Eringerzucht | Der Grengjer Jungzüchter Angelo Seematter (21) über seine sieben Kämpferinnen

«Eringerkühe führen sich manchmal wie Diven auf»

Wehe, wenn sie losgelassen. Im Schnee zeigt die aufgeweckte Eringerkuh «Tiara», was in ihr steckt.
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Wehe, wenn sie losgelassen. Im Schnee zeigt die aufgeweckte Eringerkuh «Tiara», was in ihr steckt.
Foto: 1815.ch

Nachwuchs. Im Stall der Seematters haben im November drei Kälbchen das Licht der Welt erblickt.
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Nachwuchs. Im Stall der Seematters haben im November drei Kälbchen das Licht der Welt erblickt.
Foto: 1815.ch

Bedauerlich. Während des Alpsommers hat «Venice» ihre Hornschale verloren. Nach einem guten Genesungsverlauf kann das Horn jedoch wiederhergestellt werden.
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Bedauerlich. Während des Alpsommers hat «Venice» ihre Hornschale verloren. Nach einem guten Genesungsverlauf kann das Horn jedoch wiederhergestellt werden.
Foto: 1815.ch

Quelle: 1815.ch /pan 08.12.16 0
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Grengiols. Nach einem ereignisreichen Alpsommer sind die sieben Eringerkühe der Familie Seematter längst zurück in Grengiols und wurden dort für die kommenden Wintermonate eingestallt. Ein Besuch bei der kleinen Eringerherde und deren engagierten Haltern.

Die Sonne zieht lange Schatten an jenem Novembernachmittag in dem beschaulichen Weiler oberhalb von Grengiols, wo die Tiere der Familie Seematter in einer kleinen Stallung untergebracht sind. Tags zuvor ist erster Schnee gefallen, die Temperaturen sind auf winterliche Werte gesunken. Durch die offene Stalltür wabert Musik ins Freie, die dort alsbald von der zentimeterdicken Schneedecke verschluckt wird. Es mischt sich das Rattern einer elektrischen Schermaschine in die erste Winteridylle in diesem Jahr. «Fellpflege», erklärt der junge Eringerzüchter Angelo Seematter aus Grengiols das Brummen der Elektroschere beim Betreten des Anbindestalls. Den sieben Eringerkühen der Seematters wird nämlich nun, nach dem Einstallen, deren schwarzes Haarkleid gekürzt.

Mit ruhiger Hand und aufmunterndem Zureden sind Angelos Eltern, Astrid und Jakob Seematter, zwischen den schwarzen Tieren geschäftig zugange. Die kräftigen Kühe zeigen sich ob der Rasur unbeeindruckt und lassen die Züchter gewähren. Die Massnahme sei nötig, um das Vieh vom Schmutz zu befreien, der sich während der Weidesaison im Fell festgesetzt hat, erklärt der 21-Jährige. «Ausserdem schwitzen die Tiere dadurch weniger», fügt dessen Vater an.

Gemächlicher Stall-Alltag

Tatsächlich ist es recht warm inmitten der kleinen Kuhherde, zu der auch «Annabelle» gehört. Als einzige Vertreterin der Rotfleckvieh-Rasse hebt sie sich nicht nur aufgrund ihrer weissen und rotbraunen Farbgebung markant von ihren pechschwarzen Artgenossinnen ab, sondern auch wegen ihrer Körpergrösse. «Obschon‹Annabelle›erst eineinhalbjährig ist, überragt sie bereits alle anderen Tiere im Stall, auch die deutlich älteren», so Angelo Seematter, der zugleich auf die Widerristhöhe des gescheckten Vierbeiners deutet. «Annabelle» habe sich aber trotz ihrer Andersartigkeit sehr gut in die nachtfarbene Gruppe integriert. «Ich glaube sogar, sie denkt, sie sei eine Eringerkuh», schmunzelt der junge Seematter. Nur kämpfen tue die muntere «Annabelle» nicht.

Von Hörnerkreuzen, Kräftemessen und Kampfeslust ist an diesem Winternachmittag aber auch bei der achtjährigen «Tinka», die Chefin der siebenköpfigen Eringer-Truppe der Seematters sowie bei «Tiara», «Taiga» und «Palmira», bei «Feline», «Tirana» und der fünfjährigen «Venice», der im Sommer auf Pletschen, sehr zum Bedauern ihrer Halter, beim Stechen ihre linke Hornschale abgeschlagen wurde, wenig zu bemerken. Die Dielendecke des Stalls, in dem insgesamt zehn Vierbeiner einquartiert werden könnten, hängt tief über deren gehörnten Köpfen, einige Lampen verbreiten gedämpftes Licht, die muskelbepackten Eringerkühe – kein Geläut mehr tragend – geben sich gelassen und entspannt. Die nur noch einen Hornstumpf tragende «Venice», die ehemalige Anführerin der Herde, «die mit dem herzigen Gesicht», schleckt ausdauernd an einem Leckstein.

Im hinteren Teil der Stallung markiert ein mit Stroh eingestreutes Gehege, in dem drei im November geborene Kälbchen noch etwas staksig die Welt erkunden, die Kinderstube.

«Tiara» nimmt Fahrt auf

Jene friedvolle Szenerie gewinnt jedoch alsbald an Lebhaftigkeit – dann nämlich, wenn Angelo Seematter die fünfjährige «Tiara», die ihm vorerst bereitwillig am Halfter folgt, ins Freie auf eine schneebedeckte Weide führt. Dort, vom Strick losgemacht, zeigt die kräftige Kämpferin eindrücklich, welches Temperament in ihr steckt. Gewandt springt «Tiara» mit angehobenem Kopf durch das kühle Weiss, schlägt immer wieder wild und kraftstrotzend aus, tänzelt beinah leichtfüssig tiefe Spuren in den Schnee, wirbelt ihn auf und demonstriert dabei eine flinke Wendigkeit, die man dem robusten Tier nicht zugetraut hätte. Immer wieder hält sie aber auch abrupt inne, um wach und neugierig ihre Umgebung zu überblicken und sanftmütig den Aufmunterungen ihres engagierten Halters zu lauschen. Lotst Seematter sie in eine andere Richtung, gehorcht «Tiara» ohne Weiteres.

Genauso beschreibt der Grengjer Jungzüchter, dem «Tiara» zwar seine Lieblingskuh ist, jedoch alle Tiere gleich behandelt, auch deren Wesen. «Eringer sind zutraulicher und sensibler als andere Kuhrassen», ist er überzeugt. Ausserdem seien sie folgsam und kontaktfreudig. «Sie sind stärker auf ihre Züchter fixiert und haben eine enge Bindung zu uns Menschen.» Werde eine Kuh, etwa aufgrund ihres Verhaltens, getadelt, könne sie geradezu beleidigt und pikiert reagieren. Augenzwinkernd fügt Angelo Seematter an: «Manchmal können sich unsere Kühe durchaus wie kleine Diven aufführen.»

Mit besonnener Ausdauer

Nicht zuletzt auch deshalb müsse man im Umgang mit den Tieren Geduld walten lassen, erklärt Seematter, der durch seine Eltern für die alte Walliser Kuhrasse begeistert wurde und sich zusammen mit ihnen jahrein, jahraus, jeden Tag um seine Tiere kümmert. «Weil ich grosse Freude an ihnen habe und während der Arbeit mit den Eringern den Alltag vergessen kann.» Letztendlich würde man nur mit Respekt und mit Achtung gegenüber den Tieren eine erfolgreiche Zucht aufbauen können. Und gerade das scheint der Familie Seematter, die mit ihrer Eringer-Gruppe in den vergangenen Jahren immer wieder gute Rangierungen an Stechfesten im Oberwallis erreichen konnte und bereits einige Male eine Alpkönigin stellte, zu gelingen. So könne es weitergehen, sagt der stolze Jungzüchter Seematter zu den Zielen mit seiner Eringer-Schar.

Trotzdem sei man schon nervös, wenn man eine seiner eigenen «Schwarzen» an einem Stechfest vor Hunderten Zuschauern in die Arena führe, gibt Seematter unumwunden zu. Die Aufregung müsse sich aber in Grenzen halten. «Damit sich die Nervosität nicht auf das Tier überträgt.» Unruhe und Hektik scheinen nun aber, da die kältere Jahreszeit angebrochen ist, vorerst ohnehin der Vergangenheit anzugehören. Nach ihrem Abstecher in den Schnee steht «Tiara» wieder friedlich an ihrem Platz, die sieben Eringer samt «Annabelle» in Reih und Glied. Erneut ist das monotone Brummen der Elektroschere zu vernehmen...

08. Dezember 2016, 14:30
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