Virus | Aussendepartement: Acht Schweizer Staatsangehörige leben Wuhan
Bund verschärft Meldepflicht wegen Coronavirus
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat präventive Massnahmen gegen das Coronavirus ergriffen.
Verschärft wird die Meldepflicht von Ärzten und Laboratorien. Laut Aussendepartement leben acht Schweizer Staatsangehörige in der stark betroffenen chinesischen Stadt Wuhan.
Ab kommender Woche müssen Ärzte und Laboratorien Fälle mit Verdacht auf eine Corona-Infektion innerhalb von zwei Stunden den Kantonen und dem Bund melden, wie BAG-Mediensprecher Jonas Montani einen Bericht des "Sonntagsblicks" gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA bestätigte.
Zudem stehe das BAG mit Tourismusveranstaltern in Kontakt, die Gruppenreisen mit Gästen aus Asien in der Schweiz organisieren. Patrick Mathys, Leiter der Sektion Krisenprävention beim BAG, schätzt das Risiko einer Ansteckung in der Schweiz momentan als gering ein. Das könne sich im schlimmsten Fall allerdings rasch ändern, sagte er gegenüber dem "Sonntagsblick". Besonders durch Reisen könnte sich das Virus schnell ausbreiten.
Massnahmen bei der Einreise in die Schweiz gibt es derzeit jedoch noch keine. Zahlreiche andere Flughäfen haben Screening-Massnahmen für Passagiere aus Wuhan eingeführt. Darunter zählen die Flughäfen Singapur, Hongkong, Thailand, Taiwan und anderen Städten im asiatischen Raum sowie Los Angeles, San Francisco und New York in den USA.
In Europa führten die Flughäfen Fiumicino in Rom und Heathrow in London derartige Massnahmen ein. Das BAG rät im Moment nur von Reisen in die chinesische Stadt Wuhan ab. Für den Rest des Landes gibt es auf der BAG-Internetseite Reiseempfehlungen.
Acht Schweizerinnen und Schweizer in Wuhan
Laut Eidgenössischem Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) sind der Schweizer Botschaft acht angemeldete Schweizer Staatsangehörige bekannt, die in der Stadt Wuhan leben. Die Botschaft stehe auch mit anderen Schweizerinnen und Schweizern in Kontakt, welche die Vertretung angerufen hätten.
Die Hälfte der acht Personen seien jedoch nicht mehr vor Ort und die Verbliebenen wollten Wuhan nicht verlassen, teilte das EDA auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit. Krankheitsfälle unter den Schweizern seien keine bekannt.
Das neue Coronavirus ging Ende letzten Jahres in Wuhan vermutlich von einem Tiermarkt der Stadt aus. Inzwischen wurden mehr als 40 Millionen Menschen in gut einem Dutzend Städten im Herzen Chinas weitgehend von der Aussenwelt abgeschottet, um eine weitere Verbreitung des Virus zu verhindern.
Frankreich setzt Ärzteteam am Pariser Flughafen ein
Nach den drei Fällen der neuen Lungenkrankheit in Frankreich verstärkt das Land seine Vorkehrungen am Pariser Hauptflughafen Roissy-Charles de Gaulle. Ab diesem Sonntag sollte ein medizinisches Team Reisende aus China empfangen.
Es sollte sich um Personen kümmern, die Symptome der neuen Lungenkrankheit aufweisen. Wie die Generaldirektion für Gesundheit am Samstag erklärte, besteht das Team aus Ärzten, Krankenschwestern und Epidemiologen. Temperaturkontrollen wie andernorts hat Frankreich bislang nicht eingeführt.
Am Pariser Flughafen Roissy-Charles de Gaulle kommen täglich mehrere Flüge aus China an. Der Flugverkehr von und nach Wuhan ist seit Donnerstag gesperrt. Am Freitag wurden in Frankreich drei Fälle der aus China stammenden neuen Lungenkrankheit bestätigt. Es sind die ersten Infizierten mit dem neuen Coronavirus in Europa.
Die drei Patienten sind offenbar nicht schwer erkrankt. Dem Paar, das im Pariser Spital Bichat wegen der Lungenkrankheit behandelt werde, gehe es gut, erklärten Ärzte am Samstag. Einer von ihnen habe noch etwas Fieber. Der 31-jährige Mann und seine 30 Jahre alte Frau waren Mitte Januar von einem Aufenthalt in Wuhan in Frankreich angekommen.
Auch dem dritten Patienten in Frankreich, der in einer Klinik in Bordeaux behandelt wird, gehe es soweit gut, sagte der Bürgermeister der Stadt, Nicolas Florian.
Studie warnt vor schneller Verbreitung des Coronavirus
Das neue Coronavirus überträgt sich einer britischen Studie zufolge relativ rasch von Mensch zu Mensch. Experten des renommierten Imperial College London berechneten, dass ein Infizierter bis zum 18. Januar durchschnittlich 2,6 weitere Personen angesteckt haben könnte.
Um den Ausbruch in den Griff zu bekommen, müssten umfangreiche Kontrollmassnahmen vorgenommen werden. "Derzeit ist unklar, ob der Ausbruch in China eingedämmt werden kann", schreiben die Forscher weiter in ihrer Studie.
Gemäss der chinesischen Gesundheitskommission beträgt die Inkubationszeit meist etwa zehn Tage. Der Direktor der nationalen Gesundheitskommission, Ma Xiaowei, berichtete am Sonntag in Peking, dass die kürzeste registrierte Zeitspanne nur ein Tag gewesen - die längste 14 Tage.
Die Infizierten seien in dieser Zeit bereits ansteckend, auch wenn noch keine Symptome erkennbar seien. Das unterscheide die neue Variante des Coronavirus von dem eng verwandten Sars-Erreger, der die Pandemie 2002/2003 ausgelöst hatte.
Eine Studie im Journal "Lancet" hatte zuvor schon ergeben, dass das Virus auch von Personen weitergegeben werden könne, die noch keine Erkältungssymptome zeigen. Die Forscher bezogen sich auf eine Familie in der chinesischen Stadt Shenzhen. Zwei Mitglieder hatten in Wuhan Kontakt zu einem erkrankten Verwandten im Hospital.
Am Ende hatten sechs Familienmitglieder das Virus, darunter eines, das nicht einmal in Wuhan war. Ein infiziertes Kind zeigte keine Symptome.
WHO Europa: Jedes Land muss auf Coronavirus vorbereitet sein
Nach den ersten Nachweisen der neuartigen Lungenkrankheit in Europa hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein gemeinsames Vorgehen gegen den Erreger angemahnt. "In einer Zeit der Unsicherheit über die Entstehung und das Verhalten eines Virus ist es umso entscheidender, dass Länder, Organisationen und die internationale Gemeinschaft als Einheit handeln", teilte das WHO-Regionalbüro Europa am Samstagabend mit.
Dazu zähle auch, auf lokaler und nationaler Ebene vorbereitet zu sein, um erkrankte Menschen aufzuspüren und auf das Coronavirus zu testen. "Es ist jetzt an der Zeit, uns bereit zu machen", erklärte das Büro.
Der Ausbruch in China sei ein Zeichen, dass jedes Land vorbereitet sein müsse, um Krankheitsausbrüche jeglicher Art rechtzeitig zu erkennen und zu handhaben. In Frankreich, wo am Freitagabend die ersten drei Infektionen mit dem Virus in Europa bestätigt wurden, habe man gute Arbeit bei der Identifizierung der Fälle geleistet. Die Funde seien eine Erinnerung daran, dass der globale Reiseverkehr kein Land von der Ausbreitung von Infektionskrankheiten ausschliesse.
Es sei zurzeit unklar, wie sich der Ausbruch entwickele, ergänzte die Behörde. "Während wir das Verhalten des Virus nicht voraussagen können, können wir darüber entscheiden, wie gut wir sind, es zu stoppen."
Bürgermeister: Zahl der Infektionen könnte um 1000 steigen
Die Zahl der bestätigten Infektionen mit dem neuen Virus hinter der Lungenkrankheit in China könnte in der schwer betroffenen Metropole Wuhan noch um Tausend steigen. Wie der Bürgermeister Zhou Xianwang am Sonntag berichtete, gebe es noch 2700 Verdachts- und Fieberfälle, die jetzt getestet würden.
Die Diagnose brauche noch Zeit. Aber nach den bisherigen Erfahrungen könnte es einen Anstieg in dieser Grössenordnung geben, sagte Zhou Xianwang. Bisher sind rund 2000 Infektionen in China nachgewiesen, die grosse Mehrheit davon in Wuhan. Die Zahl der Toten stieg auf 56.
Dass das Virus von dem Verkauf der Wildtiere auf dem Huannan-Markt in Wuhan ausgeht, sehen die Behörden als sehr wahrscheinlich an. Proben von dem Markt hätten das neue Coronavirus aufgewiesen, vor allem in den Bereichen, wo viele Händler mit Wildtieren gewesen seien, berichtete "Hongxin Xinwen" unter Hinweis auf die Untersuchungen.
Es wird spekuliert, dass das neue Coronavirus, das mit dem Sars-Virus verwandt ist, vielleicht von Schlangen oder Fledermäusen stammen könnte. Das Sars-Virus hinter der Pandemie vor 17 Jahren stammte offenbar von wilden Schleichkatzen, die in China als Delikatesse gegessen werden. Damals wurden 8000 Menschen infiziert. Knapp 800 starben.
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