die in Gamsenried abgelagert sind. Neben Quecksilber gibt es noch weitere organische Komponenten. Auch Gemeinden haben verschiedenste Haushalts- und andere Abfälle dort abgelagert.»
Schlagzeilen hat insbesondere das Benzidin gemacht.
«Ja, auch Benzidin wurde nachgewiesen. Lonza hat Benzidin jedoch nie als Rohstoff genutzt und dieses auch nie produziert. Wir gehen davon aus, dass das Benzidin bei der Herstellung anderer Produkte entstanden ist.»
Wurden die Schlämme, die von Visp nach Gamsenried gepumpt wurden, nie kontrolliert?
«Dazumal war es nicht üblich, Analysen von Abfällen durchzuführen. Auch in den historischen Berichten findet man keine Angaben über Benzidin. Weil dieses im Werk weder hergestellt noch benutzt wurde.»
Mit wie viel Benzidin
rechnen Sie?
«Die aktuell laufenden Detailuntersuchungen werden dazu Angaben liefern.»
Gibt es weitere gefährliche Stoffe auf der Deponie?
«Auf der Deponie finden sich weitere Schadstoffe wie Benzol oder Aniline.»
Was hat Lonza so weit
gemacht, um diese Stoffe zurückzuhalten?
«Wir haben am Rand der Deponie Brunnen erstellt, um das Sickerwasser der Deponie abzufangen und dieses in die ARA Visp weiterzuleiten und zu behandeln. Diese Anlagen wurden bereits 1990 in Betrieb genommen. Ein Verfahren, das man ‹Pump and Treat› nennt.»
Ist es möglich, dass die Schlämme nicht nur in die eigentliche Deponie, sondern auch in die Umgebung gepumpt wurden?
«Man sieht beispielsweise unter der Kantonsstrasse die typischen Schichtungen der lagunierten Schlämme. Es könnte sein, dass sich diese Schlämme teilweise auch unter anderen Infrastrukturen wie beispielsweise der Autobahn befinden.»
Sind diese getrockneten Schlämme ausserhalb der Deponie auch mit Schadstoffen belastet?
«Die Zusammensetzung dürfte ähnlich derjenigen der eigentlichen Deponie sein.»
Also auch kontaminiert mit Quecksilber oder
Benzidin?
«Derzeit laufen Detailuntersuchungen, die dies klären
werden.»
Wie sehen diese Detailuntersuchungen aus?
«Wir haben bisher 115 Bohrungen gemacht und analysieren nun die Bohrkerne. So können wir feststellen, welche Schadstoffe wo gelagert sind, und erhalten ein Bild des gesamten Deponiekörpers.»
Und dann?
«Wir gehen davon aus, dass wir 2021 das Sanierungsprojekt einreichen werden. Bewilligen die Behörden dieses, würden wir 2022 mit der Umsetzung der Massnahmen beginnen können.»
Wie teuer wird die
Sanierung?
«Das wissen wir noch nicht. Zuerst muss das Sanierungskonzept ausgearbeitet werden.»
Wird Lonza sämtliche
Kosten tragen?
«Dies ist eine juristische Frage. Es gibt ja noch andere Akteure, wie etwa Gemeinden oder Kanton, die Abfälle auf der Deponie abgelagert haben. Aber Lonza hat den grössten Teil der Abfälle abgelagert.»
Interview: Armin Bregy
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