FC Sitten | Trainingsstart, bekannte Gesichter und ein neuer Trainer
Der Arbeiter
Hans-Peter Berchtold
Die Sonne brennt unerbittlich. Sittens erste Trainingslektion: alles andere als ein lockerer Aufgalopp. Erst einmal eine nahrhafte Laufübung, bevor es richtig losgeht. «Im Fussball ist es wie im richtigen Leben», so Stéphane Henchoz. «Ohne harte Arbeit kannst du nichts erreichen.» Der neue Trainer zeigt schon mal, worum es bei ihm geht.
«Das Potenzial ist mehr wert
als ein Platz 8»
Er sei eben ein harter Arbeiter, so hat ihn Präsident Christian Constantin angepriesen. Als ob sich einige seiner (zahlreichen) Vorgänger hier diesbezüglich etwas zuschulden hätten kommen lassen. Stéphane Henchoz wird den Fussball beim FC Sitten allein mit harter Arbeit nicht neu erfinden können, und über die Dauer seiner Amtszeit hier werden früher oder später nur die Resultate entscheiden. Nicht die Art und Weise, wie man diese erreicht hat. Und doch kann der neue Trainer hier etwas bewirken, wenn er auf bedingungslosen Einsatz setzt. Ob da seine Künstler im Team mitziehen können oder wollen, das muss sich noch zeigen. Ein Adryan etwa beendet seine Laufübung gleich selber, vor allen anderen. Er kann, er mag ganz einfach nicht mehr.
Stéphane Henchoz ist kein Träumer. Er weiss, was ihn beim FC Sitten erwartet. Sein Credo, mit dem er Neuenburg Xamax in extremis in der Super League gehalten hat, das soll auch im Wallis greifen. Der Job hier war seine einzige Möglichkeit, in der obersten Schweizer Liga zu verbleiben, nachdem sein Abschied bei Xamax unverständlich früh und mit fadenscheinigen Argumenten verkündet wurde. Als Spieler war er eher beinharter Verteidiger denn Künstler, trotzdem hat er es zu 72 Länderspielen und Engagements beim HSV, bei den Glasgow Rangers oder beim grossen FC Liverpool gebracht. Henchoz hat mit eher bescheidenen Mitteln Grenzen verschoben, das will er auch als Trainer beim FC Sitten.
Bedingungen habe er keine gestellt, was das Kader betreffe. Sicher unterhielt er sich mit Constantin schon über Neuverpflichtungen, konkrete Forderungen seinerseits seien indes keine dabei gewesen. Kasami wollte Henchoz unbedingt behalten, das ist bekannt. Der muss sich wohl damit abfinden, weiterhin im Wallis zu bleiben. Trotz höheren, persönlichen Ambitionen, die woanders liegen als im beschaulichen Tal hier.
So präsentierte sich der
FC Sitten derzeit mit den altbekannten Problemen: ohne echten Abwehrchef und ohne Topstürmer. Einer wie Neitzke erhielt keinen neuen Vertrag, und erste Transfer-Spekulationen sprechen von Jean Ruiz, einem 21-jährigen Franzosen des FC Sochaux, aus der zweithöchsten Liga. Mit Oussou Konan war zum Auftakt ein 30-jähriger Testspieler von der Elfenbeinküste dabei, der zuletzt in seiner Heimat 14 Tore geschossen hat und 2014 mit Helsinki finnischer Meister wurde. Akteure wie Toma, Bamert, Fayulu, Uldrikis oder Lenjani fehlten gestern noch, sie sind mit ihren Nationalteams unterwegs. Das aktuelle Kader zählt immer noch an die 30 Spieler. Zu viele, das weiss Henchoz. Am Donnerstag beginnt ein zehntägiges Trainingscamp in Crans-Montana, «dann sollen es nur noch 22 Feldspieler sein».
Mit Xamax sei der FC Sitten nicht zu vergleichen. «Hier läuft alles professioneller ab, die Bedingungen sind top.» Einem grösseren Druck sieht
er sich nicht ausgesetzt. «Mit Xamax nicht abzusteigen, das war schon viel Druck.» Unter den ersten fünf zu stehen, das müsse als Ziel dieses FC Sitten stehen. Und: «Das vorhandene Potenzial ist mehr wert als ein 8. Rang aus der letzten Saison.»
«Ich muss Lösungen finden»
Stéphane Henchoz
Henchoz spricht davon, schnell Lösungen finden zu müssen, «sei es von der personellen Aufstellung wie von der Taktik her». Flexibel müsse sein Team spielen können, «je nach Situation und Gegner». Er weiss, dass er keine grosse Anlaufzeit hat. «Bei Xamax hatte ich nach meiner Beförderung zum Chefcoach vier Tage Zeit, um mein erstes Spiel vorzubereiten. Hier ist es etwas mehr. Doch klar: Wir müssen sofort funktionieren, wenn es in der Meisterschaft um Punkte geht.» Henchoz spricht ruhig und klar. Er weiss, was er will. Die Mannschaft physisch auf Topniveau bringen und ihr eine Mentalität verpassen, die Erfolg verspricht. Mit dem vorhandenen Kader eine grosse Herausforderung, an der allein in der
letzten Saison zwei Übungsleiter scheiterten. Mit ähnlichen Zielen. Oder Henchoz erweist sich auch im Wallis
als Retter, wie er bei Xamax einer war. «Ich werde mit dem Team hart arbeiten, um die geforderten Ziele zu erreichen.» Ein Versprechen. Oder eine klare Aufforderung an seine Spieler.
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