Lebensmittel | Update: Keine strengeren Deklarationsvorschriften
Stimmvolk verwirft Fair-Food-Initiative deutlich
Die Fair-Food-Initiative ist deutlich gescheitert. 61,3 Prozent der Stimmenden haben sie abgelehnt. Somit muss der Bund umweltschonend, tierfreundlich und fair hergestellte Produkte nicht fördern. Auch muss er keine strengeren Deklarationsvorschriften erlassen.
Insgesamt sagten rund 1'227'300 Stimmende Nein und 774'800 Ja. Dabei kam der Röstigraben zum Vorschein: In vier Westschweizer Kantonen resultierte eine Ja-Mehrheit. Im Kanton Genf nahmen 63,9 Prozent der Stimmenden die Fair-Food-Initiative an, im Kanton Waadt 63,8, im Kanton Jura 58,9 und im Kanton Neuenburg 57,1 Prozent.
In sämtlichen Deutschschweizer Kantonen sowie in den Kantonen Freiburg und Wallis wurde die Initiative verworfen - am deutlichsten in Obwalden mit 79,6 Prozent, gefolgt von Nidwalden mit 77,5 Prozent, Schwyz mit 77,4 und Appenzell Innerrhoden mit 76,7 Prozent.
Schwindende Zustimmung
Die Initiative der Grünen hatte zunächst grosse Sympathien genossen. In der ersten Umfrage des Forschungsinstituts gfs.bern im Auftrag der SRG sprachen sich 78 Prozent der Befragten dafür aus. In der zweiten Umfrage waren es nur noch 53 Prozent. Seither ist die Zustimmung weiter geschwunden.
Den Gegnern könnte in die Hand gespielt haben, dass die Fair-Food-Initiative am selben Tag zur Abstimmung kam wie die Ernäherungssouveränitätsinitiative. Das bürgerliche Nein-Komitee warf trotz erheblicher Unterschiede beide in einen Topf. Diese Strategie scheint aufgegangen zu sein.
Auswirkungen aufs Portemonnaie
Das Hauptargument ist bei den Stimmberechtigten offenbar angekommen: Die Gegner warnten mit Blick auf beide Volksbegehren vor steigenden Lebensmittelpreisen. Schon heute kosteten Lebensmittel in der Schweiz viel mehr als im Ausland, gaben sie zu bedenken. Bei einer Annahme der Initiativen würden die Preise nochmals steigen.
Die Initianten erwiderten, tatsächlich gäbe es zum Beispiel weniger Billigstprodukte aus Massentierhaltung, das sei gewollt. Lebensmittel würden aber nicht generell teurer. Doch die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger scheint das nicht beruhigt zu haben.
Vorschriften für Importprodukte
Umstritten war ausserdem, was bei einem Ja zur Initiative für Importprodukte gelten würde. Im Initiativtext stand, der Bund müsse sicherstellen, das eingeführte Landwirtschaftsprodukte "grundsätzlich mindestens den Anforderungen genügen", die der Bund für Schweizer Produkte festlegt.
Die Gegner sagten, damit müssten importierte Produkte Schweizer Standards erfüllen. Um das zu kontrollieren, sei ein teurer Kontrollapparat nötig. Die Initianten stellten dies in Abrede. Sie erklärten, die Schweiz könnte auf internationale Labels zurückgreifen. Importprodukte müssten Bedingungen erfüllen, aber nicht zwingend dieselben wie Schweizer Produkte. Dies trug den Initianten den Vorwurf ein, den Initiativtext im Nachhinein uminterpretieren zu wollen.
Drohende Handelsstreitigkeiten
Hinzu kamen Warnungen vor Handelsstreitigkeiten. Aus Sicht der Gegner hätte bei einem Ja ein Konflikt mit dem WTO-Abkommen, bilateralen sowie Freihandelsabkommen gedroht. Das WTO-Recht verlangt, dass ausländische Waren gegenüber gleichartigen inländischen nicht diskriminiert werden.
Produktionsmethoden oder -bedingungen, die sich nicht in den physischen Eigenschaften niederschlagen, werden nicht als Rechtfertigung für eine ungleiche Behandlung akzeptiert. Der Lohn des Pflückers darf beispielsweise nicht berücksichtigt werden. Die Befürworter stellten sich auf den Standpunkt, die Fair-Food-Initiative wäre dennoch handelsrechtskonform umsetzbar.
Mit dem Nein vom Sonntag brauchen diese Fragen nun nicht mehr diskutiert zu werden. Ernährung und Landwirtschaft werden die Politik aber weiterhin beschäftigen. Und auch das Stimmvolk wird sich schon bald wieder äussern können: Am 25. November kommt die Hornkuhinitiative zur Abstimmung. In der Verfassung soll verankert werden, dass horntragende Kühe, Zuchtstiere, Ziegen und Zuchtziegenböcke finanziell gefördert werden.
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