Tourismus | Wie steht es um die Sommerauslastung im Oberwallis? Der WB fragte nach
«Wir erwarten einen Rekordsommer»
Wallis | Sommerferien: Sie sind aktuell das Gesprächsthema schlechthin. Die beliebtesten Sommerdestinationen quellen vor Gästen über. Ganz so rosig sieht es im Oberwallis zwar nicht aus: Die befragten Destinationen beurteilen das diesjährige Sommergeschäft aber durchaus positiv. In Zermatt winkt gar ein neuer Gästerekord.
Martin Schmidt
Das Wintergeschäft allein kann es schon länger nicht mehr richten. Da jedoch viele Oberwalliser Destinationen den Sommertourismus während Jahrzehnten vernachlässigt haben, hinkt die wärmste Jahreszeit – was die Logiernächtezahl und Wertschöpfung anbelangt – noch weit hinterher. Trotzdem setzte in jüngster Vergangenheit eine positive Trendwende ein, die sich in diesem Sommer fortzusetzen scheint.
Wird die Million geknackt?
Besonders erfreuliche Töne sind aus Zermatt zu hören: «Wir rechnen mit einem Rekordsommer», sagt der dortige Kurdirektor Daniel Luggen. Die Hoteliers seien sehr zufrieden. Gerade an Wochenenden sei man dank regelmässigen Anlässen und Sportevents gut ausgelastet. «Am Wochenende des Zermatt Marathons war die Destination beinahe voll», so Luggen. Und auch für das im August erstmalig stattfindende Stechfest in Zermatt sowie das 14. Zermatt Music Festival im September zeigten die Buchungen eine erfreuliche Richtung. Zudem trage die Forcierung des Biketourismus merkbar Früchte.
«Aktuell liegt der Fokus vermehrt auf dem euro-
päischen Markt»
Mit dem möglichen Rekord setzt sich eine jahrelange Entwicklung fort. In den letzten fünf bis sechs Jahren ist die Zahl der Sommerübernachtungen in der Destination Zermatt – bestehend aus den Gemeinden Zermatt, Täsch und Randa – um rund zehn Prozent auf 940 000 angestiegen. Damit entfallen 45 Prozent der Übernachtungen auf die Sommersaison. Zermatt profitiert dabei auch von einer jahrelangen Marktbearbeitung.
Dank der Zusammenarbeit mit dem Reisebüro Kuoni stieg die Zahl der japanischen Gäste in diesem Sommer um weitere 15 Prozent an. Das Wachstum auf den asiatischen und nordamerikanischen Märkten verlaufe ungebremst, so Luggen. Derzeit stammen 12,3 Prozent der Zermatter Gäste aus Asien. Viele von ihnen besuchen das Dorf, um schnell einen Blick aufs Matterhorn zu werfen. Damit der Anteil der Ausflugstouristen nicht drastisch zunimmt, wurde die Vermarktung in Asien deshalb ein wenig gedrosselt. «Aktuell liegt der Fokus wieder vermehrt auf dem europäischen Markt», sagt der Kurdirektor. Der europäische Markt stellt gegenwärtig 26 Prozent der Gäste. Weitere 40 Prozent kommen aus der Schweiz.
Saas-Fee mit gutem Juli
Auch Pascal Schär, Direktor der Saastal Tourismus AG, blickt positiv auf das Sommergeschäft: «Die Vorzeichen stehen gut, wenn man mit den Leistungsträgern spricht. Bisher konnten wir in Saas-Fee im Juli gegenüber dem Vorjahr einen Gästezuwachs von rund drei Prozent verzeichnen.» Und auch die Anfang 2017 gegründete Matterhorn Region AG, unter deren Dach sich die Destinationen Verbier, Leukerbad, Saas-Fee, die Aletsch Arena, die MGBahn und Valais/Wallis Promotion in Asien und Übersee vermarkten, mache sich langsam bemerkbar: «Wir stellen fest, dass deswegen immer wieder Gruppen nach Saas-Fee finden, wenn auch noch auf tiefem Niveau», so Schär. Im Gletscherdorf entfallen 60 Prozent der Logiernächte auf die Wintersaison und 40 Prozent auf den Sommer. Dabei sei im Sommer weniger die tiefere Gästezahl ein Problem als vielmehr der deutlich tiefere Umsatz. «Doch es ist unbedingt unser Ziel, die anderen Jahreszeiten zu stärken», sagt Schär weiter. Um die Attraktivität in der Sommerzeit anzukurbeln, setzt auch das Saastal auf Events. In dieser Woche wird dort der Donnschtig-Jass stattfinden. Im Herbst lockt man die Gäste mit Skitests und im August mit Wanderwochen: «Es gibt im Saastal Hotels, für die das Sommergeschäft wichtiger ist.»
Ganzjahresdestination
als Ziel
«Bei uns ist die Auslastung bisher besonders an den Wochenenden stark», sagt die Kommunikationschefin der Aletsch Arena Monika König-Gottsponer. Das Sommergeschäft mit einem hohen Anteil von kurzfristigen Buchungen sei aber stark wetterabhängig. Das interne Buchungssystem lasse jedoch auf einen positiven Trend für den Sommer schliessen, so König-Gottsponer weiter. Die Zahlen aus dem Juni 2017 konnten nicht wiederholt werden: Damals sorgte das Eidgenössische Jodlerfest für einen einmaligen Schub. Dafür wirken sich die 20 Aufführungen des Freilichtspiels «Der letzte Sander» und bei Mountainbikern der «Stoneman Glaciara», der heuer in die zweite Saison startet, positiv aus.
«Es ist unbedingt unser Ziel, die anderen Jahreszeiten zu stärken»
Pascal Schär
Direktor Saastal Tourismus AG
Die Verantwortlichen in der Aletsch Arena sehen im Sommertourismus ein gewaltiges Entwicklungspotenzial. Mittelfristig will man die Arena zu einer Ganzjahresdestination ausbauen. Ein Prozess, der viel Arbeit und Zeit in Anspruch nehmen wird. In diesem Frühling bot man in diesem Sinn mit den Bahnen Moosfluh und Eggishorn erstmals Frühlingsfahrten an. «Das Angebot kam gut an», sagt König-Gottsponer. Seit dem Beginn der offiziellen Sommersaison am 9. Juni stehen alle Gipfelbahnen in Betrieb.
In Leukerbad bewegt man sich bei den Übernachtungen in etwa auf dem Vorjahresniveau. «Im Juli konnten wir aber ein wenig bei den Bäder-Eintritten zulegen», so Jean-Pierre Rey, Direktor der My Leukerbad AG. Leukerbad ist dank der Bäder als Ganzjahresdestination etabliert. 45 Prozent der Gäste kommen im Sommer. Nichtsdestotrotz leidet man auch hier unter der schwächeren Wertschöpfung des Sommergeschäfts. Rey will den Sommer weiter stärken. Dabei setzt er auf Veranstaltungen wie die Alpen-Welle oder das Literaturfestival, aber auch auf den Gesundheitstourismus und die Leukerbad Card 365, die die ganzjährige Nutzung aller Bahnen und der beiden Thermalbäder erlaubt.
Ebenfalls auf Vorjahresniveau sind die Übernachtungszahlen im Lötschental. Rund 42 Prozent der Logiernächte werden hier im Sommer generiert. «Wobei es Gemeinden wie Blatten gibt, die im Sommer mehr Übernachtungen zählen», hält Adrian Schnyder, Direktor der Lötschental Marketing AG, fest. So richtig fängt die Sommersaison im Lötschental erst Mitte Juli an. «Dann sind die Schweizer von ihren Auslandferien zurück und kommen noch für ein paar Tage hierher», so Schnyder. «Deshalb ist bei uns vor allem der Herbst wichtig», ergänzt er. Und deshalb seien genauere Prognosen schwierig.
Der letztjährige Aufwärtstrend scheint sich fortzusetzen, und abgesehen von nicht beeinflussbaren Faktoren wie dem Eurokurs stehen die Vorzeichen für den Walliser Sommertourismus gemäss einer Studie von BAK Economics zukünftig gar noch besser.
Oberwallis attraktiver als Top 10?
In einer im Juni 2018 erschienenen Studie über den Oberwalliser Wirtschaftsraum kam BAK Economics zum Ergebnis, dass das Sommerangebot im Saastal, Aletsch und in Leukerbad sowie Zermatt über eine höhere Attraktivität verfügt als der Durchschnitt der zehn stärksten Alpendestinationen (zu denen auch Zermatt zählt). Dabei wurde das Sommerangebot aus dem Jahr 2015 verglichen. Bei der Ertragskraft hingegen schnitten die Destinationen (mit Ausnahme von Zermatt) deutlich schlechter ab als die Top 10. Das liege teilweise an der geringen Zahl an 4- und 5-Sterne-Hotels.
mas
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