Waffenrecht | Weg geebnet für einen Kompromiss
Ständerat schiesst weniger scharf gegen EU-Waffenrichtlinie
Der Ständerat will die roten Linien der EU bei der Übernahme des Waffenrechts nicht überschreiten. Er hat am Dienstag den Weg geebnet für einen Kompromiss, der den Ansprüchen von Schengen und Schützen gerecht werden soll. Ein Referendum ist trotzdem so gut wie sicher.
Wie im Nationalrat wurde die Verschärfung der EU-Waffenrichtlinie auch in der kleinen Kammer kontrovers diskutiert. Das Ziel der Vorlage ist es, das Schweizer Waffenrecht in Einklang mit der EU-Waffenrichtlinie zu bringen. Diese war nach den Anschlägen von Paris im November 2015 verschärft worden. Die Schweiz als Schengen-Land muss die Änderungen bis Ende Mai 2019 umsetzen.
Der Ständerat möchte die neuen europäischen Regeln in der Schweiz etablieren, jedoch den administrativen Aufwand für die kantonalen Behörden so gering wie möglich halten. Josef Dittli (FDP/UR) brachte es im Namen der Sicherheitspolitischen Kommission auf den Punkt: "Wir wollen den schweizerischen Eigenheiten und der Tradition im Schiesswesen Rechnung tragen, gleichzeitig die Schengener Abkommen nicht gefährden."
Sommarugas Kritik am Nationalrat
Der Nationalrat war bei seinen Beratungen im Sommer in zwei wichtigen Punkten vom Bundesrat abgewichen. Nach dem Willen der grossen Kammer sollen grosse Magazine weiterhin frei verkäuflich sein. Zudem will sie darauf verzichten, künftig alle wesentlichen Waffenbestandteile mit einer Seriennummer zu markieren.
Justizministerin Simonetta Sommaruga beurteilte diese beiden Entscheide des Nationalrats in der kleinen Kammer als "nicht EU-konform". Würden diese Bestimmungen verabschiedet, seien die Konsequenzen klar: "Die Schengen-Verträge träten ausser Kraft."
Strengere Regeln für grosse Magazine
Sommarugas Worte fanden beim Ständerat Gehör. Er korrigierte die beiden Entscheide praktisch oppositionslos. Demnach soll für grosse Magazine eine Regelung gelten, wie sie heute für Munition vorgesehen ist: Nur wer rechtmässig eine entsprechende Waffe besitzt, darf auch ein zugehöriges grosses Magazin kaufen. Munitionskartons sind allerdings mit einer Nummer versehen, für Magazine ist das nicht geplant. Wie die neue Regelung in der Praxis umgesetzt wird, ist daher unklar.
Im Gegensatz zum Nationalrat ist der Ständerat zudem einverstanden damit, dass künftig alle wesentlichen Waffenbestandteile mit einer Markierungsnummer versehen werden. Bei Pistolen handelt es sich um Griffstück, Verschluss und Lauf, bei Gewehren um Verschlussgehäuse, Verschluss und Lauf.
Nach geltendem Schweizer Recht genügt es bei zusammengebauten Waffen, einen wesentlichen Waffenbestandteil mit einer Seriennummer zu markieren. Nach Ansicht des Ständerats stellen die neuen Regeln keinen unverhältnismässigen Aufwand dar.
Frühere Armeewaffen nicht verboten
Auf der Suche nach einem Kompromiss im Lauf der kommenden Tage und Wochen ist die kleine Kammer dem Nationalrat in anderen Punkten entgegenkommen. So sollen Waffenhändler nicht verpflichtet werden, über grosse Magazine Buch zu führen. Auch sollen bisherige Besitzer von Waffen, die neu zu den verbotenen Waffen zählen, den kantonalen Behörden lediglich eine Meldung machen müssen. Weitere Auflagen müssen sie nicht erfüllen.
Schliesslich stimmte der Ständerat dem Vorschlag des Nationalrats zu, eine nach der Dienstzeit direkt übernommene Ordonnanzwaffe nicht unter den verbotenen Waffen einzureihen. Für die Armee-Sturmgewehre gilt zwar ohnehin eine Ausnahme, formell will der Bundesrat diese aber zu den verbotenen Waffen zählen.
Es geht um mehr als nur Waffen
In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat die Vorlage mit 34 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen an. Diese geht nun wieder an den Nationalrat. Ob damit der Weg für eine Lösung gefunden ist, wird sich weisen. Tag der Entscheidung ist voraussichtlich der 27. September, der Donnerstag der dritten Sessionswoche. Dann stimmen die Räte über den Antrag der Einigungskonferenz ab.
Auch wenn das Parlament der Vorlage in der aktuellen Form zustimmt, ist eine Referendumsabstimmung so gut wie sicher. Die Verschärfung des Schweizer Waffengesetzes verärgert die Schützen und liefert der SVP Munition im Kampf gegen die EU.
Wie immer, so SVP-Ständerat Alex Kuprecht (SZ), nehme die Schweiz die Position des Kaninchens vor der Schlange ein, statt für einmal selbstbewusst Nein zu sagen zu einer EU-Regelung. "Diese Vorlage zeigt, was uns mit dem Rahmenabkommen noch erwarten wird."
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