Coronavirus | Deutlicher Rückgang bei den chinesischen Touristen in der Schweiz
Was das Coronavirus für die Schweizer Wirtschaft bedeuten könnte
Am Dienstag war es soweit: in einem Tessiner Spital wurde ein Mann positiv auf das Coronavirus getestet. Die Lungenkrankheit hat somit auch die Eidgenossenschaft erreicht. Ein Ausbrauch in der Schweiz könnte möglicherweise auch drastische Auswirkungen auf die hiesige Wirtschaft haben.
Wie schwerwiegend die Auswirkungen wären, lässt sich derzeit laut Experten erst schwer abschätzen: "Es hängt auch davon ab, ob die Ausbreitung des Virus begrenzt werden kann und welche Massnahmen dafür nötig sind", schreibt Alessandro Bee, der als Ökonom für die Grossbank UBS arbeitet, in einem am Mittwoch publizierten Bericht.
Trotz der weltweiten Ausbreitung und der Ankunft der Krankheit in der Schweiz gibt es für den Experten auch Grund zu Optimismus. Aufgrund der eher sinkenden Anzahl an Neuinfektionen in den letzten Wochen erwartet Bee, dass es wohl gelingen dürfte, das Coronavirus unter Kontrolle zu bekommen.
Nichtsdestotrotz stünde die chinesische Wirtschaft derzeit teilweise still. Hiervon ist auch die Schweiz betroffen: "Die drastischen Einschränkungen der chinesischen Regierung betreffend Reisen dürfte zu einem deutlichen Rückgang bei den chinesischen Touristen in der Schweiz führen", so Bee.
Auch Exportwirtschaft betroffen
Nebst der Reisebranche könnte das Virus vor allem auch die Exportwirtschaft sowie die Uhrenindustrie treffen. China und Hongkong sind gemeinsam inzwischen die drittwichtigste Exportdestination für Schweizer Firmen, gibt UBS-Ökonom Bee zu bedenken. Für die Uhren sei das Shoppingparadies Hongkong gar der grösste Abnehmer weltweit. "Da wird sich das Virus in den Verkaufszahlen bemerkbar machen", so Bee.
Im Allgemeinen treffen könnte es die Schweizer Wirtschaft, wenn durch das Virus die Wertschöpfungskette in Asien unterbrochen wird oder wenn die konjunkturelle Unsicherheit auf der Welt zunimmt. Ein anderes Problem ist, dass der Schweizer Franken bei den Investoren nach wie vor als sicherer Hafen begehrt ist. Und das wiederum schadet der Exportwirtschaft.
"Erschreckende Dynamik"
Die Dynamik, mit der es auch an den Börsen nun abwärts gehe, sei erschreckend, kommentierte ein Aktienhändler das Marktgeschehen. Dabei richte sich der Fokus eben auch auf die genannten Lieferketten. "Das Virus droht die erhoffte Erholung der Weltwirtschaft im Keim zu ersticken," kommentierte ein weiterer Händler. Und die Notenbanken, die als Feuerlöscher bereitstehen, verfügten auch nur noch über begrenzte Möglichkeiten.
Immerhin lassen sich einige von AWP befragte Firmen zumindest aktuell von der Panik noch nicht anstecken. Das Traditionsunternehmen Georg Fischer etwa bleibt mit Aussagen zur näheren Zukunft zurückhaltend. "Wegen der geringen Visibilität wäre eine konkrete Prognose für das laufende Geschäftsjahr nicht seriös", sagte CEO Andreas Müller am Mittwoch.
Ähnlich klingt es beim Personaldienstleister Adecco. Wie Firmenchef Alain Dehaze sagte, hat das Virus bisher keine Auswirkungen auf die Resultate des Unternehmens gezeitigt. "Wir sehen derzeit keinen wesentlichen Effekt", so der Manager.
Allerdings setzt Adecco zum Schutz der Mitarbeiter auf ein Massnahmenbündel, das unter anderem den Verzicht auf nicht dringend notwendige Geschäftsreisen beinhaltet. Auch der Nahrungsmittelkonzern Nestlé hat seine Mitarbeitenden dazu angewiesen, bis zum 15. März nicht mehr auf Geschäftsreisen zu gehen. Bei Novartis heisst es, dass eine funktionsübergreifende Task Force zur Bewertung der Situation aktiviert worden sei.
Hiesige Detailhändler wiederum setzen in erster Linie auf Hygiene. Es gelte insbesondere während der Grippesaison, die üblichen Massnahmen dazu konsequent einzuhalten, schreibt die Migros am Mittwoch auf Anfrage von AWP. Bereits vor Wochen hatte der "orange Riese" zum Thema Coronavirus einen Krisenstab eingesetzt.
Europa als grösstes Risiko
Wie es nun auch immer weitergeht: Das grösste Risiko droht der Schweizer Wirtschaft aus Europa. Da ist sich UBS-Ökonom Bee sicher. "Eine deutliche Stimmungsverschlechterung im europäischen Wirtschaftsraum würde in der Schweiz zu einem deutlich schwächerem Wachstum führen."
Sollten die Behörden tatsächlich gezwungen sein, auf dem ganzen Kontinent Teile der Wirtschaft einzuschränken, und nicht nur wie bisher in Italien, dann wären die Folgen auch für die Schweiz ungleich schmerzhafter. "Eine Rezession in der Schweiz wäre dann durchaus möglich", so der Ökonom.
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