Wirtschaft | Die Mitarbeiter der Arbeitslosenkasse arbeiten an sechs Tagen die Woche
Stresstest für die Arbeitslosenkassen
Wallis | So paradox es auch klingen mag: die Anträge für Kurzarbeit sorgen derzeit für viel Arbeit. Sogar für enorm viel Arbeit. Vor allem für die Mitarbeiter der Arbeitslosenkassen. Allein die kantonale Arbeitslosenkasse hat bis gestern über zehn Millionen Franken an Löhnen für die in Kurzarbeit geschickten Mitarbeiter schon ausbezahlt.
Wer für seine Mitarbeiter Kurzarbeit-Entschädigung ausbezahlt haben will, muss mit zwei Ämtern kommunizieren. Die Aufgabe der Dienststelle für Industrie, Handel und Arbeit ist es, die Anträge der Firmen zu prüfen und zu genehmigen. Die effektiven Zahlungen der in Kurzarbeit geschickten Mitarbeiter von Corona-betroffenen Betrieben hingegen werden von den Arbeitslosenkassen geleistet. Im Wallis sind drei Ausgleichskassen tätig: jene der beiden Gewerkschaften Syna und Unia sowie die öffentliche kantonale Arbeitslosenkasse.
Rückkehr der alten Garde und ihres Know-Hows
Letztere hat ihren langjährigen ehemaligen Chef für das Oberwallis, Josef In-Albon, aus dem Ruhestand zurückgeholt und ihn wegen des enormen Drucks, der momentan auf den Mitarbeitern der Arbeitslosenkassen ruht, quasi «Corona-bedingt» zurückrekrutiert. «Ja, das stimmt. Unsere Mitarbeiter leisten sehr viel und arbeiten an sechs Tagen die Woche, auch über das Osterwochende, um der Flut an Auszahlungen gerecht zu werden. Wir haben Sepp In-Albon zurückgeholt, weil es sich bei ihm um eine Person handelt, die über alle Kenntnisse rund um die Abwicklung von Arbeitslosengeldern besitzt. Er ist uns eine grosse Hilfe, sei es bei telefonischen Auskünften, bei e-mails oder bei der Behandlung der Auszahlungen. Auch für das Unterwallis haben wir auf eine Person zurückgegriffen, die bereits in Pension war, Frau Lucienne Farquet», teilt Jean-Claude Frésard, Direktor der kantonalen Arbeitslosenkasse, mit. Und weil beide reaktivierte Personen in der Corona-Risikogruppe sind, werde grosser Wert darauf gelegt, dass sie mit dem Privatfahrzeug zur Arbeit anreisen und allein in einem eigenen Büro arbeiten.
Explodierende Zahlen
Bis zum 3. April hat die kantonale Arbeitslosenkasse von der Dienststelle für Industrie, Handel und Arbeit DIHA 2237 genehmigte Kurzarbeitsanträge zugestellt erhalten. «Davon konnten wir bereits an 846 Firmen die Kurzarbeitsgelder ausbezahlen», teilt Frésard mit. Insgesamt hat die kantonale Arbeitslosenkasse inzwischen 10,3 Millionen Franken an Löhnen bezahlt. Das sind stolze Zahlen, die belegen, wie gross die Not der kleine und mittleren Unternehmungen in diesen Corona-verrückten Zeiten ist. Zum Vergleich: 2018 zahlte die Arbeitslosenkasse des Kantons nur 729’000 Franken an 39 Firmen, im letzten Jahr waren es 596’000 Franken an lediglich 13 Firmen.
Bei der Gewerkschaft Syna liegt die Lage sehr ähnlich. «Wir haben schweizweit zwei Kompetenzzentren für Kurzarbeit eingerichtet, welche jeweils gegen 600 Anträge bearbeiten, die bereits im System eingegeben sind. Stündlich kommen neue Anträge rein. Dies ist ein massiver Mehraufwand. In den letzten Jahren, wurden von Syna gesamtschweizerisch nur etwa 10 Anträge pro Jahr bearbeitet», teilt Syna-Regionalsekretär Juri Theler mit.
Vor allem die Kleinen haben etwas Mühe
Was den Verantwortlichen der Arbeitslosenkassen derzeit ins Auge sticht: «Auffallend ist, dass grössere Firmen, die einen ganzen HR-Apparat, also eine eigene Personalabteilung, in der Hinterhand haben praktisch keine Probleme mit den Anträgen haben. Es sind vor allem die kleinen Unternehmen, die nun erstmals mit dem Thema Kurzarbeit in Verbindung kommen, welche Mühe damit haben. Wir beantworten die Fragen für das Ausfüllen der Formulare so gut es geht», erklärt Juri Theler.
Wie schon erwähnt, muss die gesuchstellende Firma ihren Antrag an die DIHA schicken. Sobald diese den Antrag genehmigt, wird sowohl die Firma als auch die ausgewählte Kasse informiert, dass der Antrag angenommen worden ist. Anschliessend erhält die gesuchstellende Firma von der jeweiligen Kasse ein Begrüssungsschreiben samt den Formalitäten, die erfüllt werden müssen, bevor es an die Auszahlungen gehen kann.
Welche Formalitäten sind das konkret? « Das Formular ist stark vereinfacht worden. Wir unterstützen die Firmen aber auch telefonisch oder per e-mail», erklärt Jean-Claude Frésard mit. Wichtig seien dabei fünf Zahlen, die in einer Excel-Tabelle eingegeben werden müssen: das Total der Anzahl Mitarbeiter, die Anzahl der Mitarbeiter, für die Kurzarbeit beantragt wurde, die Anzahl der Arbeitsstunden, die normalerweise gearbeitet würde, die Anzahl der Arbeitsstunden, die infolge Betriebsschliessung nicht gearbeitet werden konnte sowie die Gesamt-Lohnsumme des betroffenen Monats. «Zusätzlich muss uns das Unternehmen die Lohnausweise vergangener Monate zusenden. Einen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung besteht nur, wenn die Ausfallstunden kontrollierbar sind. Dafür muss eine interne Stundenkontrolle geführt werden, in der alle gearbeiteten und nicht gearbeiteten Stunden aufgeführt werden», teilt der Direktor der kantonalen Arbeitslosenkasse mit. All diese Listen oder Rapporte müssen fünf Jahre aufbewahrt werden. Sämtliche Unterlagen müssen jeweils innert drei Monaten nach Ende der betroffenen Abrechnungsperiode bei der Kasse eingereicht werden, andernfalls verfällt der Anspruch. Dies gilt auch bei einer eventuellen Einsprache durch die kantonale Amtsstelle.
Juri Theler hebt hervor: «Die 5 verlangten Zahlen welche im Antrag angegeben werden, müssen Sinn ergeben, das heisst, die Berechnung muss nachvollziehbar sein. Für eine schnelle Abwicklung ist wichtig, dass komplette Dossiers gesandt werden und nicht alle zwei Tage ein Dokument. Auch sollten die Firmen ihre Formulare falls sie sie selbst im Internet herunterladen jeweils auf www.arbeit.swiss.ch die neusten Formulare verwenden».
Um rasche Auszahlung bemüht
Jean-Claude Frésard betont, dass sich seine Mitarbeiter derzeit alle erdenkliche Mühe geben, um die Auszahlungen so rasch wie möglich zu ermöglichen: «Wenn uns das Unternehmen alle notwendigen Angaben gegeben hat, so zahlen wir die Gelder in spätestens 48 Stunden aus, insofern unsere Kontrolle die Korrektheit der Angaben bestätigt hat.»
Infolge der Corona-Krise sind nicht nur Mitarbeitende, sondern auch Einzelunternehmer sowie Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften für Kurzarbeitsgelder bezugsberechtigt. Während erstere über die Erwerbsersatzordnung abgerechnet werden, sind Inhaber von GmbHs oder AGs bei den Arbeislosenkassen bezugsberechtigt. Maximal erhält der geschäftsführende Gesellschafter 3320 Franken. Wie sind diese Ansprüche einzureichen? «Beim Antrag sollte der Betrag von 4150 Franken eingesetzt werden. Dabei handelt es sich um den monatlichen Brutto-Maximalbetrag. 80 Prozent davon sind die erwähnten 3320 Franken, die maximal ausbezahlt werden», erklärt Jean-Claude Frésard.
Werner Koder
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Kommentare
Peter Fux, St. Niklaus VS - ↑1↓0
DANN HABEN DIE RAV-ANGASTELLTEN ETWAS ZU TUN!!
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