Walliser im Ausland | Walburga Baur-Stadler berichtet aus Südkalifornien

«Auch in der Schweiz ist alles ganz anders»

Walburga Baur-Stadler lebt seit 17 Jahren in Südkalifornien.
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Walburga Baur-Stadler lebt seit 17 Jahren in Südkalifornien.
Foto: zvg

Seit 17 Jahren lebt Walburga Baur-Stadler in Südkalifornien. Die 72-Jährige ist im Wallis aufgewachsen und seitdem hat es sie in alle Himmelsrichtungen verschlagen. Auf 1815.ch berichtet sie über stinkenden Zigarettenrauch am Zürcher Flughafen, «smarte» Kleinstwagen und den letzten Schrei in Schweizer Haushalten.

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Walburga Baur-Stadler (wbaur@roadrunner.com) hat sich nach zahlreichen Auslandserfahrungen vor 17 Jahren gemeinsam mit ihrem Mann in Südkalifornien niedergelassen, ausserhalb von Los Angeles, am Fuss der San Gabriel Berge.

Ihre Zeit widmet die 72-Jährige ihrem Garten, dem Malen und Singen. Auf 1815.ch berichtet sie in loser Reihenfolge über ihr Leben im Land der unbegrenzten Möglichkeiten:

«Wenn man nur alle zwei, drei Jahre zurück in die Schweiz kommt, fällt einem viel besser auf, was sich geändert hat. Diesmal hatte ich einen Notizblock bei mir. Hier ist meine Ausbeute:

Die Aussicht beim Anflug über Zürich. Natürlich sind hier die vielen Äcker und Äckerlein in diversen Grün- und Braun-Schattierungen. Dazwischen zahllose Dörfer und Weiler mit den Dorfkirchen. Daran erinnere ich mich selbstverständlich. Aber es hat viel mehr Wald. Überall. Und, jedenfalls aus der Luft, keine Spur von Waldsterben.

Im ganzen Flughafengebäude stinkt es nach Zigarettenrauch. Was denken die Europäer, die nach Kalifornien kommen? Hier darf man wirklich nirgends mehr rauchen. Nicht im Restaurant, nicht in öffentlichen Gebäuden oder Geschäftshäusern, weder am Strand noch in einem Sportstadion.

Unterwegs fallen uns die lustigen Reklametafeln auf, die geschickt diverse Produkte anpreisen. Hauptsächlich auf Englisch. Auch aus dem Radio tönt sehr vielfältige Musik. Man singt auf Deutsch, Französisch und Italienisch. Aber auch hier scheint Englisch die meistbenützte Sprache zu sein. Die Autos sind viel kleiner, ja direkt herzig. Jede Menge tummelt sich herum. Wie viele Leute in der Schweiz wohl wissen, dass 'smart' auf Deutsch 'schlau, schick, fein' heisst? Einmal mehr sind wir von den Benzinpreisen schockiert und sind uns einig, dass wir in der Schweiz ganz sicher auch zu den smarten Leuten zählen und einen Kleinstwagen fahren würden.

Ich lachte meinen Mann aus, weil ich dachte, er habe das Kindereinkaufswägeli erwischt! Dabei sind die Einkaufswagen im Lebensmittelgeschäft einfach viel kleiner. Kinderwagen hingegen sehen wie Rennautos aus. Jedermann ist berucksackt, selbst die Kleinsten tragen ihre Siebensachen stolz mit sich herum.

Man trinkt Prosecco anstatt Champagner. Ich glaube, ich bin die Einzige in der ganzen Schweiz, die mit weissen Turnschuhen herumläuft. Die Nussgipfel sind gerade, nicht mehr gebogen! Wir wissen schon, dass die 'Zwänzgerstückli' nicht mehr zwanzig Rappen kosten, aber jetzt: diese Preise!!! In den Gärten hat es immer mehr Malvensträuche.

Niemand hat einen Freund oder eine Freundin. Man hat jetzt Lebenspartner. Kein Wunder, wenn ein Bundesrat mit gutem Beispiel vorangeht! Auch sonst hat sich der Wortschatz verändert. Megageil ist gigageil und 'Das schiisst mich a' scheint salonfähig geworden zu sein. Wer früher ein Welschlandjahr absolvierte oder abenteuerlustig als Au-Pair nach England fuhr, der macht jetzt einen Stage in den USA oder verbringt einige Monate in Guatemala oder Bolivien. Jaja, die Welt ist zusammengeschrumpft.

In Visp, wo ich aufwuchs, wird der Dorfplatz bei jeder Rückkehr kleiner. Wie gut erinnere ich mich noch an die 1. August-Feier mit der grandiosen Pyramide des Turnvereins, die Turner in oh so eleganten weissen Keilhosen, ärmellosen Leibchen und den dünnsten Schühlein, die man sich vorstellen konnte. Und das alles bei bengalischer Beleuchtung! Schöner konnte es gar nicht mehr werden! Dieses Mal gingen wir mit Bekannten zu einem Brunch auf einen Bauernhof, die Bäuerin in prächtiger Sonntagstracht, aber barfuss. Nicht nur dort, sondern auch in den Restaurants hats Hunde.

Und wenn wir so eine Runde bei unseren Bekannten drehen, dann sehen wir auch, was das Neueste im Haushalt ist. Vor langer Zeit hatten alle plötzlich einen Luftbefeuchter. Dann kamen die Espresso-Kaffee-Maschinen und die Dampf-Bügeleisen. Und jetzt, wohl ein Zeichen der Rezession, macht jedermann sein eigenes Blöterliwasser und hat Feuchtigkeits-Tüchlein im WC. Nur Dusch-Fit scheint ein Dauerbrenner zu sein. Es ziert jedes Badezimmer.»

Als Vierjährige zog Walburga Baur-Stadler mit ihrer Familie ins Wallis, wo sie aufgewachsen ist und die Real- und Handelsschule im Institut St. Ursula in Brig besuchte. Nachdem sie zwei Jahre lang Sekretärin bei den Walliser Kraftwerken in Visp war, zog es sie nach Oxford, um Englisch zu lernen.

Danach trat Walburga Baur-Stadler eine Stelle beim Politischen Departement in Bern (heute: Departement für auswärtige Angelegenheiten) an und wurde in Belgien, Marokko, Thailand und Madagaskar als Sekretärin eingesetzt. Nach ihrem Wechsel in die konsularische Laufbahn kam es erneut zu Versetzungen: Mailand, Kongo, Peru, Costa Rica und Kalifornien, wo sie ihren Mann, einen Zürcher, kennenlernte und heiratete. Gemeinsam waren die beiden noch in Spanien und Argentinien, wo sich Baur-Stadler Ende 1998 im Grad einer Generalkonsulin frühzeitig pensionieren liess.

(Dieser Artikel ist zwischen 2003 und 2005 in der «Neuen Zürichsee-Zeitung» erschienen. Für 1815.ch wurde er von Walburga Baur-Stadler aktualisiert.)

13. Juli 2015, 07:00
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