Allgäu-Orient-Rallye 2015 | «Dust Busters» – sechs Fahrer, drei Autos, ein Ziel
«Erinnerungen für die Ewigkeit»
Mit einem sechsköpfigen Team namens «Dust Busters» haben sich die Walliser Andreas Schmid und Matthias Eggel im Rahmen der Allgäu-Orient Rallye Mitte Mai in drei Volvo-Kombis auf nach Jordanien gemacht. Zurück in der Heimat sprechen die Abenteurer über Streitigkeiten im Team, türkische Gastfreundschaft und ein Gerichtsverfahren.
Die «Dust Busters» sind Micha Klucken, Jürg Michel, Andreas Schär, Christina von Rütte, Matthias Eggel aus Naters und Andreas Schmid aus Raron. Sie nahmen gemeinsam die 10. Allgäu-Orient-Rallye unter die Räder.
Das Ziel der Rallye war es, innert drei Wochen vom Allgäu nach Amman, der Hauptstadt Jordaniens, zu gelangen. Die Rallye war explizit kein Wettrennen: Völkerverständigung und humanitäre Zwecke standen im Vordergrund. Die «Dust Busters» unterstützten mit ihrer Fahrt die Mission «Don Bosco», eine Schule für irakische Flüchtlingskinder in Istanbul.
Seit Anfangs Juni sind die «Dust Busters» wieder in der Heimat. Matthias Eggel und Andreas Schär lassen für 1815.ch die drei abenteuerlichen Rallye-Wochen Revue passieren:
Übernachtung beim Friedhof
«Am Sonntag, den 10. Mai um 10.00 Uhr war es soweit: Die 'Dust Busters' starteten in Oberstaufen im Allgäu mit 110 anderen Teams ihre Reise nach Amman in Jordanien. Die ersten Tage stellten sich als sehr stressig heraus. Wir mussten bis spätestens Mittwochabend die zirka 2300 Kilometer lange Strecke nach Istanbul zurückgelegt haben. 600 Kilometer pro Tag mag nach nicht allzu viel klingen, aber da keine Autobahnen benutzt werden durften und wir auf teils sehr schlecht ausgebauten Strassen unterwegs waren, zog sich das Vorwärtskommen erstaunlich hin.
Gewöhnlich fuhren wir gegen 8.00 Uhr los und erreichten erst kurz vor Mitternacht unser Nachtlager. Übernachtet wurde immer in den Autos auf öffentlichen Parkplätzen. Besonders erwähnenswert ist die erste Nacht, in der wir in der Nähe von Maribor auf dem Parkplatz eines Friedhofs genächtigt haben. Da Muttertag war, waren alle Gräber mit frischen Kerzen erleuchtet, was in der Nacht sehr eindrücklich aussah.
Slowenien, Kroatien, Ungarn...
Kilometer um Kilometer näherten wir uns über Slowenien, Kroatien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Griechenland der Türkei. Weil wir unter Zeitdruck waren, hatten wir leider nur wenig Gelegenheit, die Länder zu bestaunen, welche wir durchfuhren. Am Mittwoch gegen 22.00 Uhr fuhren wir endlich in Istanbul ein.
Was uns hier erwartete, ist eine Erinnerung für die Ewigkeit: der Istanbuler Stadtverkehr – an Schweizer Verkehrsverhältnisse gewöhnt, galt es hier, sich schnell an lokale Gepflogenheiten anzupassen, um ein sicheres Navigieren zu gewährleisten. Es wurde in atemberaubendem Tempo links überholt, rechts überholt, gedrängelt und gehupt. Im Konvoi mit zwei anderen Teams jagten wir durch die Istanbuler Nacht und kamen vollgepumpt mit Adrenalin auf dem Platz vor der blauen Moschee an, wo alle Rallyeteams gemeinsam zwei Nächte verbrachten. Es war sehr eindrücklich auf diesem heiligen Platz übernachten zu dürfen und weil so viele Touristen an diesem Ort sind, trafen wir sogar im weit entfernten Istanbul auf Walliser!
Am Donnerstag war Ruhetag. Dies ermöglichte es uns, die Mission 'Don Bosco' zu besuchen. Die Mission unterhält eine Schule für irakische Flüchtlingskinder im Herzen von Istanbul und wir hatten uns im Vorfeld der Rallye entschieden, die Schule mit Hilfsgütern zu unterstützen. Wir sammelten Spenden, um Hygieneartikel und Schulmaterial zu kaufen und ebenfalls Kleider. Pater Andres nahm uns freudig in Empfang und wir überreichten unsere Hilfsgüter. Es war sehr ergreifend, die Kinder zu treffen und deren lachende und glückliche Gesichter zu sehen.
Vielfältige und schöne Türkei
Am nächsten Tag überquerten wir den Bosporus mit der Fähre und sollten dann zehn Tage lang durch die Türkei fahren. Wir wissen nicht genau, was wir von der Türkei erwartet hatten, aber wir wurden alle überwältigt von der Vielfalt und der Schönheit des Landes. Zuerst übernachteten wir am Schwarzen Meer, danach ging es landeinwärts, wo uns Berge erwarteten, auf denen man sogar Skifahren konnte. Anschliessend fuhren wir durch unendliche Weiten, wo Unmengen an Reben angebaut wurden, dann durch einen wunderschönen Canyon und durch hügelige Waldlandschaften, um schlussendlich am Mittelmeer anzukommen, wo wir die Autos auf die Fähre verluden.
Nicht nur das Land, auch die Menschen und ihre Gastfreundschaft überraschten uns immer wieder: Wir wurden zum Tee eingeladen, man fuhr 40 Kilometer mit uns mit, nur um uns den Weg zu weisen und man half uns unaufgefordert beim Feuermachen und Grillieren. Während die Autos auf dem Seeweg nach Israel unterwegs waren, flogen wir.
Kollision mit einem Motorrad
Bis dahin hatten wir allen Strapazen der Reise getrotzt und waren auch grösstenteils von Pannen verschont geblieben. Es gab hin und wieder einen Platten, weil jemand ein kleines Schlagloch oder spitzige Steine übersehen hatte, ansonsten fuhren sich die Autos einwandfrei. Ein einziger Motor machte uns ein bisschen Sorgen, weil dieser mit erhöhter Temperatur an Leistung verlor. Wir bauten kurzerhand den Thermostat aus und schon war das Problem gelöst.
Wieder im Besitz der Autos fuhren wir Richtung Betlehem/Jerusalem mit Etappenziel Totes Meer los. Aus Tel Aviv rausfahrend erlebten wir dann den ersten grossen Schreck unserer Reise: Eines unserer Autos kollidierte mit einem Motorradfahrer, welcher sich mehrere Knochenbrüche und Prellungen zuzog. Glücklicherweise ging es dem Verunfallten den Umständen entsprechend gut.
Im auf den nächsten Tag angesetzten Gerichtsverfahren wurde entschieden, dass der Unfall unser Verschulden war und wir kassierten eine Geldstrafe, waren aber frei, die Reise fortzuführen. Weil wir 24 Stunden in Tel Aviv festsassen, mussten wir uns beeilen, den Grenzübergang nach Jordanien zu erreichen und die geplante Einreise noch zu schaffen, bevor die Grenze wieder geschlossen wurde. Dies gelang glücklicherweise.
Ein lachendes und ein weinendes Auge...
Das Ziel Amman war nun nicht mehr weit und es blieben nur noch ein paar wenige Wüstenetappen zu bewältigen. Das nahende Ende führte bei einigen im Team zu wehmütiger Stimmung. Bei anderen hingegen zollten nun die Anstrengungen der letzten Wochen ihren Tribut: Es hatte von Beginn an kleinere Unstimmigkeiten und Auseinandersetzungen innerhalb des Teams gegeben, welche sich im Laufe der Zeit noch weiter hochgeschaukelt hatten, so dass es gegen Ende der Reise auch vermehrt zu lautstarken und hitzigen Wortgefechten zwischen einzelnen Teammitgliedern kam, welche bis zum Schluss ohne Konsens endeten.
Hier half es, dass wir während der Rallye sehr gute Freundschaften mit anderen Teams geschlossen hatten und so den teaminternen Problemen zwischendurch auch mal aus dem Weg gehen konnten. Die Bekanntschaften, welche wir auf der Rallye machen durften sowie das Kennenlernen der eigenen Teammitglieder war das Schönste und Eindrücklichste auf der ganzen Reise. Nach zwei atemberaubenden Tagen in der Wüste fuhren wir im 'Crowne Plaza' in Amman ein. Sechs Menschen, drei Autos, ein Ziel ... Wir hatten es geschafft!
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge nahmen wir zuerst Abschied von unseren drei tollen Autos, um uns kurze Zeit später auch von den anderen Rallyeteilnehmer und den Teammitgliedern zu verabschieden. Und damit geht ein grosses Abenteuer und eine wahnsinnig gute Zeit zu Ende. Eines können wir aber jetzt schon hier festhalten: Die 'Dust Busters' wird man irgendwann wieder am Start einer solchen Rallye sehen.»
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