Wildtiere | 115 Jahre nach der Ausrottung durch Menschenhand
Bartgeier brüten erstmals im Oberwallis
Erstmals seit Beginn der Wiederansiedlung von Bartgeiern in der Schweiz 1991 hat sich auch bei der Population bei Leukerbad Nachwuchs eingestellt. Der Jungvogel ist einer von elf Bartgeiern, die schweizweit in diesem Frühjahr geschlüpft sind.
Der ein Monat alte Vogel wird im Horst in den schroffen und unzugänglichen Felsen bei Leukerbad von drei Bartgeiern umsorgt. «Während sich einer der Altvögel im Nest aufhält, bringen die beiden anderen Futter, das von Fallwild stammt, zum Brutplatz», erklärt Michael Schaad auf Anfrage des «Walliser Boten». Er ist bei der Stiftung Pro Bartgeier als Regionalkoordinator für die Westschweiz tätig. «Dass sich drei Tiere um den Nachwuchs kümmern, ist keine Seltenheit bei Bartgeiern.»
Jungfernflug im Sommer
«Bei einem der Elterntiere in Leukerbad gehen wir davon aus, dass es sich um Diana Valais handelt. Dieser Bartgeier wurde 1998 im Engadin ausgesetzt», so Schaad zur Herkunft eines Altvogels. Über die beiden anderen Bartgeier sei wenig bekannt.
Nach mehreren vergeblichen Brutversuch des Trios seit dem Winter 2010/11 handelt es sich beim Jungvogel um die erste Wildbrut im Oberwallis seit mehr als 100 Jahren. «Dieser ist etwa Mitte März nach einer rund zweimonatigen Brutzeit geschlüpft. In drei bis vier Monaten wird er flügge sein. Dann wird er sich noch so lange bei den Elterntieren aufhalten, bis sich diese wieder auf eine nächste Brut vorbereiten.» In Leukerbad könnte das schon im Monat Oktober der Fall sein. «Denn je länger Pärchen zusammenleben, um so erfolgreicher wird es in seinen Brutbemühungen.»
Vagabunden
Somit wird für den Leukerbadner Jungvogel im Herbst ein Vagabunden-Leben beginnen. «Weil Bartgeier erst im Alter von sieben Jahren zu brüten beginnen, sind sie bis zu diesem Alter nicht auf ein bestimmtes Revier fixiert», erklärt Schaad. Sie können so mühelos ihren Aufenthaltsort in kurzer Zeit etwa vom Wallis ins Engadin oder anderswo im gesamten Alpenbogen verlegen.
«Somit wird es auch schwierig für eine Region genaue Zahlen zur Population zu nennen.» Schaad geht aber davon aus, dass in den Westschweizer Alpen im Verlauf des Jahres rund 30 Bartgeier durchziehen und zu beobachten sind, schweizweit sind es rund 100 Vögel.
Zwei weitere Jungvögel im Mittelwallis
Sesshaft sind im Wallis derzeit drei Bartgeier-Pärchen beziehungsweise -Trios. Neben Leukerbad haben sich in der Derborence ebenfalls ein Dreierverbund sowie ein Paar dauerhaft etabliert. «Auch diese ziehen derzeit je ein Junges auf», weiss Schaad. Schweizweit hat sich in diesem Frühjahr bei elf von 14 etablierten Pärchen Nachwuchs eingestellt. Seit 1991 werden in den Schweizer Alpen junge Bartgeier ausgewildert. Doch erst im Jahr 2007 ist die erste Wildbrut in der Schweiz gelungen. Seither schlüpfen jährlich zwei bis acht Bartgeier in freier Wildbahn.
Ausrottung im Wallis ums Jahr 1900
Seit der Wiederansiedlung der Bartgeier in der Schweiz im Jahr 1991 könnte sich mit den jüngsten Bruterfolgen auch im Wallis wieder ein stabiler Bestand etablieren. Die riesigen Meisterflieger, die mit einer Flügelspannweite von bis zu drei Metern zu den grössten flugfähigen Vögel der Welt gehören, wurden wie anderswo auch im Wallis gegen Ende 19. Jahrhundert gnadenlos ausgerottet. «Nachweislich wurde im Februar 1886 einer der letzten Bartgeier des Wallis bei Visp tot aufgefunden. Das weibliche Tier fand man verendet neben einem vergifteten Fuchskadaver», kennt Schaad die leidvolle Geschichte der imposanten Greifvögel. «Zuvor wurde sein Partner vom bayrischen König Maximilian ll. erlegt.»
Der letzte Brutnachweis der ursprünglichen Bartgeier-Population im Wallis stammt von 1891. Die letzte nachweisliche Sichtung eines Bartgeiers im Oberwallis vor der Ausrottung stammt von 1899 auf der Varneralpe, im Unterwallis ist die letzte bei Martinach im Jahr 1900 datiert...
zen
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