Ringkuhkampf | Triumphiert sie am 1. Mai erneut?
Titelverteidigerin «Frégate» tritt mit starker Arthrose an
Oulens-sous-Echallens. An den letzten beiden nationalen Stechfesten überstrahlte «Frégate» alle anderen Kampfkühe und verblüffte mit ihrem besonders harten Kampfstil. Triumphiert sie am 1. Mai erneut, so zieht sie mit der legendären «Souris» gleich. Doch nebst der grossen Konkurrenz könnte sie vor allem ihre Arthrose daran hindern.
Zwar feierte Queen Elizabeth II. gestern in London ihren 90. Geburtstag, doch der WB hat sich nicht etwa in die englische Hauptstadt begeben, um ihr zu gratulieren, sondern machte sich auf den Weg nach Oulens-sous-Echallens, um der amtierenden Königin der Kampfkühe zu flattieren. Oulens–das ist ein verträumtes Waadtländer Dörfchen mitten in den hügeligen Feldern zwischen Lausanne und Yverdon. Dort wohnt Patrick Perroud, seines Zeichens Metzger und Viehhändler, der vor zwanzig Jahren vom Stechfest-Virus infiziert worden ist. Perroud hat «Frégate» am frühen Morgen des 11. Mai 2014 per Handschlag von ihrem damaligen Besitzer Bernard Constantin erworben. Letzterer hatte wohl nicht damit gerechnet, dass sein Tier in der Lage sein würde, sich noch gleichentags die höchste Krone im Ringkuh-Sport holen zu können.
«‹Frégate› gewinnt ihre Kämpfe nicht mit den Beinen, sondern mit ihrem Kopf»
Patrick Perroud
Nun, «Frégate» hat an jenem Tag alle eines Besseren belehrt. Um bloss ein Jahr später nachzudoppeln. Und wie! Die nur rund 640 Kilogramm schwere Kuh gewann ihre Kategorie II souverän und machte im Finale auch der weitaus schwereren «Caquette», einer wuchtigen Erscheinung mit stolzen 804 Kilogramm Kampfgewicht, den Garaus. Das Geheimnis von «Frégate»: Sie lässt sich nicht etwa auf ein kräftezehrendes Stossen und Schieben ein, sondern haut mit feudaler Wucht ihren Gegnerinnen mit harten, ruckartigen Bewegungen ihre Hörner in die Augengegend, sodass diese vor Schmerzen gepeinigt meist nach kurzer Zeit abdrehen und das Weite suchen.
Das ganz Besondere an ihrer letztjährigen Titelverteidigung: «Frégate» litt an Arthrose. «Das tut sie immer noch. Eine Arthrose verschwindet nicht einfach. Beide vorderen Fussgelenke sind betroffen. Schon im Februar 2015, also wenige Monate vor dem letztjährigen «Nationalen», war sie im Tierspital Bern. Der Tierarzt hat mir damals gesagt, die Kuh werde nie mehr kämpfen können», teilt Patrick Perroud mit. Dass sie ihren Titel dennoch hatte verteidigen können, überraschte auch ihn. «‹Frégate› gewinnt ihre Kämpfe nicht mit den Beinen oder ihrer Masse, sondern mit ihrem Kopf. Einerseits dank ihrem Kampfstil, andererseits dank ihrer enormen Mentalität. Sie gibt einfach nie auf. Und sie spürt beim Kampf ihre Schmerzen nicht», ist der 42-Jährige voll des Lobes.
Gut in Form sieht anders aus
Mit ihrer Titelverteidigung hat «Frégate» bereits Historisches geleistet: Sie ist erst die sechste Kampfkuh, die das Nationale zwei Mal für sich entscheiden konnte. Vor ihr schafften dies nur gerade «Ramona», «Tina», «Saphir», «Manhatan» und natürlich auch die legendäre «Souris», die das «Kantonale» sogar drei Mal hintereinander gewinnen konnte. Die grosse Gretchenfrage lautet deshalb: Kann «Frégate» mit «Souris» gleichziehen und sich auf eine Stufe mit der bis jetzt alles überragenden Kampfkuh stellen? Dochwer Frégate gestern gesehen hat, bei dem kommen so manche Zweifel auf. Denn das erst neunjährige Tier hatte Mühe, sich zu erheben und seinem Besitzer zu folgen. Schwerfällig und hinkend liess sie sich nur widerwillig auf der Frühjahrsweide herumführen. «‹Frégate› hatte bis vor zwei Wochen ihre Ruhe im Stall. Jetzt füttere ich ihr Kraftfutter zu, dass sie noch ein wenig Gewicht zulegt. Ein spezielles Training für das Finale mache ich aber nicht mit ihr. Sie kann auf der Weide tun und lassen, was sie will», so Perroud.
«Die Konkurrenz ist enorm»
Glaubt er selbst an eine erneut erfolgreiche Titelverteidigung? «Wenn sie wirklich kämpfen will, kann sie was erreichen, davon bin ich felsenfest überzeugt. Aber am Nationalenkann alles passieren. Die Konkurrenz ist enorm», so Perroud.
«‹Frégate› muss niemandem mehr etwas beweisen»
Patrick Perroud
Letztendlich entscheide die Tagesform. Ringkuhkampf sei schliesslich nicht Tennis, wo meist der Weltranglistenerste gewinne. Ein harter, schmerzhafter Schlag und schon drehe eine Kuh ab und wolle nicht mehr kämpfen. Das sei im Ring an der Tagesordnung, zeigt sich der Waadtländer realistisch. Ob seine «Frégate» das Triple holt, sei ihm so ziemlich egal, das hätte für ihn keinerlei Bedeutung: «‹Frégate› muss niemandem mehr etwas beweisen. Sollte sie ihren ersten Kampf verlieren und nicht mehr kämpfen wollen, so werde ich mit meinem Tier erhobenen Hauptes aus der Arena schreiten», sagt Perroud. Das wäre dann das Ende von «Frégate» als Kampfkuh. Sollte dies tatsächlich so eintreffen, werde sie auf einer seiner Weiden den wohlverdienten Ruhestand geniessen dürfen. So wie dies bereits die legendäre «Souris» hatte tun können.
Werner Koder
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