Postauto-Affäre | Zwischen Renditeerwartungen und Gewinnverbot. Bundesrat wusste schon 2011 bescheid
Bundesrat spielt Schwarzen Peter der Post zu
Der Bundesrat ist sich in der Postauto-Affäre keiner Schuld bewusst. Zwar hatte sich die Post schon 2011 über die finanziellen Vorgaben beklagt. Es sei aber stets klar gewesen, dass die strategischen Ziele keinen Vorrang vor dem Gesetz hätten.
Das schreibt der Bundesrat in seiner Stellungnahme zu einem Bericht der ständerätlichen Geschäftsprüfungskommission (GPK), den er am Freitag veröffentlicht hat. Demnach wusste der Bundesrat schon 2011, dass sich die Post in einem Zielkonflikt zwischen den Renditeerwartungen des Bundes und dem Gewinnverbot im subventionierten regionalen Personenverkehr sah.
Damals hätten sich die Vorgaben aber auf die Post als Ganzes und nicht auf einzelne Bereiche bezogen, schreibt die Regierung in der Stellungnahme. Ein effektiver Zielkonflikt sei nicht zu erkennen. Auch haben nach Ansicht des Bundesrats "die Governance-Strukturen grundsätzlich funktioniert".
Die GPK sieht das anders. Für sie ist es nicht nachvollziehbar, dass die damals zuständige Bundesrätin Doris Leuthard zwar vom problematischen Zielkonflikt wusste, aber nichts dagegen unternahm. Die GPK sprach für das Versäumnis eine "deutliche Rüge" aus.
Bessere Aufsicht
Der Bundesrat äussert sich in der Stellungnahme auch zu den zahlreichen Empfehlungen der GPK. Einverstanden ist er damit, die strategischen Ziele so anzupassen, dass explizit keine Gewinne von Postauto erwartet werden. Umsetzen will er auch die Empfehlung, die Aufsicht über den subventionierten regionalen Personenverkehr neu zu organisieren.
Abgelehnt hat der Bundesrat die Empfehlung, einen Ausschuss "Bundesnahe Unternehmen" zu bilden, der unter anderem Zielkonflikte erkennen und klären soll. Eine Untersuchung der Vorgänge vor 2007 hält er für aufwendig, kompliziert und unverhältnismässig. Dieser Zeitraum wurde wegen der Verjährung bisher ausgeklammert. Auch zusätzliche Vorgaben bei der Archivierungspflicht lehnt der ab.
Die GPK verlangt weiter, die Führungsstrukturen von Tochterunternehmen bundesnaher Betriebe unter die Lupe zu nehmen. Der Bundesrat erinnert in der Stellungnahme daran, dass er nicht ins operative Geschäft eingreifen und den Unternehmen auch keine organisatorischen Vorgaben machen will. Hingegen ist er bereit, strategisch wichtige Tochtergesellschaften stärker zu beaufsichtigen. Das soll vor allem für solche gelten, die im Ausland aktiv sind.
Trügerische Sicherheit
Ein genaues Drehbuch für die Reaktion in Krisensituationen hält der Bundesrat hingegen für kontraproduktiv. Ein Plan mit im Voraus fixierten Massnahmen würde eine trügerische Rechtssicherheit schaffen, schreibt er im Bericht. Weitere Empfehlungen hält der Bundesrat für erfüllt. So hält er in der Stellungnahme etwa fest, die von der GPK geforderten Aufsichtsinstrumente seien bereits vorhanden.
Bereits am Donnerstag hatte der Bundesrat seine Antworten auf verschiedene parlamentarische Vorstösse der GPK veröffentlicht. Darin erklärt er sich bereit, nach Abschluss des laufenden Verwaltungsstrafverfahrens in einem Bericht eine Gesamtbilanz der Postauto-Affäre zu ziehen. Zudem will er mit der Reform des regionalen Personenverkehrs weitere Verbesserungsvorschläge prüfen.
Die Postauto AG hatte mindestens ab 2007 und bis 2015 durch gesetzwidrige Umbuchungen systematisch Gewinne im regionalen Personenverkehr verschleiert und so Subventionen erschlichen. Im Dezember 2018 und im Januar 2019 zahlte die Post 205,3 Millionen Franken an Bund, Kantone und Gemeinden zurück.
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