Justiz | Verbindungen zu Extremistenszene
Verhafteter Schweizer in Marokko soll Radikalisierter aus Genf sein
Der am Samstag in Marokko verhaftete Schweizer ist Genfer und steht im Verdacht, sich radikalisiert zu haben. Der Genfer Justiz ist er kein Unbekannter. Er ist aktenkundig wegen verschiedener Delikte, die er zwischen 2007 und 2013 begangen hat.
Wie das Bundesamt für Polizei (Fedpol) der Agentur Keystone-SDA schon am Montag Informationen der Zeitung "Tribune de Genève" bestätigte, verliess der Mann die Schweiz 2015 Richtung Marokko, weil er im Verdacht stand, sich radikalisiert zu haben.
Zuvor wurde er von der Genfer Justiz unter anderem verurteilt wegen Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz, wegen Diebstahls, Raubs, Einbruchsdelikten, Eigentumsdelikten sowie Hausfriedensbruchs und häuslicher Gewalt.
Laut unbestätigten Informationen der marokkanischen Webseite le360 hatte der Mann zudem Pläne für einen Überfall auf eine Bijouterie in Genf. Damit wollte er seine Dschihadisten-Truppe finanzieren und den Rest der Beute der Spitze der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zukommen lassen.
Die Schweizer Behörden sind in engem Kontakt mit den marokkanischen, spanischen, dänischen und norwegischen Behörden, um Licht ins Dunkel zu bringen und einen möglichst reibungslosen Informationsaustausch zu gewährleisten. Von der Genfer Polizei waren bis zur Stunde keine zusätzlichen Informationen erhältlich.
Bundesanwaltschaft vorerst "stand by"
Bei der Bundesanwaltschaft hat man Kenntnis vom Genfer Fall. Sie ist mit den zuständigen eidgenössischen Behörden in Kontakt. Im Moment sieht die Bundesanwaltschaft jedoch von einer strafrechtlichen Untersuchung ab. Dafür seien die Behörden am Ort zuständig, an dem die Straftaten begangen worden seien.
Marokko verdächtigt den schweizerisch-spanischen Doppelbürger, sich auf eine extreme Ideologie eingeschworen zu haben. Die Behörden untersuchen, inwiefern der Mann in die Rekrutierung von Bürgern Marokkos und von Angehörigen aus Ländern südlich der Sahara involviert ist, mit dem Ziel, in Marokko terroristische Anschläge zu verüben.
Der Mann soll gemäss den marokkanischen Untersuchungs- und Sicherheitsbehörden verschiedene unterdessen befragte Personen in der Anwendung moderner Kommunikationstechnologien und im Schusswaffengebrauch unterrichtet haben.
Verdacht auf Planung von Attentaten
Gemäss le360 hatte der Mann seit seiner Ankunft in Marokko auch Verbindungen geknüpft zur lokalen Extremistenszene. Ebenso wurde er in Verbindung gebracht mit der Planung verschiedener Attentate auf Touristen und Sicherheitskräfte.
Schon 2014, bevor er die Schweiz verliess, sei es dem Verdächtigen gelungen, einige Familienmitglieder vom IS zu überzeugen, nachdem er diese zuvor zum Übertritt zum Islam habe bewegen können, heisst es auf der Webseite.
Bei diesen Konvertiten handle es sich um Schweizer und um einen Anglo-Schweizer. Diese hätten beabsichtigt, in vom IS kontrollierte Gebiete zu reisen. Einem von ihnen sei dies tatsächlich auch gelungen.
Insgesamt haben die marokkanischen Behörden rund 20 Personen befragt, die im Verdacht stehen, Mitte Dezember an der Ermordung und Enthauptung von zwei skandinavischen Rucksacktouristinnen beteiligt gewesen zu sein. Die marokkanischen Behörden sprechen von einem "terroristischen Akt".
Bildung einer terroristischen Zelle
Die Staatsanwaltschaft beantragte dem Untersuchungsrichter, die Verdächtigen zu vernehmen wegen Bildung einer terroristischen Zelle, vorsätzlicher Gefährdung von Menschenleben sowie Verherrlichung von Terrorismus.
Im weiteren forderte die Staatsanwaltschaft Untersuchungshaft für die Festgenommenen. Sieben weitere Verdächtige, die sich in Polizeigewahrsam befinden, werden in den nächsten Tagen der Staatsanwaltschaft übergeben. Die vier Hauptverdächtigen wurden nach dem Doppelmord in Marrakesch einvernommen und gehören zu einer vom IS inspirierten Zelle.
Die Tat hat in Norwegen und Dänemark, aber auch in Marokko grosse Bestürzung ausgelöst. Die beiden Frauen waren am 17. Dezember in einer einsamen Gegend des Atlas-Gebirges enthauptet aufgefunden worden.
Bisher war das Königreich von Anschlägen des IS verschont geblieben. Die Anschläge von 2003 in Casablanca mit 33 Toten und von 2011 in Marrakesch mit 17 Toten wurden anderen Extremistengruppen zugeschrieben.
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