Extremsport | Profi-Freerider Samuel Anthamatten nach seiner Rückkehr von Filmaufnahmen in Alaska

«Estelle Balets Tod hat uns geschockt»

Profi-Freerider Samuel Anthmatten: «Du siehst, es ist möglich die Linie zu fahren und versuchst es. Wenn du das mit richtigen Entscheiden umsetzen kannst, ist das ein gigantisches Gefühl».
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Profi-Freerider Samuel Anthmatten: «Du siehst, es ist möglich die Linie zu fahren und versuchst es. Wenn du das mit richtigen Entscheiden umsetzen kannst, ist das ein gigantisches Gefühl».
Foto: zvg

Profi-Freerider Samuel Anthmatten: «Auf dem Level der Profis besteht grundsätzlich ein erhöhtes Risiko».
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Profi-Freerider Samuel Anthmatten: «Auf dem Level der Profis besteht grundsätzlich ein erhöhtes Risiko».
Foto: zvg

Das Streben nach der perfekten Linie: Samuel Anthamatten in einer Bergflanke in Alaska.
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Das Streben nach der perfekten Linie: Samuel Anthamatten in einer Bergflanke in Alaska.
Foto:

Quelle: 1815.ch 27.04.16 3
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Samuel Anthamatten (30) aus Zermatt ist professioneller Freerider und stürzt sich am liebsten auf Skiern an steilsten Bergflanken in die Tiefe. Für Stubenhocker ist nur schwerlich nachzuvollziehen, wie Sportler derartige Risiken eingehen können.

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  • Freeride-Weltmeisterin Estelle Balet in den Tod gerissen

Der Lawinentod der 21-jährigen Freeride-Weltmeisterin Estelle Balet bei Filmaufnahmen in Orsières in der vergangenen Woche hat den Blick einer breiten Öffentlichkeit auf die enormen Risiken geschärft, welche die weltbesten Freerider in der schrillen Sponsoren-Welt für Outdoorsport-Equipment vermeintlich auf sich nehmen. Zu ihnen zählt auch der 30-jährige Samuel Anthamatten aus Zermatt. Ihn hat die Nachricht vom Tod von Balet, die er gut kannte, inmitten von Dreharbeiten für einen Freeride-Film in Alaska erreicht. Am Sonntag ist er nach Zermatt zurückgekehrt, um hier im Wallis an einem weiteren Filmprojekt mitzuwirken.

Samuel Anthamatten, wie haben Sie vom Unglück von Freeriderin Estelle Balet erfahren?

«Ich befand mich am Unglückstag für Freeride-Filmaufnahmen in Alaska. Unser Team war für vier Tage auf einem Gletscher von jeglicher Kommunikation abgeschnitten. Erst zwei Tage nach dem Unglück bei der Rückkehr in unsere Basis bei Haines haben wir vom Tod von Estelle über die sozialen Medien erfahren. Das war natürlich ein Schock für alle.»

Was hat der Tod von Balet in diesen Momenten in Ihnen ausgelöst?

«Am Anfang steht sicher die Trauer über den Verlust eines Menschen, den man gekannt hat. Gleichzeitig kocht auch Wut hoch auf das, was geschehen ist. Schlussendlich aber ist für mich immer wichtig zu verstehen, was passiert ist und warum es geschehen ist.»

Zu welchen Schlüssen sind Sie gelangt?

«Zum Unglückshergang habe ich lediglich Infos aus den Medien sowie von einem Kollegen. Ich kann dazu nur sagen, dass ich an dieser Wand vor wenigen Jahren vorbeigeflogen bin, um dort Filmaufnahmen zu machen. Eigentlich ist die Linie keine grosse Sache. Ausser jene Stelle, wo Estelle in die Wand hineingefahren und vom Schneebrett erfasst worden ist. Das grosse Problem dabei war, dass für das Schneebrett kein Auslauf bestand. Die Schneenmassen wurden in ein grosses Couloir gelenkt, wo Estelle förmlich hinuntergespült wurde. Eigentlich muss das Unglück eher als Absturz gewertet werden.»

Wenn das Couloir nicht gewesen wäre, hätte Balet also eine Überlebenschance gehabt?

«Das eher kleine Schneebrett wäre irgendwann zum Stillstand gekommen. Wie bei jedem normalen Lawinenniedergang mit Verschütteten hätte sie rasch geortet und aus den Schneemassen befreit werden können. Die Überlebenschance ist so ungleich grösser, als wenn ein Mensch über 1000 Meter von Schneemassen ein Couloir hinuntergerissen wirst.»

Wieso sind Sie die Wand in Orsières seinerzeit nicht hinuntergefahren?

«An jenem Tag waren die Schneeverhältnisse nicht optimal, sodass wir verzichtet haben.»

Sie sind am Sonntag von Filmaufnahmen in Alaska nach Zermatt zurückgekehrt. Was haben Sie dort gedreht?

«Der dreiwöchige Trip nach Alaska ist von unserem Sponsor North Face finanziert worden. Neben mir sind zwei weitere Skifahrer und ein Snowboarder angefragt worden. Eine grosse Chance für mich. Aus den abgedrehten Sequenzen wird ein Film zusammengeschnitten, der in den nächsten Jahren erscheinen soll. Eine kleine Geschichte in der Länge von acht bis zwölf Minuten, in dem schönes Skifahren gezeigt wird.»

Wie laufen diese Filmaufnahmen ab, wie weit können Sie als Fahrer beim Drehbuch mitentscheiden?

«Meistens besteht kein Drehbuch. Beim Filmdreh in Alaska hatte der Sponsor die Idee dazu, oftmals aber entwickeln auch wir Freeriding-Projekte, die wir unseren Sponsoren vorschlagen. So war das zum Beispiel bei Estelle Balet der Fall. Sie hat die Abfahrt bei Orsières ihrem Sponsor präsentiert und dafür das Einverständnis und die erforderlichen Mittel zugesprochen erhalten.»

Wer entscheidet, wo gefahren wird?

«Wir hatten ein Budget, welches die Produktion zur Verfügung stellt. In unserem Fall waren zwei Kameraleute, einer davon als Produktionsmanager, und ein Fotograf mit von der Partie. Sie geben lediglich das Gebiet vor, in dem gedreht werden soll. So werden auch alle meine Kosten für Flüge, Übernachtungen und Essen finanziert. Welche Freeride-Linien ich fahre, ist hingegen immer meine eigene Entscheidung.»

In Alaska waren Sie in unbekanntem Gebiet unterwegs. Wer berät Sie dort sicherheitstechnisch?

«Wir standen jeweils mit einem lokalen Bergführer in Kontakt, um die Hänge richtig einzuschätzen. So ist man stets auch immer am Abwägen, was möglich ist und was nicht. Das war bei Estelle Balet vor ihrem Entscheid, die Wand zu fahren, sicher ebenso der Fall. Letztlich aber war es ihre Entscheidung zu fahren oder nicht. Das ist das Wichtigste in Bezug auf unser Sponsoring, dass niemand gepusht wird.»

Wo setzen Sie Grenzen? Was muss stimmen, bevor Sie in eine Wand hineinfahren?

«Bei den Linien, die wir auf unserem Level fahren, besteht grundsätzlich ein erhöhtes Risiko. Wenn ich das Gegenteil sagen würde, würde ich mich selbst anlügen. Schlussendlich versuche ich dieses erhöhte Risiko so weit zu minimieren, dass es für mich akzeptabel ist.»

Das heisst?

«Ich bereite mich körperlich so vor, dass ich topfit bin und über die skifahrerische Technik für die gewählte Linie verfüge. Grundvoraussetzungen, die stimmen müssen. Am Tag X muss das Wetter stimmen und es darf keine erhöhte Lawinengefahr herrschen. Ein Prozess der sich über Tage und Wochen hinzieht. Und klar, wenn man über Wochen eine Linie plant und viel Energie in das Projekt investiert, ist es im entscheidenden Moment schwierig, nein zu sagen. Zumal man für diesen Tag auch einen Filmer und einen Fotografen engagiert hat sowie einen Heli, der pro Stunde 2500 Franken kostet. Faktoren, die man sicher nicht in die Risikoberuteilung einbezieht, dich aber indirekt beeinflussen.»

Vor einigen Jahren haben Sie als Erster die Südwand des Weisshorns mit Ski durchfahren. Was motiviert Sie zu solch aussergewöhnlichen Leistungen?

«Der Reiz daran ist, dass unsere Berge so viele schöne Freeride-Linien bieten, welche fahrbar sind, wenn die Verhältnisse stimmen. Du siehst, es ist möglich und versuchst es. Wenn du das mit richtigen Entscheiden umsetzen kannst, ist das ein gigantisches Gefühl. Ein Gefühl, dass auch die Matterhorn-Besteiger gehabt haben müssen, nachdem sie das scheinbar Unmögliche als Erste geschafft haben. Im Freeriden suche ich nicht meine Grenzen, sondern das Machbare, was einem steten Abschätzen von Möglichkeiten und Risiken gleichkommt.»

Sie können auf ein fixes Einkommen von Ihren Sponsoren zählen. Ermöglicht dies ein gutes Leben?

«Reich wird man sicher nicht dabei, aber ich kann gut davon leben. Gleichzeitig aber kann ich mir einen Traum erfüllen. So gesehen führe ich ein Luxusleben.»

Was steht als nächstes Projekt an?

«Wir arbeiten in der kommenden Zeit an einem Filmprojekt von Jérémie Heitz aus Les Marécottes, welches wir bis Mitte Juni in den Walliser Bergen zu Ende führen wollen.»

zen
27. April 2016, 09:00
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Kommentare

  • michi - vor 9 Jahre ↑8↓16

    Was hat der Sinnlose ohne Hirnsport mit Stubenhocker zu tun? Sport wo jede Fahrt eine Gefahr von 50%50 bring.Stunenhocker

    antworten

  • Walliser - vor 9 Jahre ↑27↓13

    Werter Schreiber dieses Artikels. In ihrer Einleitung bezeichnen Sie Menschen, welche nicht ihr Leben aus Leichtsinn riskieren Stubenhocker. Meinen Sie das im Ernst? Da frage ich mich wo Sie Ihre journalistische Recherchen gemacht haben. Im Gegenteil ich würde diese Menschen als äussert vernünftig und nicht ICH orientiert bezeichnen. Oder wird diese Kommentar jetzt zensiert?

    antworten

    • zen - vor 9 Jahre ↑5↓1

      Guten Abend Walliser

      Der Begriff Stubenhocker in der Einleitung zum Interview war schlecht gewählt, weil er nicht bei jedem Leser positiv besetzt ist. Ich sitze eben gern in der Stube :))

      Die Aussagen von S.A., der sich aus der Komfortzone heraus an das Machbare mit Minimierung des erhöhten Risiko wagt, haben mir zumindest gezeigt, dass der Zermatter sehr wohl weiss, was er tut, und sich damit seinen Traum in Eigenverantwortung erfüllt. Was spricht dagegen?

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