Medien | Nach der Wahl von Sutter-Keller und Amherd
Schweizer Presse: Die Bundesversammlung sendet ein gutes Signal
Die Kommentatoren der Schweizer Presse sehen in der raschen Wahl der zwei Frauen, Viola Amherd und Karin Keller-Sutter, in den Bundesrat einen guten Entscheid. Es sei ein Signal für das Land. Nun müsse sich der Bundesrat aber schleunigst wichtigen Problemen zuwenden.
"Neue Zürcher Zeitung":
"Spannend waren diese Bundesratswahlen nun wirklich nicht. Messer wurden keine gewetzt, die Parteien gaben sich handzahm. Die Zeiten der grossen Verwerfungen und Anfeindungen sind vorbei. Man muss das positiv sehen: Die Langeweile ist Ausdruck des stabilen Politsystems, das zu den grössten Vorzügen der Schweiz zählt. Bundesrätin Karin Keller-Sutter war von Beginn weg unbestritten. Allen war klar: Würde die Ostschweizerin kandidieren, würde sie gewählt. (...) Nur ein klein wenig spannender war die Auseinandersetzung zwischen Bundesrätin Viola Amherd und der unterlegenen CVP-Kandidatin, Heidi Z’graggen. (...) Eine Erneuerung gleich auf zwei Posten kann auch einen Neubeginn markieren. Inhaltlich und materiell, aber ebenso kulturell. Die Bundesräte zeigten in jüngster Zeit eine merkwürdige Unlust am Regieren. (...) Es ist an der Zeit, dass die Bundesrätinnen und Bundesräte wieder gemeinsam den Mut aufbringen, die Schweiz und das Parlament mit den unliebsamen Dingen zu konfrontieren und von den notwendigen Reformen zu überzeugen (...) viele grundlegende Probleme warten auf Lösungen."
"St. Galler Tagblatt":
Was für ein Tag für die Ostschweiz und die Frauen: Mit der Wilerin Karin Keller-Sutter verfügt unser Landesteil acht Jahre nach dem Rücktritt von Hans-Rudolf Merz wieder über eine eigene Vertretung im Bundesrat. Darauf darf die ganze Region zu Recht stolz sein. (...) Diese Bundesratswahlen sind insbesondere auch für die weibliche Hälfte der Schweizer Bevölkerung ein wichtiges Zeichen. Noch nie in der Geschichte der Eidgenossenschaft sind am selben Tag gleich zwei Frauen in das hohe Amt gewählt worden. Entscheidend ist nun, dass es nicht bei dieser - gewiss wichtigen - Symbolik bleibt. Viola Amherd und Karin Keller- Sutter könnten als Vorbilder dienen, sich beruflich stärker zu engagieren. (...) Die Auffrischung für die Landesregierung kommt keinen Moment zu früh. In zahlreichen wichtigen Geschäften machte der Bundesrat zuletzt alles andere als bella figura."
"Tages-Anzeiger":
"Insgesamt sind die Wahlen sehr unaufgeregt verlaufen. Und genau in dieser Normalität liegt das Ausserordentliche, ja Spektakuläre: Noch nie zuvor sind gleichzeitig zwei neue Bundesrätinnen bestimmt worden. Bei der Mehrzahl der bisher sieben Frauen in der Landesregierung kam es zudem bei der Wahl oder beim Abgang aus der Regierung zu Intrigen, Kampfwahlen oder Demonstrationen. (...) Wer nun findet, es werde zu viel Aufhebens von der Frauenfrage gemacht, halte sich die Relationen in der Schweizer Politik vor Augen. Amherd und Keller-Sutter sind die achte und neunte Bundesrätin in der Geschichte. Männliche Regierungsmitglieder gab es bisher 117. (...) Viel Zeit bleibt dem neuen Gremium jedenfalls nicht, sich zu finden. Denn die Schweiz steuert auf einen veritablen Krach mit der EU zu, der durch die fehlende Führungsstärke der bisherigen Landesregierung zusätzlich befeuert wurde. Ob die Regierung dieses Defizit dank der neuen Bundesrätinnen beheben kann, wird sich weisen."
"Bund":
"In der unaufgeregten Regelung der Nachfolge von Johann Schneider-Ammann (FDP) und Doris Leuthard (CVP) zeigt sich die politische Stabilität der Schweiz - gerade jetzt leuchtet diese Stabilität europaweit besonders kräftig. Anderswo wanken Regierungen oder kommen gar nicht erst zustande. Oder Minister laufen scharenweise wieder aus dem Amt. Bei uns eine anderthalbstündige Ersatzwahl, die abläuft wie geplant. Und danach gehen alle wieder an die Arbeit. (...) Der Bundesrat in neuer Zusammensetzung hat keine andere Wahl, als zu mehr Überzeugungskraft und Führungsstärke zu finden. Bleibt es beim unkoordinierten Vorgehen und Minimalkonsens der letzten Jahre, kommt er nicht weit."
"Blick":
"Das Beste an dieser geschichtsträchtigen Entscheidung der Vereinigten Bundesversammlung aber ist: Viola Amherd (56) und Karin Keller-Sutter (54) haben es nicht nur als Frauen geschafft, sondern vor allem auch deshalb, weil beide top sind. (...) Im Interesse des Landes sollte Karin Keller-Sutter das Verteidigungsdepartement (VBS) führen. Dort braucht es dringend jemanden, der den Stall ausmistet. Seit 22 Jahren liegt das VBS in der Hand von SVP-Bundesräten - und die Bilanz ist niederschmetternd. Auch Guy Parmelin (59) hat den Laden ganz offensichtlich nicht im Griff."
"Luzerner Zeitung":
"Die Wahl war kurz und unspektakulär. Überraschend war einzig, wie rasch die Bestellung der Nachfolge für die scheidende CVP-Bundesrätin Doris Leuthard (AG) über die Bühne ging. Bereits im ersten Umgang war Viola Amherd (VS) gewählt, Heidi Z’graggen (UR) blieb chancenlos. Ja, vielleicht waren die gestrigen Bundesratswahlen nach der langen Ausmarchungsphase etwas langweilig. Aber das ist gut so. Es braucht kein Spektakel bei der Besetzung unserer Landesregierung. (...) So unspektakulär das Wahlprozedere, so grandios das Resultat für die Frauen: eine historische Wahl! Eine mit Signalwirkung! Noch nie sind gleich zwei Frauen auf einmal in die Regierung gewählt worden. (...) Aus regionalpolitischer Sicht ist die gestrige Wahl überaus bedauerlich. Die Zentralschweiz bleibt weiter aussen vor - obwohl es gleich vier valable Kandidaten aus unserer Region gab."
"Aargauer Zeitung"/"Solothurner Zeitung"/"Watson.ch":
"So viel zu feiern, gibt es nach einer Bundesratswahl selten: FDP und CVP begiessen ihre Bundesrätinnen, die Frauen freuen sich über die bessere Vertretung in der Regierung und die Linke jubelt mit ihnen. Sogar die SVP verzichtet für einmal aufs Schnöden. Der Jubel ist berechtigt. Die Frauen legten einen Siegeszug hin, der seinesgleichen sucht. (...) In der Vergangenheit mussten Frauen fast übermenschliche Fähigkeiten mitbringen, um den Sprung in die Regierung zu schaffen. In diesen Wahlen hat sich der Anspruch gegenüber Frauenkandidaturen normalisiert. Endlich. (...) Gleichzeitig ist es umstritten, ob die Wahl Auswirkungen auf die Politik des Bundesrats hat. In den grossen Zügen wohl nicht: Die Positionen von Amherd und Keller-Sutter ähneln jenen ihrer Vorgänger."
"Walliser Bote":
"Viola Amherd hat ihre Politkarriere gekrönt. Es ist ein Freudentag für das Wallis, das Oberwallis und die CVPO. Es ist aber vor allem ein grosser Tag für die 56-jährige Briger Juristin. (...) Amherd hat die Wahl so geschafft, wie sie seit einem Vierteljahrhundert all ihre politischen Mandate ausübt. Kompetent, konsensfähig und kompromissbereit, unaufgeregt, sachlich, fair, mit kühlem Kopf. Sie hat sich einmal mehr auf ihren politischen Instinkt verlassen, blieb ihren Werten treu. (...) Amherd hat die beruflichen Voraussetzungen, die politischen Erfahrungen und die menschlichen Qualitäten, um im Bundesrat eine tragende und führende Rolle zu spielen."
"Le Temps":
"Fast fünfzig Jahre sind seit der Einführung des Frauenwahlrechts in der Schweiz vergangen und die Anwesenheit von Frauen an der Landesspitze ist noch nicht selbstverständlich. (...) Es war aber an der Zeit. Die Mitglieder der Bundesversammlung konnten sich den Kämpfen der vergangenen Monate etwa über Lohnunterschiede, das Fehlen von Frauen in Verwaltungsräten und den Berichten über häusliche Gewalt nicht mehr entziehen. (...) Wir freuen uns über den neuen Bundesrat, der zu einer Geschlechterparität wiedergefunden hat."
"Le Nouvelliste":
"Das war ein toller Tag für das Wallis. Niemand hat sie kommen sehen. Viola Amherd wurde in den Bundesrat gewählt, weil sie Politik diskret, aber mit grosser Effizienz praktiziert. Selten hat man einen solch leisen Feldzug gesehen."
"La Tribune de Genève"/"24heures":
"Die beiden neuen Mitglieder des Bundesrates wurden am Mittwoch mit einer grossen Geschwindigkeit gewählt, was für das Bundeshaus ziemlich ungewöhnlich ist. Normalerweise geht das Ritual ganz anders. (...) Die Doppelwahl in der ersten Runde ist daher ein Symbol. Es ist eine Lektion, die das Parlament in die Schweiz schicken wollte. Die Botschaft ist klar: Die Zeit der Frauen ist gekommen. (...) Der nächste Schritt wird dann sein, wenn die Wahl von zwei Bundesrätinnen ein normales Ereignis sein wird - genau wie die Wahl von zwei Männern in den Bundesrat."
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