Verein Zentrum Saltina | Die Mehrheit der Gemeinden will gegen den Willen der Stadtgemeinde die Immobilien verkaufen
«Ein Huhn, das goldene Eier legt, sollte man nicht schlachten»
20 Millionen Franken erhoffen sich die Gemeinden des Vereins «Zentrum Saltina» aus dem Verkauf und der Auflösung. Die Stadtgemeinde bedauert den geplanten Verkauf der Liegenschaften, akzeptiert jedoch den Entscheid.
Nach dem Entscheid des Kantons, das Spital Oberwallis in Visp anzusiedeln, gründeten die Gemeinden der Bezirke Brig-Glis, Östlich Raron und Goms 2002 den Verein Zentrum Saltina. Im Eigentum des Vereins befinden sich mehrere Gebäude und Landreserven. Die Räumlichkeiten in zentraler Lage werden an verschiedene Partner vermietet. Die jährlichen Mieteinnahmen betragen rund 800 000 Franken, die gesamten Einnahmen rund eine Million Franken. Der Cashflow liegt bei 650 000 Franken. Die jährliche Bruttorendite lag seit 2013 immer deutlich über fünf Prozent. Die Mieten werfen also gute Renditen ab. Die flüssigen Mittel belaufen sich auf 3,8 Millionen Franken, die Liegenschaften sind mit fast 14 Millionen Franken bilanziert und in den Unterhalt der Gebäude wurde in den letzten Jahren kräftig investiert. Die Verkehrswertschätzung beläuft sich auf gut 20 Millionen Franken.
Nur Bitsch und Simplon Dorf mit Brig-Glis
Da einige Gemeinden wie bereits 2011 erneut ans Geld wollen, stimmte man am Dienstag über zwei Vorschläge ab (Walliser Bote vom 22. Mai 2018). Die Mitglieder entschieden sich mit einer knappen Zweidrittelmehrheit (jede Gemeinde hat eine Stimmkraft von mindestens 1, Brig-Glis hat mit 39 (von 123) am meisten) für den Verkauf und die Aufteilung des gesamten Vermögens an die Gemeinden. Nebst den Gommer Gemeinden wollen auch jene des Bezirks Östlich Raron, Naters, die Brigerberger Gemeinden und Gondo das Tafelsilber des Vereins verkaufen.
Nebst Brig-Glis waren laut Vereinspräsident Matthias Eggel einzig Bitsch und Simplon Dorf für eine einmalige Ausschüttung von drei Millionen aus den flüssigen Mitteln des Vereins und anschliessend eine jährliche Ausschüttung von 300 000 Franken. Brig-Glis’ Stadtpräsident Louis Ursprung hat mit diesem Entscheid gerechnet. Er hat sogar Verständnis dafür, dass die Gommer das Geld für den Aufbau der medizinischen Versorgung einsetzen wollen. Und auch Naters habe natürlich mit dem Ausbau des Seniorenzentrums ein grosses Projekt zu stemmen. Anzumerken ist, dass ausgezahlte Gelder nur für soziale Projekte investiert werden können.
Gespräche mit der PRESV-Vorsorgestiftung
Und trotzdem findet Ursprung den Entscheid falsch: «Ein Huhn, das goldene Eier legt, sollte man nicht schlachten. Es gibt ja jährlich eine schöne Rendite.» Der Boden befindet sich zudem in der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen. Für private Investoren ist das Land also nur bedingt interessant. Die gute Rendite und eine gute und langfristige Nachfrage nach den Räumlichkeiten könnte aber das Interesse weiterer Investoren wecken.
Die Stadtgemeinde favorisiert nun einen Verkauf an die Vorsorgestiftung des Walliser Gesundheitssektors (PRESV). Es gab bereits Verhandlungen. Ob sich die finanziellen Hoffnungen auch erfüllen, werde sich erst noch zeigen müssen, bleibt Ursprung zurückhaltend. Entscheiden muss dann die GV. An den Mitgliedern würde es dann auch liegen, über die Auflösung des Vereins zu entscheiden. Auf einen Zeitplan will Eggel sich nicht festlegen.
Wie viel ist der eingebrachte Boden wert?
Alle Mitgliedsgemeinden haben ein Vorkaufsrecht. Einlösen kann dies ausser der Stadt-
gemeinde wohl keine andere Gemeinde. Ursprung siehts gelassen, vergleicht die Situation mit dem Kapuzinerkloster. Brig-Glis will also erst einmal abwarten: «Wenn man verkauft, dann ist die PRESV die beste Lösung. Sollte dies nicht gelingen, ist die Stadtgemeinde immer noch da.» Allerdings kaum zu den momentanen Preisvorstellungen. Ursprung merkt zudem an, dass die Stadtgemeinde beim damaligen Bau des Kreisspitals Brig 1907 den Boden einbrachte. Man würde also Boden kaufen, den man damals zur Verfügung stellte. Wie weit man nach über 100 Jahren noch Ansprüche stellen kann, ist offen. Die Verkaufsvariante sieht aber vor, dass der Verein mit der Stadtgemeinde Brig-Glis eine allfällige Abgeltung des damals eingebrachten Bodens klären muss.
Fast 40 Prozent gehören anteilsmässig bereits der Stadtgemeinde. Nebst dem Kanton Wallis hat die Stadtgemeinde Brig-Glis auch immer den Bau der Liegenschaften wesentlich mitfinanziert. «Für das Spital sind wir bereit, alles zu geben, aber nicht um jeden Preis», stellt Ursprung klar.
Die Stadtgemeinde möchte den (auch finanziellen) Fokus auf die Entwicklung des Bahnhofraums Brig/Naters legen. Die Erschliessung im Zusammenhang mit dem Spitalneubau zählt zu den Massnahmen im Agglomerationsprogramm der dritten Generation. Das Areal zwischen Bahnhof und Spital bietet Potenzial für mehrere Gebäude und ein imposantes Hochhaus sowie Verbindungen für den Langsamverkehr nach Glis und nach Naters.
«Wir verbauen uns Optionen für die Zukunft»
Mit dem Spitalentscheid für Brig hat sich die Ausgangslage für den Verein Zentrum Saltina massiv verändert. Das anerkennt auch Ursprung. Vor 15 Jahren haben alle Gemeinden dafür gekämpft, dass Brig Oberwalliser Spitalstandort bleibt. Damals erfolglos, später wurde der Entscheid «korrigiert». Die Spitalaktivitäten im Oberwallis werden in Brig konzentriert.
Nun habe der Verein dieses Ziel erreicht, jetzt hätten die meisten Gemeinden des Vereins andere Interessen, sagt Ursprung: «Jede Gemeinde will jetzt halt ihren finanziellen Anteil. Wir wollen keiner Gemeinde etwas vorenthalten. Es muss aber auch weiterhin im Interesse der Gemeinden der Region sein, dass der Spital in Brig ausgebaut werden kann, heute, morgen und auch übermorgen. Wir müssen also dafür sorgen, dass das neue Spital urenkeltauglich aufgebaut werden kann. Das heisst, wir müssen Bodenreserven schaffen. Daher finde ich es schade, dass wir jetzt verkaufen.»
Dieses Interesse und die Verantwortung müssten aber sämtliche Gemeinden tragen, insbesondere auch Naters, und nicht immer nur die Stadtgemeinde Brig-Glis: «Eine Zentrumsgemeinde hat eine Führungsfunktion. Aber es muss auch bei den umliegenden Gemeinden ein regionales Denken geben. Letztlich geht es ja ums gesamte Oberwallis. Das Spitalzentrum Oberwallis wird über 1100 Angestellte haben, da profitieren alle.»
Brig-Glis habe fünf Millionen Franken in die Hand genommen, um westlich des jetzigen Spitals Bodenreserven zu sichern, betont Ursprung. Man habe den Boden gekauft und ihn mit der Rückzonung in die Zone für öffentliche Bauten auch abgewertet: «Und jetzt will man den Boden im Osten einfach verkaufen. Damit verbauen wir uns für die Zukunft wichtige Optionen.»
Herold Bieler
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