Kultur | Briger Studententheater präsentiert «Der Besuch der alten Dame»
Gelungene Premiere
Auch 63 Jahre nach der Uraufführung von Friedrich Dürrenmatts «Der Besuch der Alten Dame» hat das klassische Bühnenstück nichts von seiner Faszination verloren. Dies stellte am vergangenen Freitag das 18-köpfige Ensemble des Briger Studentheaters unter der Regie von Barbara und Siegfried Terpoorten eindrücklich unter Beweis.
Die Premiere im Theatersaal des Kollegiums Spiritus Sanctus war ein voller Erfolg. Das Publikum war begeistert und beschenkte die Protagonisten mit tosendem Applaus.
Die Geschichte des Stücks ist schnell erzählt: Claire Zachanassian kehrt als steinreiche Frau in ihr Heimatdorf Güllen zurück, wo ihr einst das Herz gebrochen und die Ehre geraubt wurde. Als sie im Alter von 17 Jahren von dem 19-jährigen Güllener Alfred Ill ein Kind erwartete, leugnete dieser die Vaterschaft und gewann mit Hilfe bestochener Zeugen den von Klara gegen ihn angestrengten Prozess. Entehrt, wehrlos und arm musste Klara Wäscher ihre Heimat verlassen, verlor ihr Kind, wurde zur Prostituierten, gelangte jedoch später durch die Heirat mit einem Ölquellenbesitzer (der noch acht weitere Ehen folgten) an ein riesiges Vermögen. Nun will sie sich rächen und bietet der Güllener Bevölkerung eine Milliarde dafür, dass ihr damaliger Liebhaber Ill für sein Vergehen mit dem Tod bestraft wird. Ein Angebot, dass die Bürger entrüstet zurückweisen. Zunächst...
Terpoorten wählte den Autor, die Schüler das Stück. Geld korrumpiert! Ein zeitloses Sujet. «Klar steht Zachanassians Rachefeldzug in keinem Verhältnis, doch sie wehrt sich gegen das ihr widerfahrene Unrecht, was sehr gut zur aktuellen #MeToo-Thematik passt», findet Barbara Terpoorten. Dürrenmatt sei zeitlos, seine Texte cool. Im Kollektiv sei das super spannend. Und wie das Kollektiv funktionierte. Die 18 Schauspieler, 14 davon Mädchen, gingen äusserst ambitioniert zu Werke. Das spürte auch das Publikum. Zur tiefen Männerquote sagt Terpoorten: «Keine Ahnung, wo sich die jungen Schauspieler rumtreiben. Vielleicht fehlt ihnen etwas der Mut zum Spielen.» So übernahmen zwangsläufig Mädchen Rollen wie etwa jene des Polizisten oder Bürgermeisters. «Ich finde das ganz gut. Es zeigt noch mehr, dass es nicht nur böse Männer gibt, sondern dass die Gesellschaft böse ist. Dürrenmatt hätte das sicher gefallen», findet Terpoorten.
Mehr zum Studententheater im WB vom 18. März 2019
mk
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