Justiz | Angeklagter hatte Kontakt zu einem Mann mit einer zentrale Rolle im europäischen Waffenhandel
Illegal Waffen verkauft - Anklage fordert bedingte Freiheitsstrafe
Ein 63-jährigen Schweizer, der illegal Waffen verkauft haben soll, hat am Donnerstag vor Gericht einzig den Verkauf eines Kaninchentöters zugegeben. Die Staatsanwaltschaft forderte für den Waffensammler eine bedingte Freiheitsstrafe von zwei Jahren und eine Busse.
Bei einer Durchsuchung des Hauses des Beschuldigten in Degersheim kam im Dezember 2017 ein ganzes Arsenal an Waffen und Munition zum Vorschein. Die Polizei fand rund 280 Waffen, grosse Mengen Munition und 1,3 Millionen Franken Bargeld.
Darunter waren auch verbotene Waffen und Waffenbestandteile und Sprengstoff sowie viele bewilligungspflichtige Pistolen, Revolver und Gewehre, die zum Teil auch für die drei Söhne des Waffensammlers ungeschützt zugänglich waren.
Der Beschuldigte musste sich am Donnerstag unter anderem wegen mehrfacher Gefährdung der öffentlichen Sicherheit mit Waffen und wegen des mehrfachen Vergehens gegen das Waffengesetz vor Kreisgericht Wil verantworten.
"Kleine Deutsche"
Zu Beginn der Befragung durch den vorsitzenden Richter gab sich der Mann wortkarg. Er habe dem Staatsanwalt alles gesagt. Er gab einzig zu, einem Türken einen Kaninchentöter verkauft zu haben. "Das war ein Fehler", sagte der Witwer. Der Kunde habe ansonsten ein Radio oder eine alte Uhr bei ihm gekauft.
Das Gericht spielte während der Verhandlung ein Telefongespräch zwischen dem Beschuldigten und dem Türken ein. Mit "die kleine Deutsche", die der Türke am Telefon erwähnte, sei keine Waffe gemeint gewesen, sondern eine Prostituierte, die er ihm hätte bringen sollen. "Es war so", sagte der Beschuldigte.
Die Waffen habe er gesammelt. Er habe es verpasst, alle Waffen anzumelden. Nachdem seine Frau gestorben sei, sei ihm alles zu viel geworden. "Ich musste alleine für drei Kinder schauen", sagte der Frührentner. Er lebe von seinem Vermögen. Seine Sammlung wolle er auflösen.
Krimineller Waffenhändler als Kunde
Der 63-Jährige soll dem in Österreich wohnhaften Türken mindestens fünf Waffen ohne einen schriftlichen Waffenvertrag verkauft haben. Er habe gewusst, dass die Waffen in dubiosen Kreisen landen und dort zur Begehung von Verbrechen und Vergehen verwendet würden, sagte der Staatsanwalt.
Der Türke soll zwischen 2016 und 2017 in diverse Waffenverkäufe verstrickt gewesen sein. In einem Fall konnten sogar Rückschlüsse auf ein versuchtes Tötungsdelikt in Frankreich gemacht werden. Er wurde in Österreich zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten wegen illegalen Waffenhandels verurteilt.
Dieser Mann nehme eine zentrale Rolle im europäischen Waffenhandel ein, sagte der Staatsanwalt. Der Beschuldigte habe abgestritten, den Waffenhändler zu kennen. "Erst als er die Telefonprotokolle zu hören bekam, gab er zu, den Mann zu kennen", sagte der Staatsanwalt. Es habe mindestens 39 Telefonverbindungen und 14 Treffen in dreieinhalb Monaten gegeben. "Es ging immer um Waffen und es wurden immer wieder Codewörter verwendet."
Der 63-Jährige sei zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zu einer Busse von 8000 Franken zu verurteilen. Der Mann ist vorbestraft. Im Juli 2014 war er wegen Vergehens gegen das Waffengesetz zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt worden. Er habe versucht, illegal eine Softair-Pistole zu verkaufen. Die Vorstrafe sei zu vollziehen.
Telefonprotokolle in Frage gestellt
Der Verteidiger verlangte Freisprüche von den schwersten Delikten. Wegen Vergehens gegen das Waffengesetz und mehrfacher Übertretung gegen das Waffengesetz sei eine bedingte Geldstrafe von maximal 150 Tagessätzen à 100 Franken auszusprechen.
Der Beschuldigte habe dem Türken mehrfach Antiquitäten verkauft. Der Mann habe sich immer wieder nach neuen Waffen erkundigt. Sein Mandant wollte aber keine Waffen verkaufen. Viel eher habe der Waffenhändler aus Österreich bei anderen Händlern in der Schweiz Waffen gekauft.
Es gebe keine Hinweise, die belegen, dass der Beschuldigte dem Kunden ausser dem Kaninchentöter Waffen verkauft habe. Es handle sich nur um Vermutungen. Er sei auch nicht erwiesen, dass er Waffen verkauft habe, die zur Verübung eines Verbrechens geeignet wären.
Ob es sich etwa beim Codewort "Schlange" um eine Waffen handle, sei mit dem Telefonprotokoll nicht bewiesen. "Es war nur ein blödes Geschwätz", sagte der Verteidiger. Kaffee trinken sei nicht strafbar. Ausserdem wurden beim Türken keine Waffen gefunden, die mit dem Beschuldigten in Verbindung gebracht werden konnten.
Die meisten Waffen habe sein Mandant von seinem Vater geerbt und diese nur aufbewahrt. Der passionierte Waffensammler habe es versäumt, alle Waffen nach geltendem Recht zu melden. Der Grossteil der Munition und einzelne Waffen seien aber im Tresor eingeschlossen gewesen. Der Beschuldigte habe inzwischen jedes Interesse an Waffen verloren.
Das Urteil wird am Donnerstagnachmittag eröffnet.
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