Walliser im Ausland | Walburga Baur-Stadler berichtet aus Südkalifornien

«Feriendiskussionen»

Walburga Baur-Stadler freut sich auf ihre Ferien in der Schweiz, hofft aber, bestimmte Diskussionen vermeiden zu können.
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Walburga Baur-Stadler freut sich auf ihre Ferien in der Schweiz, hofft aber, bestimmte Diskussionen vermeiden zu können.
Foto: zvg

Quelle: 1815.ch 13.06.16 2
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Seit 18 Jahren lebt Walburga Baur-Stadler in Südkalifornien. Sie ist im Wallis aufgewachsen und seitdem hat es sie in alle Himmelsrichtungen verschlagen. Auf 1815.ch berichtet Baur-Stadler heute über ihre kommenden Ferien in der Schweiz und worüber sie dabei lieber nicht diskutieren würde.

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Walburga Baur-Stadler (wbaur@roadrunner.com) hat sich nach zahlreichen Auslandserfahrungen vor 18 Jahren in Südkalifornien niedergelassen, ausserhalb von Los Angeles, am Fuss der San Gabriel Berge. Ihre Zeit widmet sie ihrem Garten, dem Malen und Singen.

Auf 1815.ch berichtet sie in loser Reihenfolge über ihr Leben im Land der unbegrenzten Möglichkeiten:

«So sehr ich mich auf die Ferien in der Schweiz freue, Familienangehörige und Freunde zu treffen, so sehr gibt es jeweils etwas, das mir schon im vornherein schwer auf dem Magen liegt: Die unablässige Kritik der Schweizer an den USA. Sei es am Präsidenten (das war, als Bush Präsident war – und falls Trump gewählt wird, wäre dann auch mir die Kritik willkommen!!!), an der Politik (ich bin auch nicht für die diversen Kriege) oder ganz allgemein an den Amerikanern. Die Kritik stammt zu 95 Prozent oder mehr von Leuten, die noch nie einen Fuss in die USA gesetzt haben.

Kaum ein amerikanischer Präsident scheint es den Schweizern recht zu machen. Nur Obama wird von den meisten geliebt. Von Präsident Reagan wussten zwar alle, dass er ein Schauspieler gewesen war, aber, dass er acht Jahre lang Präsident des Schauspielerverbandes war, dann zweimal für je vier Jahre zum Gouverneur von Kalifornien gewählt wurde und bei Ende seiner zweiten Amtsperiode als Präsident der Vereinigten Staaten die höchste Beliebtheitsquote aufwies, wird ignoriert. Von Präsident Clinton wissen alle um seine Frauengeschichten, aber haben keine Ahnung, dass die Wirtschaft der Vereinigten Staaten während seiner Präsidentschaft einen gewaltigen Aufschwung nahm.

Und dann war da Arnold Schwarzenegger, Gouverneur von Kalifornien! Als Nicht-Amerikanerin habe ich die kalifornische Wahlkampagne mit amüsiertem Lächeln verfolgt und war froh, dass ich nicht wählen musste. Mein Lieblings-Kandidat war in der Hälfte des Wahlkampfes ausgeschieden. Dann hatten wir also den Arnold. Und siehe da, er entpuppte sich als geschickter Verhandler, war fähig, als Republikaner mit den Demokraten Kompromisse zu schliessen. Er lud die Politiker in sein Zelt ein, das hinter dem Regierungsgebäude in Sacramento aufgestellt worden war, in dem dann alle in Ruhe Arnolds Zigarren paffen und die Welt verbessern konnten. Und das alles stets mit einem Lächeln und voller Enthusiasmus. Ich bezweifle stark, dass die Schweizer so offen wären, einen Einwanderer mit einem starken ausländischen Akzent in ein so hohes Amt zu wählen. Da kommt mir grad noch Henri Kissinger in den Sinn; ein deutscher Jude, der es bis zum Aussenminister schaffte.

Wenn Schweizer an Amerika denken, dann sehen sie die Wolkenkratzer-Silhouette Manhattans vor sich und meinen, so sehe es überall aus. Erst wenn sie dann hierher in die Ferien kommen, gehen ihnen die Augen auf. Nach knapp einer Stunde Autofahrt ist man ausserhalb von Los Angeles und kommt gleich in die Wüste, wo im Frühling die blühenden Agaven ganze Hänge zieren.

  • Wussten Sie, dass im Hafen von San Franzisco ganze Rudel von Seelöwen vor einigen Jahren die Anlegeplätze für kleinere Boote und Jachten in Beschlag genommen haben? Anstatt die Tiere zu vertreiben, wurde für die Boote ein anderer Ankerplatz gesucht. Die Seelöwen sind mittlerweile zu einer richtigen, wenn auch stinkenden und lautstarken, Attraktion geworden, an der sich Einheimische wie Touristen erfreuen.
  • Wussten Sie, dass die 40-Stunden-Woche in den USA vor mehr als 70 Jahren eingeführt wurde? Die meisten Leute arbeiten aber weit mehr als diese 40 Stunden, erhalten jedoch für jede Überstunde automatisch 150 Prozent des normalen Stundenlohns. Sie müssen mehr arbeiten, damit sie jeden Monat die Raten der diversen Kreditkarten abzahlen können.
  • Wussten Sie, dass Handwerker ihre eigenen Werkzeuge mit zur Arbeit bringen? Je nach Beruf trägt da einer mehrere Tausend Dollar Wert in seiner Werkzeugkiste herum.
  • Wussten Sie, dass auch beim Coiffeur jedermann/frau die eigenen Bürsten, Kämme, Scheren und Haartrockner benutzt und den Arbeitsplatz vom Coiffeursalon-Besitzer mietet?
  • Wussten Sie, dass in Kalifornien gleichgeschlechtliche Paare schon seit mehreren Jahren heiraten können und auch Ledige Kinder adoptieren dürfen?
  • Und es ist wohl der Tatsache der Erschliessung des Wilden Westens durch Menschen, die nur auf sich selbst zählen konnten zuzuschreiben, dass hier jede Menge Leute Volontäre sind. Wann immer etwas getan oder unternommen werden muss, macht man sich zuerst selbst daran, eine Lösung zu finden. Erst wenn das dann nicht mehr geht, tritt man an die Regierung heran.

Ich will nicht sagen, dass obige Tatsachen weltbewegend sind, sondern dass man eventuell etwas zurückhaltender sein sollte, wenn man ein Land verurteilt, ohne grosse Ahnung davon zu haben. Hier leben Menschen, nicht nur Politiker! Ich will auch keineswegs sagen, in Amerika sei alles wunderbar und goldrichtig. Aber für meine nächsten Schweizer Ferien hoffe ich auf etwas mehr Toleranz und einen heissen Schweizer Sommer, wenn möglich 'heiss' nicht diskussionsmässig, sondern nur meteorologisch!»

Als Vierjährige zog Walburga Baur-Stadler mit ihrer Familie ins Wallis, wo sie aufgewachsen ist und die Real- und Handelsschule im Institut St. Ursula in Brig besuchte. Nachdem sie zwei Jahre lang Sekretärin bei den Walliser Kraftwerken in Visp war, zog es sie nach Oxford, um Englisch zu lernen.

Danach trat Walburga Baur-Stadler eine Stelle beim Politischen Departement in Bern (heute: Departement für auswärtige Angelegenheiten) an und wurde in Belgien, Marokko, Thailand und Madagaskar als Sekretärin eingesetzt. Nach ihrem Wechsel in die konsularische Laufbahn kam es erneut zu Versetzungen: Mailand, Kongo, Peru, Costa Rica und Kalifornien, wo sie ihren Mann, einen Zürcher, kennenlernte und heiratete. Gemeinsam waren die beiden noch in Spanien und Argentinien, wo sich Baur-Stadler Ende 1998 im Grad einer Generalkonsulin frühzeitig pensionieren liess.

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13. Juni 2016, 07:00
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Kommentare

  • Ursula El-Tawansy - vor 9 Jahre ↑1↓0

    WAL, wiedrum mein spontanes BRAVO zu Deinem "zackigen" Artikel!
    Wann beginnst Du Dein ersten Buch zu schreiben; you surely have what it takes!

    antworten

  • LiloHolzer - vor 9 Jahre ↑1↓0

    Wal, das hast Du super gemacht, den Artikel muss ich grad ausdrucken und im August mitnehmen (Ferien in der Schweiz)

    antworten

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