Interview | Zermatter Band «Vibez» auf Hochtouren
«Äs hed nisch gwohlet»
Die Zermatter Band «Vibez» mit Schlagzeuger Martin, Sängerin Mogli, Gitarrist Luk und Bassist Sam befindet sich auf Hochtouren. Mit der Veröffentlichung ihres Albums «Blood in my Veins» und dem Auftritt am Open Air Gampel konnten sie in kurzer Zeit mehrere Erfolge feiern.
Ihr habt heute zum ersten Mal in Gampel gespielt. Das Open Air Gampel ist schweizweit, aber vorallem im Oberwallis eine wichtige Angelegenheit, ausserdem ist das hier eurer Heimatspublikum. Was habt ihr kurz vor dem Auftritt gefühlt?
Mogli: «Die Nervosität hat sich im Rahmen gehalten. Die Leute, die hier verantwortlich sind, haben alles im Griff, so hatte ich auch keine Angst, dass etwas schiefgehen könnte. Wir waren auf alles gefasst und gut vorbereitet.»
Luk: «Kurz zuvor habe ich mich ganz normal gefühlt, aber als ich dann tatsächlich auf der Bühne stand habe ich mich zuerst einmal gefragt, ob das wirklich gerade passiert. Sobald der erste Ton gespielt war überwiegte wieder die Freude. Konzerterfahrung konnten wir schon zuvor sammeln, doch trotzdem war dieses Konzert etwas ganz besonderes.»
Was ist das Besondere am Open Air Gampel?
Luk: «Die Musiker, die hier auftreten, reden immer vom schönen Panorama. Was man als Zuschauer bereits faszinierend findet, nimmt man auf der Bühne noch viel intensiver wahr. Die Atmosphäre ist schon sehr speziell. Wir haben uns wohl gefühlt.»
Mogli: «Die Leute sind extrem aktiv. Das Publikum macht bei allem mit. Hätte ich einen Handstand verlangt, hätten einige vermutlich einen gemacht. Gerade mir als Sängerin gibt dies ein gutes Gefühl. Es ist schön zu sehen, dass die Leute Spass haben.»
Luk: «Ich würde sagen, dies war das beste Publikum, das wir bisher hatten.»
Was war euer Ziel des heutigen Auftritts?
Luk: «Uns liegt immer am meisten daran, den Moment zu geniessen. Das haben wir heute eindeutig geschafft.»
Ihr wollt durch die Texte eurer Songs auch bei den Zuhörern etwas bewirken. Wie schaftt ihr es, eure Botschaft so überzeugend herüberzubringen?
Mogli: «Das liegt vermutlich daran, dass es unsere eigene Überzeugung ist und nicht nur 'leeres Gelaber'. Wir müssen nichts erfinden und achten nicht darauf, was sich gut verkaufen könnte. Wir machen ehrliche Musik.»
Sam: «Wir schreiben über Dinge, die wir persönlich erlebt haben.»
Wie ist es, Texte mit sehr persönlichem Hintergründ zu schreiben in dem Wissen, dass sie fremde Menschen erreichen werden?
Mogli: «Bei Weitem nicht jeder Musikkonsument achtet auf den Text. Ich finde jedoch, dass jedes Lied aus beidem, dem Text und der Melodie besteht. Aber ich mache mir persönlich keine Gedanken darüber, ob ich zu viel über uns preisgebe.»
Was denkt ihr, ist der Hauptauslöser der verschwindenden Individualität in unserer Gesellschaft? Warum entwickeln so viele Menschen das Bedürfnis, sich anzupassen?
Luk: «Das liegt zu einem sehr grossen Teil an den sozialen Netzwerken, die uns heute zur Verfügung stehen. Obwohl sie viele positive Seiten an sich haben, ist das Leben dadurch viel vergleichbarer geworden. So wird vermittelt, wie man 'sein sollte'. Dieses Image ist so präsent, dass es schwierig ist, daraus auszubrechen.»
Mogli: «Der Mensch ist kein Einzelgänger - wir haben das natürliche Bedürfnis, dazuzugehören. So wollen viele Menschen mitziehen, um den Zug nicht zu verpassen.»
Luk: «Wir wollen die sozialen Medien auch nicht boykottieren, sondern die Menschen zum Hinterfragen anregen.»
Mogli: «Es gibt schliesslich auch Wichtigeres. Wenn ich im Urlaub bin rufe ich auch nicht meine Kollegen an, um ihnen mitzuteilen, was ich gerade esse. Warum sollte ich es also im Internet posten? Man kann auch einfach Freude daran haben und das gute Essen geniessen.»
Luk lachend: «Wir sind Genussmenschen.»
Wie sieht euer Prozess von der Idee zum Song aus?
Luk: «Es gibt zwei Szenarien: Entweder Mogli hat einen Text mit Ideen für Melodien auf Lager. Dann wird es von hier aus weiterentwickelt. Szenario zwei ist der 'Jam'. Wir Musiker beginnen spontan, etwas zu spielen. Vielleicht beginnt Mogli damit, etwas dazu zu summen und schreibt dann einen passendenText. Das funktioniert wohl so gut, weil wir schon so lange zusammen musizieren und gut miteinander arbeiten.»
Martin: «Man darf auf jeden Fall nichts erzwingen.»
Euer Stil ist sehr einmalig. Wie habt ihr euch zu dieser individuellen Stilrichtung entwickelt?
Luk: «Wir wurden unter anderem inspiriert von Red Hot Chili Peppers und Rage against the Machine. Dann hatten wir die Idee, Funk und Rap zu kombinieren. Wir haben einen guten Mix aus unseren eigenen Musikpräferänzen gefunden.»
Martin: «Wir haben uns relativ viel Zeit genommen, um diesen Stil zu finden. Zurückblickend hat sich dieser Aufwand definitiv gelohnt. Mogli, dein Idol ist Hayley Williams, Frontsängerin der Rock-Gruppe 'Paramore'.»
Du hast mit ihr die Position der Leadsängerin gemeinsam. Was wünschst du dir für die Zukunft für Frauen in der Musikszene?
Mogli: «Es ist ja ein aktuelles Thema, dass Festivals von Männern dominiert werden. Dies ist teilweise auch verständlich, da bei sehr vielen guten Bands nun einmal keine Frauen dabei sind. Den genauen Grund, warum relativ wenig Frauen dabei sind, kenne ich auch nicht, aber schlechter sind wir auf jeden Fall nicht. Ich wünsche mir einfach, dass jeder das macht und durchzieht, was er macht. Wenn man als Frau eine Band hat und spielen will, soll man das tun.»
Luk: «Ich wünsche mir, dass das Verhältnis ausgeglichener wird, denn es gibt eindeutig sehr gute weibliche Musikerinnen.»
Ihr habt kürzlich auch euer Album «Blood in my Veins» veröffentlicht? Wie habt ihr euch gefühlt, als ihr diesen Traum tatsächlich vor euch hattet?
Luk: «Wir machen seit zehn Jahren zusammen Musik. Wenn man dann schlussendlich dieses Produkt in den Händen hält, an dem man so intensiv gearbeitet hat, ist das schon ganz besonders.»
Sam: «Es war unbeschreiblich.»
Mogli: «Es war ein langer Prozess, den ganzen Stoff aufzunehmen. So wurden wir für all den Aufwand belohnt. Die ganze Arbeit ist in diese eine CD verpackt.»
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