FC Sitten | Galaabend mit Gast aus Basel
Die Versöhnung mit Marco Streller
Vor und während dem letztjährigen Cupfinal legte sich der damalige Captain des FC Basel mit dem FC Sitten und seinen Anhängern an. Seither gilt er im Wallis als Feindbild. Ein Bild, das gestern am traditionellen Galaabend in Martinach korrigiert worden ist.
«Sion muss fallen!», skandierte Marco Streller während der letzten Meisterfeier seines FC Basel auf dem Barfüsserplatz. Mit diesem Ständchen hat der damalige Basler Captain den bevor stehenden Cupknüller gegen den FC Sitten so richtig lanciert. Doch die Walliser fielen nicht. Im Gegenteil.
Es war Streller selbst, der im grossen Finale unsanft zu Boden ging. Das Video mit seiner klaren Ansage wurde nämlich von der Sittener Motivatoren-Abteilung in die mentale Vorbereitung für das Endspiel eingebettet. Und Léo Lacroix hat sich offenbar die Bilder, und vor allem die Worte des vorlauten Gegners genau gemerkt. Der junge Innenverteidiger gewann jedes Duell, jeden Ball gegen Streller, der schon bald damit begann, die Hände zu verwerfen. Das Duell erinnerte an das WM-Endspiel 1990, als der Deutsche Haudegen Guido Buchwald auf den Argentinischen Ballzauberer Diego Maradona angesetzt wurde. Am Schluss weinte der grosse Star, Buchwald nahm ihm das, was ihn auszeichnete: Die Freude am Fussball.
Auch Streller war an diesem 7. Juni 2015 zum Heulen zumute. Es war sein letztes Spiel in den Farben seines geliebten Clubs und als letzte Amtshandlung wollte er vor heimischem Publikum den Sandoz-Pokal in die Luft stemmen. Doch statt Beifall hörte Streller an diesem Tag vor allem gellende Pfiffe. Tausende Walliser sind in den Basler St. Jakob-Park gepilgert und jeder einzelne hatte das Video im Kopf. «Sion muss fallen!»
Der Walliser Volkszorn prasselte auf Streller nieder - und das im wahrsten Sinn des Wortes. In Form von kleinen Fahnenstangen aus Plastik, nachdem Streller an der Seitenlinie vor der rot-weissen Wand gepflegt werden musste. Es folgte ein hartes Wortgefecht mit der Sittener Ersatzbank, wo sich vor allem Präsidentensohn Barthelemy Constantin wie der grosse Zampano aufspielte. Und in der 74. Minute war es dann so weit: Marco Streller verliess den Rasen, seine Karriere war zu Ende. Zu diesem Zeitpunkt war das Spiel längst gelaufen. Der FC Sitten führte 3:0. Damit wäre diese Geschichte eigentlich zu Ende und bereit, unter Sitten-Fans immer und immer wieder erzählt zu werden. Als genüssliche Episode des 13. Cupgewinns, mit Marco Streller als Anti-Held, in der Hauptrolle des Verlierers.
Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Das weiss im Wallis wohl keiner besser als Christian Constantin. Mit seiner Art der Clubleitung hat er dem FC Sitten erfolgreiche Momente beschert und ihn auch schon in den Ruin getrieben. Ein ähnliches Muster zeigt sich bei der Besetzung seiner Gäste am jährlichen Gala-Dinner. Im letzten Jahr holte CC den umstrittenen Weinhändler Dominique Giroud auf die Bühne. Der gesellschaftliche Rehabilitationsversuch scheiterte: Giroud wurde von Teilen des Publikums ausgebuht. Seint Gastauftritt war an Peinlichkeit kaum zu überbieten.
Nicht so bei Streller. Der ehemalige Nationalspieler folgte gestern Samstag der Einladung ins CERM nach Martinach, wo sich mehr als 7500 Besucher zugunsten des Vereinsbudgets die Bäuche mit Sauerkraut und Speck vollschlugen. Im traditionellen Theaterstück schlüpfte der Basler in die Rolle als Dieb, der CC und dem Wallis die Cup-Trophäe wegschnappt. Als man am Ende des Spektakels Streller auf die Bühne rief, und ihn Constantin mit Geschenken und anerkennenden Sätzen würdigte, klatschte und tobte die ganze Halle. Strellers Mut, sich als Feindbild in der Höhle des Löwens mit dem Risiko zu zeigen, ein weiteres Mal auf die Nase zu fallen, kam beim Publikum gut an. Pfiffe waren keine zu hören.
David Biner
Artikel
Kommentare
Noch kein Kommentar