Mode | Die Modeschule Saint-Étienne war Gast bei der Ecole de Couture du Valais
«Wir machen ja alle dasselbe»
SIDERS | «Wir müssen raus in die Welt und sehen, was dort in unserer Branche abgeht», sagt Gabriela Schnyder, Direktorin der Ecole de Couture du Valais in Siders. Doch die Welt lässt sich auch ins eigene Haus holen. Zum Beispiel dank eines mehrtägigen Besuchs einer ausländischen Modeschule.
So weilten von letzten Dienstag bis Freitag über 50 Studentinnen und Studenten der Modeschule aus dem französischen Saint-Étienne – einer Gemeinde in der Nähe von Lyon – sowie drei aus dem tunesischen Monastir mit ihren Betreuerinnen als Gäste der Walliser Modeschule in der Sonnenstadt. Dies mit einem klaren Auftrag: Mit vereinten Kräften eine Modeschau vorbereiten, die im kommenden April in Saint-Étienne sowie im Herbst 2020 im polnischen Kaplitz über die Bühne gehen soll.
Gemeinsam Modelle erarbeiten, lokale Unternehmen der Textilbranche besuchen und über Nachhaltigkeit in der Modebranche diskutieren – dies die Schwerpunkte dieses Austauschprojekts. Ein Programm, von dem sich die ausländischen Gäste begeistert zeigten.
In Siders steht das Praktische im Zentrum
«Fantastisch, dieser Austausch», zeigt sich Gabriela Schnyder bei unserem Besuch zufrieden. Dass es bei diesem Besuch einige «logistische Hürden» zu meistern galt, verschweigt sie nicht. Galt es doch, für die jungen Modegestalterinnen und -gestalter sowie deren Betreuungspersonen Unterkünfte zu finden sowie für die Verpflegung zu sorgen. Doch letztendlich klappte alles.
Kontakte zwischen den beiden Modeschulen entstanden dank eines Projekts der Gemeinde Siders. So besuchte Gabriela Schnyder auch die Modeschule in Saint-Étienne. Worin sich diese von der Ecole de Couture du Valais unterscheidet?
«Zum einen ist sie viel grösser als unser Lehratelier», antwortet die Direktorin der Walliser Modeschule und fährt fort: «Zum andern haben sie auch ein anderes System: Bei uns in Siders legen wir das Schwergewicht auf das praktische Arbeiten, in Saint-Étienne wird auch auf Allgemeinfächer – also Geschichte, Geografie und Ähnliches – grosses Gewicht gelegt.» Konkret: In Siders stehen pro Woche 28 bis 32 Stunden Praxis im Stundenplan, in Saint-Étienne sind es deren 16.
«Handwerklich ist unser Niveau höher»
Doch für die Absolventinnen und Absolventen beider Modeschulen gelte das gleiche Prinzip, betont die Walliser Direktorin: «Du kannst morgen nur machen, was du heute gelernt hast.» Trotzdem, wie steht das Walliser Lehratelier im Vergleich mit der französischen Modeschule da? «Handwerklich würde ich unser Niveau als höher einschätzen als jenes unserer Gäste. Was sicherlich auch aufs Schulsystem zurückzuführen ist», antwortet sie und findet: «Wir dürfen uns wirklich sehen lassen.»
Beeindruckt zeigt sich Gabriela Schnyder zudem von der Modeschule im tunesischen Monastir. «Wahnsinnig interessant» sei, was dort gemacht werde, «die sind dort völlig industriell eingerichtet», berichtet sie. «Aus dieser Schule kommen top Leute; dort sein Studium fortzusetzen, ist für jede Modegestalterin ein grosser Gewinn.»
Was die jungen Modegestalterinnen und -gestalter aus dem Wallis, Frankreich und Tunesien im nächsten Jahr in Saint-Étienne und Kaplitz präsentieren werden, sind Kleider, für welche Gemälde von Sonja Delaunaix (1885–1979) als Anregung dienen. Diese russisch-französische Malerin und Designerin gilt als Vertreterin der geometrischen Abstraktion. «So dürften Rechtecke und Kreise in diesen Kleidern im Zentrum stehen», blickt Gabriela Schnyder den beiden Modeschauen entgegen.
Junge Menschen – zumindest die meisten von ihnen – kennen kaum Kontaktschwierigkeiten. So gestaltete sich die mehrtägige Zusammenarbeit denn auch problemlos. «Es klappte gut», findet denn auch die Direktorin der Walliser Modeschule und meint: «Schlussendlich machen wir ja alle dasselbe – und dass Austausch bereichert, gilt in unserer Branche genauso wie anderswo.»
Lothar Berchtold
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