Bezahlen | Nach 110 Jahren
Das Aus für rote und orange Einzahlungsscheine
In Zukunft gibt es keine roten und orangen Einzahlungscheine mehr. Bis ins Jahr 2022 sollen diese gänzlich verschwinden. Neu wird es nur mehr weisse Scheine geben.
Vor 110 Jahren wurden farbige Einzahlungsscheine ins Leben gerufen. Anfangs waren sie grün, nachher blau, dann wieder grün und schlussendlich rot und orange. Nun haben auch letztgenannte ihr Lebensalter erreicht. Ende Juni verschwinden diese allmählich bis 2022 aus dem buchhalterischen Prozess von Privatpersonen und Finanzinstituten. Der neue Einzahlungsschein erscheint ab dem 30. Juni ganz farblos. Weiss und mit einem QR-Code versehen. In Letzterem sind sämtliche Informationen enthalten, die es braucht, um die Rechnung zu stellen und zu zahlen. Kein Abtippen von der langen Referenznummer und keine dreifache Prüfung des zu bezahlenden Betrags mehr. Weniger manuell - mehr digital.
Für Konsumenten ändert sich, abgesehen von der Erscheinung, aber nichts, versichert Andreas Baer, Produktmanager Zahlungsverkehr Raiffeisen Schweiz. «Auf dem weissen Einzahlungsschein sind immer noch alle Informationen aufgedruckt. Sprich: Kontonummer, Adresse, Referenznummer. Der Kunde kann weiterhin damit auf die Bank, auf die Post oder zu Hause sein E-Banking machen.» Der neue Beleg sei sogar besser als vorhin - komplett digitalisierbar. Durch den QR-Code könne der Zahlende diesen per Handy oder Lesegerät einscannen und die Rechnung direkt erfassen. Alle Daten seien nun vollständig drauf, so Baer. Die neue Farbe ermögliche es dem Rechnungssteller ausserdem, die Rechnung ohne spezielles Papier auszudrucken.
Dass der Gewöhnungsprozess des Kunden lang dauern kann, dem ist sich auch Boris Brunner, Head Account & Partner Management, Banking Services, SIX, bewusst. «Die grösste Herausforderung besteht darin, die Gewohnheit der Nutzer zu ändern.» Jeder habe sich daran gewöhnt, dass die alten Scheine orange und rot sind. Zudem wisse jeder Kunde, wie er damit umzugehen habe. «Eine Gewohnheit verändert man nicht von heute auf morgen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die heutigen Einzahlungsscheine praktisch ein Kulturgut sind.»
Eigentlich hätte der neue Schein bereits letztes Jahr eingeführt werden sollen. Durch Anmerkungen von Testnutzern mussten die Verantwortlichen aber nochmals über die Bücher. Zusätzliche Interviews mit Behindertenorganisationen, Wirtschaftsverbänden, Konsumenten- und Spendenorganisationen wurden geführt, damit die Fehlerquote gegen null steuert.
In Zukunft wird der Beleg von rund acht Millionen Privaten und rund einer halben Million Firmenkunden, öffentlichen Verwaltungen und Banken benutzt. Für Letztere ändert sich im Gegensatz zu Privatkunden einiges. «Erstens ist der Beleg faktisch fehlerfrei verarbeitbar und er ist zu 100 Prozent digitalisierbar.» Für Banken ein vereinfachter Arbeitsprozess.
Doch nicht nur Geldinstitute werden die Veränderung spüren, sondern auch Firmen, die mit einer Software arbeiten. «Wenn eine Firma, die Vorteile der Digitalisierung nutzen möchte, dann müssen diese die Software entsprechend anpassen. Die Upgrades sind bereits jetzt vorhanden.» Die Umstellung werde für Firmen etwas kosten, sagt Andreas Baer von der Raiffeisen. Wie hoch der Betrag aber sein wird, ist noch nicht klar. «Die Software-Branche sollte die Kosten aber nicht in die Höhe treiben. Vor allem weil die Veränderung den ganzen Finanzplatz betrifft.» Technisch müssen Firmen ihre Software upgraden. Das ISO-Format muss in die bestehenden Systeme integriert werden. «Technisch keine grosse Sache», so Baer.
Dann heisst es also für die roten und orangen Einzahlungscheine in Zukunft - nächster Halt: Museum.
sr
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