Ständeratswahlen | Brigitte Wolf, Grüne, Wahl-Underdog. Es geht ihr um die Sache, nicht um die Person
Hauptsache Umweltschutz
Brigitte Wolf kandidiert im Herbst gleich für beide Kammern in Bundesbern. Obwohl die Grünen schweizweit im Hoch sind und ihre Positionen von Bürgerbewegungen getragen werden, weiss sie, wie schwierig es ist, dies im Oberwallis in politische Erfolge umzumünzen.
Die Klimastreiks «Fridays for Future» seit August letzten Jahres, der zweite nationale Frauenstreik am 14. Juni: 2019 war bis jetzt das Jahr, das den Grünen und Brigitte Wolf thematisch in die Karten spielte. Als grüne Welle wurden die Sitzgewinne in den Kantonsparlamenten von Basel-Landschaft, Luzern und Zürich und die Wahl des Grünen Martin Neukom in den Zürcher Regierungsrat im Frühjahr betitelt. Das Momentum soll auch im Wallis zu Erfolgen verhelfen. Nicht zuletzt, weil hier alles begonnen habe, wie Parteipräsidentin Regula Rytz Anfang April an der Delegiertenversammlung in Siders sagte.
Brigitte Wolf, Präsidentin der Grünen Oberwallis und Ständerats- wie Nationalratskandidatin, freut sich natürlich über die Erfolgswelle der Grünen. «Natürlich ist es schön, dass unsere Themen nun in der politischen Agenda fast aller Parteien behandelt werden», sagte sie letzten Mittwoch beim Gespräch im Visper Restaurant Mühle. Wolf – die vom «Nouvelliste» als «zu links für eine Grüne» genannt wurde – hatte aufgrund der hohen Termindichte um einen Treffpunkt in Bahnhofsnähe gewünscht. Wie zur Untermalung ihrer Position sind die Glasuntersetzer aus Karton mit einem länglichen grünen Blatt bedruckt. Der Zufall hätte es nicht besser meinen können.
«Chancen nicht bei null»
Die Positionen der Grünen sind heute salonfähig. Mitteparteien schmücken sich mit Erfolgen in der Klimapolitik, selbst die FDP hat ökologische Massnahmen in einem Positionspapier festgehalten. Wolf kommt nicht darum herum, wiederholt zu betonen, wer das Original ist: die Grünen natürlich. «Die Grünen setzen sich seit der Parteigründung für den Umweltschutz ein», sagte Wolf. Dennoch überwiege die Freude über die neue Sorge ums Klima durchaus. «Wir werden nach den Wahlen sehen, wie ernst den anderen Parteien ökologische Anliegen sind», sagte sie, «aber wenn es ihnen tatsächlich ernst ist, bin ich mega froh um jeden, der sich für das Klima einsetzt. Ich befürchte nur, dass das Thema nach den Wahlen wieder verebbt.»
Sie hat indes einen realistischen Blick auf die Erfolgschancen der Walliser Grünen bei den Nationalratswahlen – auch wenn es sie natürlich freut, dass die Chancen für einen ersten grünen Nationalrat durchaus vorhanden sind – und in Bezug auf ihre Ständeratskandidatur. «Ich kann ja nicht sagen, dass meine Erfolgschancen bei null Prozent liegen», sagt sie und lacht, «aber viel höher sind sie nicht.»
Kandidatin wider Willen
Ernüchterung, weil ihre Chancen für den Ständerat minim sind und der erste grüne Walliser Nationalratssitz wenn überhaupt ins Unterwallis geht, verspürt sie nicht. Sie möchte Menschen eine Stimme geben, wie damals bei der Zweitwohnungsinitiative. Diese wurde vom Volk zwar abgelehnt, aber fast jeder dritte Oberwalliser habe dafür gestimmt. «Diesen Leuten habe ich mit meinem Engagement ein Stimme gegeben», sagt sie, «und zwar quasi als einzige Politikerin im Oberwallis.»
Wäre es am Anfang nach ihr gegangen, hätte sie nicht im Zweierticket mit Mathias Reynard von der SP kandidiert. Die 52-Jährige wollte nicht, musste von der Strategie – SP und Grüne, Mann und Frau, Unterwallis und Oberwallis – erst überzeugt werden. Trotzdem lehnte sie die erste Anfrage ab. Erst die Zusicherung der Unterstützung von SPO-Präsident Gilbert Truffer und aus dem eigenen Umfeld hätten sie zum Umdenken gebracht. Ab dem Moment ihrer Zustimmung ist Wolf aber überzeugt von ihrer eigenen Kandidatur und rennt im Wahlkampf von einem Termin zum nächsten. Als ehemalige OL-Läuferin hat Wolf natürlich auch ein klar abgestecktes Ziel für den 20. Oktober: «Mein Ziel bezieht sich nicht auf eine bestimmte Stimmenzahl, sondern ich gebe den Wählerinnen und Wählern im Oberwallis eine Alternative zu den beiden bürgerlichen, männlichen Kandidaten.»
Adrien Woeffray
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