Naturgefahren | Weite Teile des Dorfes in der roten Zone
Dämme sollen Herbriggen schützen
Wie der Entwurf einer neuen Gefahrenkarte aufzeigt, wird Herbriggen durch Gesteinsbewegungen auf der östlichen Talseite bedroht. Im Dorf gilt deshalb faktisch ein Baustopp.
Am Mittwochabend wurde die Bevölkerung in der Mehrzweckhalle von Herbriggen über die neu erstellte Gefahrenkarte sowie die geplanten Massnahmen zum Schutz der Häuser informiert. «Das Untersuchungsgebiet umfasst das Gebiet oberhalb des Dorfs an der östlichen Talseite. Es ist geprägt von mehreren hundert Meter hohen Felsstufen und Wänden, die durch Bänder unterteilt sind. Darüber liegt die Rutschung Längenschnee», erklärt Eric Pointner, der zuständige Geologe bei der Rovina + Partner AG, im Gespräch mit 1815.ch. Er war für die Erarbeitung der Gefahrenkarte zuständig.
Im Bereich dieser Rutschung fliesse eine grosse Gesteinsmenge kontinuierlich vorwärts in Richtung Abbruchkante – darunter bis zu 600 Kubik grosse Brocken. Auch der 800-Kubik-Block, der Ende 2014 gesichert werden musste und dabei für Schlagzeilen sorgte, liegt innerhalb dieser Rutschung. «Da man davon ausgehen musste, dass dieser Brocken in eins bis drei Jahren abstürzen könnte, wurde er damals durch eine Sofortmassnahme mit 60 Kubik Beton unterfangen und zusätzlich mit Vorspannankern verankert», so Pointner. Seither habe er sich nicht mehr bewegt, wie entsprechende Überwachungen gezeigt hätten.
30 Zentimeter im Jahr
Allerdings ist das Gestein rund um den Block weiterhin in Bewegung. «Im Prinzip liegt in der Region endlos viel Material, das wie durch einen kontinuierlichen Motor gegen die Abbruchkante gedrückt wird.» Die Bewegung sei aber nicht neu. «Anhand von Luftbildaufnahmen sowie GPS‐Messdaten der Uni Fribourg weiss man, dass sich das Material im Gebiet seit mindestens 40 Jahren bewegt. Sicher mit ein Grund dafür ist die steigende Permafrostgrenze, welche diesen Prozess zusätzlich beschleunigt.» Vor wenigen Jahren in der Region Längenschnee installierte GPS-Sonden der ETH zeigen, dass sich das Gestein im mittleren Bereich jährlich um beinahe 30 Zentimeter vorwärts bewegt. Das ist fast doppelt so schnell wie zu Beginn der Messungen.
Für die Einwohner in Herbriggen sind Felsstürze in diesem Gebiet indes nichts Neues. «Vor allem in den Monaten nach der Schneeschmelze oder bei starken Gewittern können seit jeher Steinschläge beobachtet werden. Bislang sind allerdings nie Sturzblöcke bis ins Dorf gelangt.» Für die Erarbeitung der Gefahrenkarte mussten deshalb mehrere Szenarien mit verschiedenen Gesteinsgrössen durchgespielt werden. «Die Sturzbahn ist so steil und durch Felsen unterteilt, dass auch grössere Brocken unterwegs zerteilt werden. Hinzu kommt, dass das meiste Gestein in Richtung Fallzug abgelenkt wird. Allerdings bleibt ein Risiko bestehen, wonach gerade grössere Blöcke bis ins Dorf gelangen könnten», so Pointner.
Drei mögliche Varianten
Aufgrund dieser Ausgangslage liegt praktisch das gesamte Dorfgebiet oberhalb der Kantonsstrasse zwischen Bielzug im Norden und Fallzug im Süden in der roten Zone und ist von einem Baustopp betroffen. Durch entsprechende Schutzmassnahmen soll dieser Situation aber entgegengewirkt werden. «Im Rahmen einer Vorstudie wurden drei mögliche Varianten ausgearbeitet», erklärt Daniel Bumann vom IBR Ingenieurbüro, das für die Erarbeitung des Massnahmenplans zuständig ist. «Zwei Varianten sehen ausschliesslich Steinschlagschutzdämme vor, während eine weitere eine Kombination mit Netzen beinhaltet.» Je nach Variante sollen die vier bis fünf Meter hohen Dämme am Hangfuss näher oder etwas weiter oberhalb des Dorfes angelegt werden.
«Jede Variante hat ihre Vor- und Nachteile. Wir empfehlen aber die Variante, die nahe beim Dorf liegt. Dadurch ist der Unterhalt einfacher und zugleich ein optimaler Schutz gewährleistet», betont Pointner. Schutzmassnahmen direkt im Anrissgebiet seien aufgrund der Grösse der Fläche nicht möglich. «Auch wenn das Dorf bislang verschont blieb, sind die Massnahmen damit zu erklären, dass man eine Rutschung hat, die sehr aktiv ist», erklärt der Fachmann weiter. Auch die Zaniglaser Gemeindepräsidentin Gaby Fux-Brantschen betont die Wichtigkeit des Schutzvorhabens und hofft auf das Verständnis der Bevölkerung. «Die Fakten liegen nun auf dem Tisch. Es war wichtig, die Bevölkerung sachlich über die mittelfristige Gefährdung zu informieren. Mir liegt viel daran, dass die Massnahmen raschmöglichst umgesetzt werden können.» Auch damit Bauprojekte nicht unnötig blockiert werden.
pmo
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Kommentare
Auch gebürtig - ↑8↓15
immer diese böse Gemeinde. Und was hätte es gebracht, wenn Sie die info schon früher gehabt hätten? Noch schnell den Boden verkauft an jemanden der die info nicht hatte?
Bald wird eh die svp die Macht übernehmen und dann werden plötzlich paradiesische Verhältnisse herrschen. Wetten, dass dann über Nacht die Problematik gelöst wird....
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Herbrigger - ↑4↓6
Was soll dieser Kommentar?Es geht hier überhaupt nicht darum,noch schnell ein Geschäft zu machen!Wenn man annehmen muss,dass man in der roten Zone lebt,dann will sicher jeder Gewissheit und die Fakten auf dem Tisch haben!Auch wenn sie vielleicht unangenehm sind!Herumgedrücke oder gar Dementi bringen doch nichts,wenn es schlussendlich doch anders rauskommt!Und zudem muss man sich in Zukunft fragen,wem man noch vertrauen oder glauben soll!Was wird einem noch verheimlicht?Wenn man die Bürger in Sachen Sicherheit im Ungewissen lässt und gar anlügt hat man als Behörde auf jeden Fall das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit verspielt!
gebürtige Herbriggerin - ↑11↓16
Das Gerücht,dass das Dorf in der roten Zone liege,ging schon eine Weile umher!
Näheres erfuhr man jedoch nicht,und von den Behörden wurde diese Sache bis gestern gar abgestritten! Eine Sauerei! Und traurig,das ich als ehemalige Herbriggerin und immer noch Bodenbesitzerin im Dorf erst über die Medien endlich Klarheit erhalte!!! Typisch Gemeinde St.Niklaus !!!!!
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