Wahlen | Fehlende Kandidaten in den Gemeinden
Gemeinderatskandidaten sind Mangelware
Vor allem in kleineren Gemeinden im Oberwallis sind Kandidatinnen und Kandidaten für die kommenden Gemeinderatswahlen eher rar gesät. In Simplon Dorf und in Blatten im Lötschental etwa muss der gesamte Rat neu gewählt werden. Ohne Kandidaten.
In Simplon Dorf tritt der fünfköpfige Gemeinderat geschlossen zurück. Trotz einer Informationsveranstaltung der Gemeinde am vergangenen Donnerstag hat sich bislang niemand freiwillig für die frei werdenden Posten gemeldet. Da die aktuellen Ratsmitglieder eine Wiederwahl ablehnen, müssen fünf andere Stimmbürger in die Bresche springen. Denn das kantonale Gesetz sieht vor, dass kein in einer Gemeinde wohnhafter Bürger es verweigern kann, als Gemeinderat zu amten.
«Ich stand unter Schock»
Auch der heutige Simpiler Gemeindepräsident Martin Rittiner hat damals vor acht Jahren nicht für sein Amt kandidiert. Als nach der Wahl im Jahr 2008 die Stimmen ausgezählt waren, ist sein Amtsantritt als meistgewählte Person im Dorf eine fixe Sache gewesen. «Nach der Wahl stand ich regelrecht unter Schock», erinnert er sich in der aktuellen Ausgabe der «NZZ am Sonntag». Denn neben seiner Familie und seiner Arbeit als Leiter der Raiffeisenbank habe ihm kaum freie Zeit für ein solches Amt zur Verfügung gestanden.
Nicht nur in Simplon Dorf kennt man das Problem. Auch in Blatten im Lötschental muss Ersatz für die fünf zurücktretenden Gemeinderäte gefunden werden. Ebenfalls ohne Kandidaten. «Es scheint das Prinzip zu gelten: Wer sich zuerst bewegt, verliert», wird Präsident Lukas Kalbermatten in der «NZZ am Sonntag» zitiert. Die Dorfbewohner hätten gelernt, sich möglichst nicht öffentlich zu den Wahlen zu äussern. Denn wer das tue, laufe Gefahr, viele Stimmen zu erhalten. Einziger Ausweg nach einer Wahl bleibe dann der Weg über ein ärztliches Zeugnis, was in den Gemeinden aber nicht gern gesehen werde.
Kampagne fürs Milizsystem
Das Milizsystem scheine in der Krise zu stecken, fasst die «NZZ am Sonntag» zusammen. Dabei liegt das Problem auch in anderen Regionen der Schweiz auf der Hand. Laut Reto Lindenegger, Direktor des Schweizerischen Gemeindeverbands (SGV), hat schweizweit jede zweite Gemeinde ihre liebe Mühe damit, willige Kandidaten zu finden. Und in fünf Prozent der gut 2300 Gemeinden müssten Personen ins Amt gezwungen werden. Der SGV und Economiesuisse haben deshalb eine gemeinsame Kampagne zum Thema gestartet, um die Bevölkerung zu sensibilisieren.
pmo
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