Coronavirus | Bund verschärft Massnahmen weiter
«Zum Schutz der Verletzlichsten»
Die Zahl der bestätigten Coronavirus-Fälle steigt rasant. Bis am frühen Mittwochabend waren in der Schweiz 58 Personen positiv getestet worden. Bund und Kantone haben ihre Massnahmen verschärft.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat am Mittwoch seine Hygiene-Empfehlungen zum Schutz vor dem neuen Coronavirus ein weiteres Mal ergänzt. Neu dazugekommen ist die Anweisung, Abstand zu halten. Dies gilt zum Beispiel für das Anstehen in einer Schlange. Um die besonders gefährdeten älteren Menschen zu schützen, soll die Anweisung vor allem ihnen gegenüber gelten.
Auch Teilnehmer von Sitzungen sollen körperlich auf Distanz gehen. Das «Social Distancing» sei neu, sagte Gesundheitsminister Alain Berset vor den Bundeshausmedien. Eine gewisse Distanz zu anderen Menschen einzuhalten sei zum Schutz der Verletzlichsten wichtig.
Gültig bleiben die weiteren Hinweise: Hände gründlich waschen und Händeschütteln vermeiden, in ein Taschentuch oder in die Armbeuge niesen und husten und bei Fieber oder Husten zuhause bleiben. Arztpraxen und Notfallstationen sollen erst nach telefonischer Anmeldung aufgesucht werden.
Einheitliche Regeln
Derweil hat sich Berset mit Vertretern der Kantone auf Entscheidhilfen geeinigt für den Umgang mit noch zulässigen Veranstaltungen. Ziel war eine gewisse Vereinheitlichung der Kantonalen Regimes.
Bereits am vergangenen Freitag hatte der Bundesrat mit einer Verordnung die Durchführung von Anlässen mit 1000 oder mehr Teilnehmern in einem Raum untersagt.
Bei Veranstaltungen mit weniger als 1000 Personen sollen die Kantone zusammen mit den Veranstaltern eine Risikoabschätzung vornehmen. Das sagte die St. Galler Regierungsrätin Heidi Hanselmann, Präsidentin der Gesundheitsdirektorenkonferenz der Kantone.
Ältere Menschen seien besonders gefährdet, an Covid-19 zu erkranken. Ihnen und auch Menschen mit Krankheiten wie beispielsweise Diabetes oder Bluthochdruck soll empfohlen werden, nicht an die Veranstaltung zu kommen. Und: «Wer sich krank fühlt, soll aufgefordert werden, die Veranstaltung nicht zu besuchen.» Weiter sollen die Empfehlungen zum Schutz vor dem Virus bekannt gemacht werden.
Balanceakt für Behörden
Als Entscheidhilfe dafür, ob überhaupt eine Risikoabschätzung erforderlich ist oder nicht, nannten die Konferenzteilnehmer eine Richtzahl von 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Bei diesem Besucheraufmarsch könne deren Identität noch erfasst werden.
Festgelegt wurde auch, was überhaupt als Veranstaltung anzusehen ist. Dazu gehören Kongresse, Theater, Kino oder Zirkusse. Nicht darunter fallen der Schul- und Ausbildungsbetrieb, Bahnhöfe, Märkte oder öffentliche Verkehrsmittel. «Es ist ein Balanceakt, griffige Massnahmen zu erreichen, ohne das gesellschaftliche Leben lahmzulegen», sagte Hanselmann.
«Es geht darum, die richtigen Massnahmen zur rechten Zeit zu treffen», sagte Berset. Am wichtigsten sei es, die Entwicklung im Griff zu haben, damit die verletzlichsten Gruppen so gut wie möglich geschützt werden könnten.
Todesfälle unvermeidlich
Trotz der entschiedenen Reaktion der Behörden ist die Zahl der bestätigten Coronavirus-Fälle rasant gestiegen. Nach Angaben des BAG hat das Referenzlabor in Genf bis am frühen Mittwochabend in 58 Fällen Ansteckungen mit dem neuen Coronavirus bestätigt. Mehrere hundert Verdachtsfälle sind noch in Abklärung. Bisher wurden in der Schweiz 2675 Menschen mit Verdacht auf das neue Coronavirus negativ getestet.
Es gebe keinen Grund zur Panik, doch die Lage sei ernst und werde immer ernster, betonte Daniel Koch, Leiter der Abteilung übertragbare Krankheiten im BAG.
In der Schweiz seien aktuell vor allem 20- bis 40-Jährige betroffen, sagte Koch. Das seien jene Personengruppen, die reisten und viele soziale Kontakte hätten. Deshalb gebe es in der Schweiz noch kaum schwere Fälle.
Besonders gefährlich sei das Coronavirus aber für ältere Menschen. Laut Koch steigt die Mortalität ab 65 Jahren rasch an. Es sei daher «unwahrscheinlich, dass wir in der Schweiz keine Todesfälle haben werden».
Aktuell werden die Erkrankten in Spitälern isoliert. Laut Koch kann dieses Regime aber nicht unbegrenzt aufrechterhalten werden. Deshalb sei es wichtig, mit den vorhandenen Ressourcen haushälterisch umzugehen. Vorerst gebe es noch ausreichend Tests. Die Kapazität liegt derzeit bei rund 1000 Tests pro Tag. Für Koch ist es absehbar, dass nicht mehr alle Verdachtsfälle getestet werden können.
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