Bildung | Das Homeschooling oder Distance Teaching stellt alle Beteiligten vor grosse Herausforderungen.
«Alle Beteiligten haben bisher ihr Möglichstes unternommen»
Schuldirektoren aus der Region antworten auf Fragen des «Walliser Boten». Sie ziehen nach vier Wochen ein erstes Fazit des Homeschoolings und äussern sich zu Schwierigkeiten und geben einen Einblick in Rückmeldungen der Eltern.
Wie und in welchem zeitlichen Rahmen haben Sie die Vorgaben der Dienststelle für Unterrichtswesen umgesetzt, welche am 13. März veranlasst worden sind?
Bruno Schmid, Schuldirektor Schulen Region Visp: «Sie wurden sehr zeitnah umgesetzt, sodass ab Mittwochmorgen, 18. März, die Schüler von den Lehrpersonen die ersten Aufträge erhielten. Die Lehrpersonen haben die Möglichkeit, den Abgaberhythmus der Aufgaben selbst zu bestimmen. In der Regel wird ein Wochenplan übermittelt. Die Schulleitungen informieren die Lehrpersonen regelmässig über neue Weisungen des Kantons und über Organisatorisches. In dieser Woche und in der Woche nach Ostern nehmen alle Lehrpersonen der Visper Schulen an einem Online-Kurs zu Office 365/Teams teil.»
Stefan Wyer, Schuldirektor Schulen Region Leuk: «Die wichtigsten Vorgaben wurden innerhalb der ersten Woche umgesetzt. Anpassungen werden laufend vorgenommen. Wir befinden uns in einer neuen Situation und reagieren mit Flexibilität und einer konstruktiven Herangehensweise auf neue Herausforderungen. Darum werden laufend Änderungen vorgenommen und neue Informationen weitergegeben. Die Lehrpersonen haben sich positiv auf die neue Situation eingestellt und leisten ausgezeichnete Arbeit.»
Dominik Chanton, Schuldirektor Schulen Brig Süd: «Noch am Freitagabend erhielten die Lehrpersonen von uns erste Anweisungen per E-Mail. Die Eltern via Webseite und später durch einen persönlichen Anruf der Lehrperson. Am Montag gab es für alle 180 Mitarbeiter jeweils halbstündige Infositzungen pro Schulstufe oder Fachschaft. Am Dienstag holten die Schüler das Material im Schulhaus ab und am Mittwochmorgen startete bereits das Distance Learning.»
Robert Arnold, Schulleitung OS Gampel: «Alle Beteiligten zeigten die nötige Flexibilität und Bereitschaft, sich dieser noch nie dagewesenen Situation zu stellen und diese zu meistern. Die ersten Tage wurden insbesondere für technische Fragen genutzt und die ICT-Lösungen wurden laufend optimiert. Die Schüler erhalten jeweils einen Wochenplan. Dieser sowie die nötigen Inhalte und die Unterrichtsmaterialien der verschiedenen Fächer können via passwortgeschützte Plattform digital heruntergeladen werden oder werden digital über unsere Webseite via E-Mail zugestellt. Sitzungen mit den Schulleitungen, Lehrpersonen, der Schulbehörde oder dem Schulinspektorat finden via Videokonferenzen statt.»
Was für erste Erfahrungen haben die Lehrpersonen mit dem Homeschooling gemacht?
Schmid: «Corona zwang uns, den Fernunterricht auf digitalem Weg innert kurzer Zeit umzusetzen. Und das ist gut so. Die Erfahrungen der letzten drei Wochen seitens der Lehrpersonen sind gut.»
Wyer: «Die Lehrpersonen investieren viel Zeit in die Betreuung der Schüler. Es braucht Geduld und Verständnis. Es ist eine spannende und herausfordernde Erfahrung, die aber nicht den direkten Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern in einer herkömmlichen Unterrichtssituation ersetzt. Die Lehrpersonen vermissen den direkten Kontakt mit ihren Klassen. Durch die digitalen Plattformen werden viele Möglichkeiten geboten. Insgesamt gehen die Lehrpersonen, Eltern, Schülerinnen und Schüler sehr konstruktiv mit dieser schwierigen Situation um. Es sind alle gefordert und nicht alles kann geleistet werden.»
Chanton: «Anfangs mussten sich die Schüler, besonders aber auch die Eltern, an die neuen Methoden des Distance Learnings gewöhnen. Bereits nach vier Wochen können wir jedoch rückmelden, dass dieses System gut funktioniert, die grosse Mehrheit der fast 1800 Schüler ansehnliche Arbeit leistet und die Selbstständigkeit wie auch die Kreativität der kleinen und grossen Kids markante Fortschritte machen.»
Arnold: «Sicherlich fehlt den Lehrpersonen der persönliche Kontakt mit ihren Schülerinnen und Schülern. Wohl ein jeder hat in den letzten Wochen seine ICT-Kompetenzen ausbauen können. Eltern, Schülerinnen und Schüler wie auch Lehrpersonen zeigen sich dynamisch und versuchen, das Beste aus der Situation zu machen, wohlwissend, dass die Familien aufgrund der Heimbeschulung stark gefordert sind. Die grosse Mehrheit der Schüler arbeitet zuverlässig und kommt mit der neuen Art von Unterricht gut zurecht.»
Was für Hauptschwierigkeiten sind bei der Planung und Durchführung aufgetreten?
Arnold: «Die Chancengleichheit in suboptimalen Familiensystemen sowie bei Kindern mit besonderen Bedürfnissen aufrechtzuerhalten, ist sicherlich eine grosse Challenge. Hier sind der individuelle Kontakt der dafür geschulten Lehrpersonen wie Heilpädagogin oder DfF-Lehrperson und deren Unterstützung besonders gefragt. Viele Varianten und Möglichkeiten der Datenübertragung stehen grundsätzlich im Web zur Verfügung, nicht alle jedoch berücksichtigen vollumfassend den Datenschutz.»
Schmid: «Als Erstes musste die Kommunikation mit den Kindern und Eltern sichergestellt werden. Bei der grossen Mehrheit klappte das sehr gut. Bei einzelnen Familien mussten die Lehrpersonen nachhaken. Zudem hat es bei der Beschulung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen zu Beginn eine gute Absprache zwischen den Klassenlehrpersonen und den Speziallehrkräften gebraucht. Ab der zweiten Woche wurden gute Lösungen gefunden wie beispielsweise, dass die Heilpädagogen die Kinder mit angepassten Programmen beschulen.»
Chanton: «Bei Familien mit mehreren Kindern oder bei Eltern im Homeoffice mussten wir darauf achten, dass der Computer zu Hause nicht zu oft für die Schule im Einsatz stand. Es musste für Familien möglich sein, den Empfang des Materials und das Ausführen von Aufträgen möglichst gut mit den Jobs der Eltern abstimmen zu können. Zudem gab es in seltenen Fällen Familien, die aus unterschiedlichen Gründen gar keinen Computer oder Drucker besitzen. Hier brauchte es kreativere Lösungsansätze.»
Wyer: «Natürlich mussten technische Herausforderungen angegangen werden. Sicher stellt uns auch die Unterstützung von Schülerinnen und Schülern mit Lernschwierigkeiten oder Motivationsproblemen vor Herausfor-
derungen. In diesem Fall stehen uns
die schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen oder die Schulsozialarbeit zur Verfügung. Insgesamt wurden wir immer so schnell wie möglich von den vorgesetzten Behörden informiert. Es ist aber nicht zu vergessen, dass wir uns in einer Krisensituation befinden und daher nicht alles voraussehbar ist.»
Was für Rückmeldungen kamen von den Eltern?
Schmid: «Wir informieren die Eltern über den Kanal unserer Homepage. Es kamen seitens der Eltern Feedbacks über E-Mail und Telefonate. Auch persönliche Gespräche fanden statt. Alle Eltern sehen das Homeschooling als Herausforderung an. Die Situation belastet die Familien, aber durchaus auch im positiven Sinn. Die Beschulung aus der Ferne durch die Lehrpersonen bewerten alle Eltern als gut bis sehr gut.»
Wyer: «Wir hatten in den vergangenen Tagen positive Rückmeldungen der Eltern. Die Arbeit der Lehrpersonen wird geschätzt. Die Eltern sind besorgt, die Schülerinnen und Schüler kompetent zu unterstützen. Der enge Kontakt zwischen den Lehrpersonen und dem Elternhaus und das Interview auf Kanal 9 der Adjunktin der Dienststelle für Unterrichtswesen konnten diese Zweifel ausräumen.»
Chanton: «Die Rückmeldungen waren praktisch ausnahmslos sehr gut. Das Lehrerteam wurde sehr gelobt. Betreffend Schulstoff gab es selten Rückfragen. Es standen eher Fragen im Raum, ob es nicht doch eine Möglichkeit gäbe, das Kind irgendwie in die Schule zu bringen, oder wer allenfalls für die Druckerkosten zu Hause aufkomme. In einem persönlichen Telefongespräch liess sich das immer klären und erklären. Besondere Zeiten verlangen von allen besonderes Verständnis.»
Arnold: «Die Begleitung von Kindern der unteren Stufen stellt eine noch grössere Herausforderung für die Eltern dar, da diese mehr Unterstützung benötigen. Nichtsdestotrotz schätzt die Mehrheit schulische Aufträge für zu Hause. Diese unterstützten die Findung eines rhythmisierten Tagesablaufs neben Freizeitaktivitäten, Hausarbeiten und Medienkonsum. Die Eltern sind jedoch dankbar, wenn die Aufträge klar, abwechslungsreich und in einem vernünftigen Rahmen/Mass erteilt werden. Ein Grossteil arbeitet vormittags und nachmittags jeweils circa 90 Minuten für die Schularbeiten. Die Rückmeldungen zeigen insgesamt, dass die Kolibri-Schulen bezüglich Distance Teaching soweit gut unterwegs sind.»
Was für ein Fazit ziehen Sie jetzt vor Ostern nach vier Wochen Distance Learning?
Schmid: «Ein positives, die vier Wochen waren sehr herausfordernd und bereichernd. Wir werden dranbleiben,
es braucht Durchhaltewillen und Solidarität. Die Gesellschaft wird gestärkt aus der heutigen Situation herauskommen.»
Chanton: «Wir arbeiten bereits seit über sechs Jahren mit Office 365 und SharePoint-Lösungen, bei denen Materialien in der Cloud abgelegt sind. Die Corona-Krise zeigt nun, dass wir bei der Digitalisierung der Schulen Brig Süd auf dem richtigen Weg sind und die Überlegungen korrekt waren. Daran wollen wir weiterarbeiten.»
Wyer: «Ich kann allen Beteiligten ein grosses Lob für Ihre Arbeit, Mitarbeit und ihren Einsatz aussprechen. Natürlich kann das Homeschooling nicht mit dem regulären Präsenzunterricht verglichen werden. Die überwiegende Mehrheit der Kinder und Jugendlichen nehmen die Lernangebote sehr gewissenhaft wahr. Die Schulregion Leuk holt aus der aktuellen Situation mit vereinten Kräften das Bestmögliche heraus.»
Arnold: «Alle Beteiligten haben bisher ihr Möglichstes unternommen, sich den Herausforderungen der Corona-Krise entgegenzustellen, indem sie sich an die Vorgaben des Bundes, der Dienststelle für Unterrichtswesen sowie der Gemeinden gehalten haben. Eltern, Schülerinnen und Schüler, Lehrpersonen, Schulleitungen, das Schulinspektorat, kantonale wie kommunale Behörden zeigen die nötige Geduld, Vernunft und einen unermüdlichen Einsatz, in dieser ausserordentlichen Situation positiv zu bleiben und nach Lösungen zu suchen. Die bisherigen schulischen Massnahmen erweisen sich als gangbarer Weg in einer derartigen Notsituation.»
Daniel Zumoberhaus
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