FC Sitten | Sportchef Barthélémy Constantin über Kaderplanung, junge Spieler und seine Zukunft
«Ich als Präsident? Das ist ein Traum, der noch weit weg ist»

Den Überblick behalten. Sportchef Barthélémy Constantin, «mit über 30 Spielern ist das Kader
zu gross geworden».Foto Keystone
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Barthélémy Constantin, der
FC Sitten hat zuletzt spielerisch nicht immer überzeugt. Aber dreimal nacheinander gewonnen, was macht die Mannschaft derzeit besser als vorher?
«Trainer Murat Yakin musste Lösungen suchen und finden, das benötigte Zeit. Jetzt funktioniert die Mannschaft, das zeigt sich an den letzten Resultaten. Ohne spielerisch restlos zu überzeugen, gab es Punkte, das spricht für ihn und das Team.»
Murat Yakin bekundete mit fünf Punkten aus seinen ersten sieben Spielen einen schwierigen Start. Zweifel an ihm gab es jedoch nie, oder?
«Nein, nie. Wir wussten, dass er bei den Voraussetzungen eine gewisse Anlaufzeit benötigt. Das gegenseitige Vertrauen ist gross.»
«Songs Verpflichtung war kein Fehler»
Das war nicht bei allen Trainern des FC Sitten so.
«Bei Murat Yakin ist es aber so.»
Sitzt er in Lugano erneut auf der Bank nach dem eingereichten Rekurs gegen seine Sperre?
«Stand jetzt ja, wir haben nach unserem Rekurs noch nichts vom Verband gehört.»
Beim letzten Spiel gegen Luzern wurden auf dem Matchblatt gleich elf eigene Spieler als verletzt aufgeführt. Wie ist das
zu erklären?
«Mit Langzeit-Verletzten. Mitrjuschkin, Carlitos, Grgic und Angha sind nach Operationen seit Monaten abwesend. Maceiras oder Baltazar fielen zuletzt ebenso aus, bei elf verletzungsbedingten Absenzen ist schon auch Pech dabei.»
Trotzdem sassen nur sechs statt der erlaubten sieben Ersatzspieler auf der Bank, einer wie Alex Song stand nicht einmal
im Aufgebot. War es ein Fehler, den Routinier mit Vergangenheit
in Barcelona und Arsenal zu engagieren?
«Nein, ein Fehler war das nicht. Man darf nicht vergessen, dass Song vor seinem Engagement hier ein Jahr lang praktisch nicht mehr gespielt hat. Was er wirklich kann, das werden wir im nächsten Frühjahr sehen.»
Bei Carlitos fragt man sich, ob er überhaupt noch einmal für den FC Sitten spielen wird.
«Carlitos hat sich in den letzten Tagen einer erneuten Operation am Knie unterzogen. Nach der Regeneration wird man sehen, ob er in der Rückrunde nochmals für den FC Sitten auf dem Platz stehen kann.»
Mit Uldrikis, Djitté, Khasa, Fortune, Itaitinga und Philippe wurden sechs junge Stürmer verpflichtet. Viel Talent, aber keiner von ihnen spielt regelmässig.
«Wenn man einen jungen Spieler engagiert, muss ihm eine gewisse Zeit zugestanden werden, bis er sich durchsetzen kann. Das gilt auch für unsere Talente in der Offensive.»
Man hat es verpasst, einen Stürmer mit Erfahrung zu holen. Das soll in der Winterpause nachgeholt werden.
«Vor der Saison ergab sich keine passende Möglichkeit dazu. Jetzt sind wir der Meinung, dass wir für die Rückrunde einen erfahrenen Stürmer suchen müssen.»
Gibt es schon konkrete Namen?
«Abklärungen laufen, Varianten gibt es. Aber konkret ist noch nichts.»
Ein solcher würde auf der Kontingentsliste die letzte Lizenz eines ausländischen Spielers beanspruchen. Diejenige von Anton Mitrjuschkin, der bisher noch nicht eingesetzt wurde.
«Das ist so. Mitrjuschkin wäre nach seiner Operation am Knorpel zu Beginn der Rückrunde ohnehin noch nicht bereit gewesen.»
Ein Torhüter-Problem gibt es trotz des verlängerten Ausfalls des Russen jedoch nicht.
«Kevin Fickentscher zeigt solide Leistungen und hat zuletzt gegen Luzern bewiesen, dass er für uns mitentscheidend sein kann.»
Zurück zu den Transfers. Von
den 13 Neuen, die auf diese Saison hin zum Kader kamen, stand mit Philippe gegen Luzern nur einer von ihnen in der Startelf. Waren zu viele Fehlgriffe dabei?
«Wir haben Perspektivspieler geholt, das muss man über diese Saison hinaus sehen. Also Spieler, welche in Zukunft für den FC Sitten wertvoll werden können. Doch im Fussball kann vieles schnell gehen. Matheus Cunha etwa stand in der letzten Saison hier in der Vorrunde nicht regelmässig auf dem Platz. Erst in der Rückrunde ist ihm der grosse Durchbruch gelungen.»
Derzeit stehen offiziell 34 Spieler im Profikader, eindeutig zu viele.
«Das stimmt, das wollen wir bereits in der Winterpause mit Ausleihen des einen oder anderen korrigieren. Über dreissig Spieler, das wird bereits im Training kompliziert.»
«Kasamis Situation hat sich komplett verändert»
Barthélémy Constantin
Die eine oder andere Teamstütze könnte bereits jetzt für andere Klubs interessant werden. Pajtim Kasami etwa sprach vor einem Monat frustriert von einem möglichen Abgang, inzwischen ist er offensiv der wichtigste Spieler geworden. Spielt er in der Rückrunde noch für den FC Sitten?
«Seine Situation hat sich zuletzt komplett verändert. Für uns stellte sich nie die Frage, ob er bleibt oder geht. Er hat einen laufenden Vertrag hier, er ist für uns wertvoll. Und ich gehe davon aus, dass er sich nach den letzten Leistungen bei uns auch wohlfühlt.»
Mit Bastien Toma sorgte zuletzt ein 19-Jähriger für Furore. Interessenten für ihn dürfte es bald einmal geben.
«Wenn sich ein Klub für einen unserer Spieler interessiert, muss er für diesen ein konkretes Angebot abgeben. Das ist bisher nicht der Fall, auch für Toma nicht. Wir haben nicht im Sinn, ihn kurzfristig abzugeben. Dafür ist er für den FC Sitten ein zu wichtiger Spieler geworden.»
Nach zuletzt Edimilson, Akolo, Sierro oder Maceiras ist Toma ein weiteres Talent, das den Sprung aus der eigenen U21 nach oben geschafft hat.
«Was bedeutet, dass bei uns im Nachwuchs gut gearbeitet wird und trotz aller Transfers der Weg aus der U21 nach oben möglich ist. Es werden weitere Spieler folgen, unsere U21 stellt derzeit das beste Nachwuchsteam der ganzen Schweiz.»
Nach zuletzt drei Siegen kann für den FC Sitten plötzlich wieder ein Europa-League-Platz zum Thema werden. Die UEFA hat den Verein wegen einer verspäteten Zahlung beim Transfer von Ismael Yartey für zwei Jahre aus dem Europacup ausgeschlossen, die Sperre gilt noch für die nächste Saison. Der Rekurs beim CAS in Lausanne ist vor über einem Jahr eingereicht worden.
«Der Entscheid des CAS steht tatsächlich immer noch aus. Wenn im Verlaufe der Rückrunde eine Qualifikation für den Europacup möglich wird, müssten wir schon irgendwann mal wissen, ob wir überhaupt damit planen könnten.»
Sie gelten derzeit als der jüngste Sportchef aller Super-Ligisten.
«Im sportlichen Bereich bin ich hier seit vier Jahren tätig, also konnte ich schon gewisse Erfahrungen sammeln.»
Ihre familiäre Bindung mit dem FC Sitten ist durch den Vater
als Besitzer des Vereins gegeben. Sie fungieren als Sportchef. Ist es absehbar, dass Sie den FC Sitten dereinst als Präsident übernehmen?
«Ich habe derzeit als Sportchef genug zu tun, weiter denke ich noch nicht. Ich muss in meiner Funktion noch viel lernen. Den FC Sitten eines Tages als Präsident zu übernehmen, das ist trotzdem ein Traum für mich. Aber der ist noch weit weg.»
Interview: Hans-Peter Berchtold
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