Bundesratsentscheid | So reagieren Walliser Vertreter aus Politik und Wirtschaft auf das Massnahmenpaket des Bundes
«Kurzfristig ist der Bundesrat auf der richtigen Seite»
Der Bundesrat hat am Freitag sein Hilfspaket für die Schweizer Wirtschaft präsentiert. Es umfasst ingesamt 42 Milliarden Franken. Darin stehen 20 Milliarden für Überbrückungskredite zur Gewährleistung der Liquidität zur Verfügung. Des weitern hat der Bund beschlossen, die Karenzfrist für Kurzarbeit abzuschaffen und neu kommen auch Lehrlinge, Temporärangstellte und Saisonniers in den Genuss der Kurzarbeit. Aber auch für Geschäftsführende Laden- und Restaurantbetreiber sowie deren Ehepartner ist eine Lösung gefunden worden.
Christophe Darbellay, Staatsrat
«Das Corona-Paket des Bundesrat ist pragmatisch. Vielen Forderungen die wir mit der Tourismus-Branche anfangs März an den Bundesrat gestellt haben wurden aufgenommen. Wir haben in den letzten Wochen viel Lobbyarbeit vom Staatsrats mit Hilfe der Parlamentarier und der Branchen geleistet. Das hat funktioniert. Das Problem der Liquidität vieler Betriebe wurden durch einen Ausbau der Kurzarbeit und mit Bürgschaften entgegengewirkt. Eine Lösung für die Lehrlinge und die Selbstständiger ist endlich auf dem Tisch. Der Bundesrat lässt somit die Wirtschaft nicht im Stich. Der Kanton muss jetzt sehr rasch, d. h. anfangs nächster Woche, sein Massnahmenpaket als Ergänzung zum Bund schnüren. Wir hatten zum Teil sehr ähnliche Instrumente vorgesehen. Die Streichung von Wartefristen bei der Kurzarbeit war genau unsere Forderung vom 4. März. Das ist erfüllt. Ein guter Punkt. Noch wichtiger ist eine massive administrative Vereinfachung des Verfahrens für die Kurzarbeit. Über das Wochenende müssen wir die Details des Bundesratskonzept studieren. Das ist entscheidend damit wir gegen 3000 Walliser Unternehmungen die Kurzarbeit gefordert haben zeitgerecht bezahlen können. Ich begrüsse vor allem die Lösungen des Bundesrats für die Selbstständigen. Das Problem der Mieten und Pachten ist nicht gelöst und schwierig. Der Bund studiert, der Kanton auch. Sollte der Bund nichts vorschlagen, können wir uns eine kantonale Massnahmen überlegen.»
Roberto Schmidt, Staatsrat
«Das Paket ist sehr breit gefächert und deckt viele Forderungen, die wir in den letzten Tagen an den Bund gestellt haben, ab. Die rund 42 Milliarden des Bundes werden aber kaum ausreichen, um alle geplanten Massnahmen zu finanzieren. Wichtig ist es, dass der Bund mit einem ersten Paket rasch reagiert hat. Viele Leute brauchen schon anfangs April finanzielle Unterstützung. Vor allem freut mich, dass der Bund auch die Selbständigerwerbenden, die Unternehmen, den Tourismus, die Kulturschaffenden, die Sportverbände nicht vergessen hat. Vielen Inhabern von kleinen Geschäften, die keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung erhalten, kann so rasch geholfen werden. Der Staatsrat wird jetzt die Bundesmassnahmen genau analysieren und schauen, wo wir noch Lücken haben, die wir mit einem kantonalen Paket füllen müssen. Die Streichung der Karenzfrist bei Kurzarbeit ist in einer solchen ausserordentlichen Situation sicher richtig. Jeder Tag ohne Verdienst kann für die Unternehmen und Angestellten zu einem Problem werden. Das Problem der Mieten und Pachten ist effektiv noch nicht gelöst und für viele Mieter von Geschäftslokalen ein existentielles Problem. Bei der Sozialhilfe wird die Miete der Privatwohnung berücksichtigt. Es muss auch für die Mieter von Geschäftslokalitäten eine ausserordentliche Lösung gesucht werden. Der Staatsrat hat in diesem Sinne der Taskforce einen Auftrag erteilt.»
Markus Schmid, Präsident Walliser Hotelierverband
«Aus Sicht des Walliser Hotelier-Verbands sind mit dem Entscheid praktisch alle unsere Forderungen bezüglich Aufrechterhaltung der Liquidität erfüllt. Die Details müssen noch studiert werden. Bei 9 Verordnungen, welche erlassen wurden, wird das noch einige Tage dauern. Eine abschliessende Bewertung kann erst dann erfolgen. Das grosse Problem liegt bei den 20 Milliarden Franken für Überbrückungskrediten, die rasch gewährt werden. Wie ich eingangs erwähnt habe, erscheinen die Massnahmen bezüglich der Liquidität im Moment genügend. Allerdings braucht es ganz klar in einem zweiten Schritt auch Massnahmen, welche der zusätzlichen Verschuldung der Betriebe etwas entgegensetzt und für eine nachhaltige Entwicklung der Hotellerie und des Tourismus die Grundlagen schafft. So wird beispielsweise vom Kanton überlegt, ob die Amortisationen für NRP Kredite, welche momentan gestundet sind, erlassen werden sollen. Das Problem der Pachten und Mieten ist im Rahmen der Überbrückungskredite «gelöst». Auch hat der Bundesrat alle Parteien aufgefordert, miteinander zu sprechen und aufeinander zuzugehen. Wenn ein Restaurant wegen der Miete nicht überlebt, dann hat der Vermieter sicherlich ein grösseres Problem, einen Nachmieter zu finden.»
Beat Rieder, Ständerat
«Eine genaue Analyse braucht etwas mehr Zeit. Die Entscheide wurden erst vor kurzem erlassen und mehrere Verordnungen müssen noch überprüft werden. Der Bundesrat hat zurecht nachgebessert und mit 40 Milliarden Franken ist er meines Erachtens kurzfristig auf der richtigen Seite. Wichtig bei diesem Paket ist schnelles und effizientes Versorgen von Unternehmen, Arbeitern und Märkte mit Liquidität. Überbrückungskredite sind enorm wichtig, damit unsere Unternehmen nicht nachhaltig Schaden nehmen. Die Bedingungen werden entscheidend sein und müssen mit den Gewinnausfallentschädigungen koordiniert sein. Zusätzlich hilft selbstverständlich eine Sistierung von Steuerforderungen, auch bei der Mehrwertsteuer von Seiten Kanton und Bund. Die Ausdehnung der Entschädigungsmöglichkeiten auf Saisonniers, Lehrlinge und vor allem Selbständige ist für unseren Tourismuskanton essentiell und entspricht unseren Forderungen. Ob die Massnahmen ausreichen, ist schwierig abzuschätzen. Es hängt von der Dauer der angeordneten Massnahmen ab und wie schnell wir zur Normalität zurückkehren können. Fürs erste dürfte eine gewisse Beruhigung für die schwer geschädigten Unternehmen gegeben sein.»
Franz Ruppen, Nationalrat
«Stand Freitag spricht der Bundesrat Liquiditätshilfen von insgesamt 42 Milliarden Franken. Ob das ausreichen wird, wird sich weisen. Ich vermute nicht, aber ich begrüsse die Massnahmen. Auch, dass die Karenzfrist wegfällt und die Kurzarbeit generell ausgeweitet wird auf Lehrlinge, Temporäre und Befristete. Es zeigt aber auch, dass es für so ein Paket einen robusten Finanzhaushalt braucht. Einmal mehr bewahrheitet sich das Sprichwort: ‹Spare in der Zeit, so hast du in der Not›. Nun muss möglichst unbürokratisch vorgegangen werden. Es ist sehr zu begrüssen, dass auch Selbstständigerwerbende berücksichtigt und Härtefälle abgedeckt werden. Gleichzeitig muss überwacht werden, dass kein Missbrauch getrieben wird. Wichtig ist aber erstmal, dass geholfen wird. Nur mit Bürgschaften und Darlehen mit tiefem Zins ist das Problem aber nicht nachhaltig gelöst. Für gewisse Branchen wird es ‹A-fonds-perdu-Beiträge› brauchen. Denn Kleider und Schuhe können zu einem späteren Zeitpunkt gekauft werden, in der Gastronomie und im Tourismus können die Dienstleistungen im Sommer aber nicht doppelt angeboten werden um den Schaden zu verringern.»
Philipp Matthias Bregy, Nationalrat
«Die Stossrichtung ist absolut richtig. Unbürokratische Hilfe ist nun das Credo Nummer 1. Und zwar für alle: Einzelunternehmer, Selbstständigerwerbende, Lehrlinge, Grossunternehmen und so weiter. Wir müssen die Wirtschaft so gut wie möglich am Leben erhalten, damit sie nicht komplett abstirbt. Ich finde es gut, dass auch Überlegungen auf Einnahmensseite gemacht wurden, beispielsweise mit dem Zahlungsaufschub und den Sozialversicherungen. Generell müsste man sich überlegen, ob der Bund auf gewisse Gebühren und Steuern verzichten könnte, statt Gelder auszuschütten. Das wäre auch eine Variante. Es ist gut, dass der Bund Führungsverantwortung übernimmt und Unklarheiten bereinigt, damit die Kantone nicht einzeln vorpreschen. Andererseits muss der Bund die Kantone aber auch vorrangig kontaktieren und Rücksprache mit ihnen halten. Damit könnten Situationen wie die Hotelschliessungen, die der Walliser Staatsrat beschlossen und der Bundesrat kurz darauf aufgehoben hat, vermieden werden. Das war sehr unglücklich. Der Kanton Wallis hatte im Sinne des Tourismus zwar richtig entschieden, weil es den Hotels auch Kurzarbeit ermöglicht hätte.»
wek / awo
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