Kulturknatsch | Turbulenzen im Zeughaus Kultur Brig
Da haust das Zeug zum Zoff
BRIG-Glis | Vier Personalabgänge und die Kündigung an die Betriebsleiterin – was ist los im Zeughaus Kultur Brig?
Nathalie Benelli
Mit dem Ende der Zeughaus-Kultur-Spielsaison 2018/2019 kamen die Personalabgänge: Vier Mitarbeitende reichten die Kündigung ein und der Betriebsleiterin Iris Weder wurde gekündigt. Was läuft schief im Zeughaus Kultur? Wir fragten beim Präsidenten des Vereins Zeughaus Kultur Brig Hermann Anthamatten nach. «Der Vorstand hat sich für eine Neustrukturierung entschieden, nachdem eine gründliche Betriebsanalyse gemacht wurde. Wir wollen das Zeughaus Kultur auf gesunde betriebswirtschaftliche Beine stellen. Es herrscht Handlungsbedarf vor allem in der Personalführung und der Organisation. Dazu kommt, dass wir letzte Saison ein Defizit eingefahren haben.»
Man wisse die Verdienste von Iris Weder sehr zu schätzen, vor allem im Bereich Programmation und Kulturnetworking. «Wir hätten sie gerne in diesem Bereich weiterbeschäftigt. Wir haben ihr eine 50-Prozent-Stelle für die Programmation angeboten. Zusammen mit dem 20-Prozent-Mandat als Kulturdelegierte von Brig-Glis wäre sie auf ein 70-Prozent-Pensum gekommen. Leider hat sie das abgelehnt, was ich sehr bedaure», sagt Hermann Anthamatten.
Leistungsausweis
unbestritten
Der Leistungsausweis von Iris Weder kann sich durchaus sehen lassen. Sie hat das Zeughaus Kultur in den letzten Jahren als professionelles, innovatives Mehrspartenhaus positioniert. Sie suchte und pflegte den Austausch mit Unterwalliser und Deutschschweizer Institutionen und trieb Vermittlungsprojekte und partizipative Projekte voran. So entwickelte sie unter anderem den KinderKulturTreff für die ganz kleinen Zeughausbesucher und ihre Begleitpersonen. Dieses Projekt wurde vom Verband der Musikschulen Schweiz prämiert, erhielt den Kulturförderpreis der Stadtgemeinde Brig-Glis und wurde als «Best Practice Model» der Initiative «Lapurla – Kinder folgen ihrer Neugier» des Migros-Kulturprozents und der Hochschule der Künste Bern ausgezeichnet.
Im Regen
stehen gelassen
Iris Weder kann die Begründung der Kündigung nicht nachvollziehen. Sie sieht sich als Sündenbock. «Der Vorstand hat es unterlassen, dem Haus eine klare Strategie zu geben, und war mit seiner Aufgabe überfordert. Ich habe schon 2016 auf die Definition einer Strategie gepocht und auf die mangelnden finanziellen und personellen Ressourcen hingewiesen; ohne Ergebnis», sagt Iris Weder. Man habe sie im Regen stehen lassen. «Bei diesen knappen Mitteln lief das Personal schon mal am Limit.» Dabei hatte ein Expertenbericht dringend darauf hingewiesen: «Ein Aufschieben des ‹Problems› der jetzigen Situation der Mitarbeitenden, unter anderem wegen fehlenden ‹finanziellen› Ressourcen, wird voraussichtlich das Arbeitsklima weiterhin verschlechtern und eine Verbesserung der Zusammenarbeit erschweren oder gar verunmöglichen. Die Effizienz (Struktur) und Effektivität (Strategie) sollten vom Vorstand noch im zweiten Halbjahr 2018 aufeinander abgestimmt und optimiert werden.» Viel zu spät erst hätte man ein Vorstandsmitglied beauftragt, eine klare Strategie zu verfassen.
Unakzeptables Angebot
«Die Gespräche mit den Mitarbeitenden und die Untersuchung der Abläufe wurden von einem neuen Vorstandsmitglied durchgeführt, das gemäss Statuten noch nicht einmal von der Mitgliederversammlung gewählt worden ist, sondern stillschweigend nachgerutscht war. Eine neutrale Person hätte auch die Rolle des Vorstands untersucht. Das war hier nicht der Fall», kritisiert Iris Weder. Eine Budgetüberschreitung im Rahmen von 15 000 Franken hätte es gegeben, räumt Iris Weder ein. Ein Kulturbudget punktgenau zu erstellen, sei äusserst schwierig, da man immer mit Beiträgen von Stiftungen und der öffentlichen Hand rechne, die schwierig zu bestimmen seien. «Die Stelle, die man mir angeboten hatte, konnte ich unmöglich annehmen. Dieser Posten wäre mit viel weniger Verantwortung verbunden gewesen. Ich hätte unter dem neuen Betriebsleiter und der Programmkommission nur noch ausführende Arbeiten leisten können und eine Lohneinbusse von 30,7 Prozent in Kauf nehmen müssen. Darauf konnte ich wirklich nicht eingehen», sagt Iris Weder.
Kulturaffiner Betriebswirtschafter gesucht
Wie geht es nun weiter? «Wir haben die Stelle einer Betriebsleitung ausgeschrieben. Wir suchen eine Person, die kulturaffin ist, aber eine fundierte betriebswirtschaftliche Ausbildung mitbringt», sagt Hermann Anthamatten. Die Ausrichtung des Programms soll ähnlich bleiben wie bisher. Es wird also weiterhin Platz für ein urbanes Kulturangebot haben. «Die Aufgabe des Zeughauses Kultur ist es, einerseits dem professionellen Kulturschaffen Raum zu geben, andererseits regionale Amateurkünstler zu fördern. Auch wollen wir das Haus stärker als Tagungs- und Veranstaltungsort positionieren.» Ab 2020 wird das Zeughaus Kultur mehr Geld von der Stadtgemeinde zur Verfügung haben. Der Sockelbetrag wird erhöht. Damit unterstreicht man im Schloss die Bedeutung der Kulturstätte.
Vorplatz statt Parkplatz
Veränderungen wird es auch bei der Infrastruktur geben: «Diesen Herbst wird der Vorplatz mit einem Brunnen und Sitzgelegenheiten aufgewertet. Die Parkplätze auf der Nordseite des Gebäudes verschwinden, rund 17 Parkplätze im Westen bleiben», so Anthamatten. Die Stadtgemeinde hat mit dem Discounter Aldi eine Vereinbarung getroffen. Besucher des Zeughauses können in Zukunft das Parkhaus von Aldi benutzen. Die neue Organisation soll die Arbeit im September aufnehmen. Zurzeit läuft die Bewerbungsfrist.
Nathalie Benelli
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