EHC Saastal | Die neue Saison mit sechs neuen Gegnern bringt neue Reize. Aber auch Ungewissheit
«Luft nach oben»
![Vierte Saison. Trainer Martin Zerzuben im Wichel von Saas-Grund.](/site/assets/files/0/76/02/00/618/saastal.650x0n.jpeg)
Vierte Saison. Trainer Martin Zerzuben im Wichel von Saas-Grund.
Foto: Walliser Bote
Martin Zerzuben, Sie steigen in Ihr viertes Trainerjahr beim EHC Saastal. Und dieses bringt Ihnen aufgrund der zusammengelegten 1.-Liga-Gruppen eine Ladung neuer Gegner. Gespannt darauf?
«Mit der Spannung gibt es auch das Unbekannte. Bisher hatte ich 80 bis 90 Prozent der Gegner intus und auch die Transfers innerhalb der Westschweizer Gruppen blieben überschaubar. Jetzt sind neu Lyss, Burgdorf, Unterseen und Burgdorf dabei, dazu Uni Neuenburg als Ab- und Red Ice II als Aufsteiger. So viel Neues auf einmal ist ungewohnt, aber macht es hochinteressant.»
Und die Linie der Schiedsrichter?
(schmunzelt) «Auch das wird interessant zu sehen sein, mit welchem Massstab die Schiedsrichter agieren werden. In der bisherigen 1.-Liga-Gruppe des Mittellands war relativ viel erlaubt, auf jeden Fall mehr als bei uns. Dort wurde mehr auf den Mann gespielt, die Physis hatte eine tragendere Rolle als bei uns, wo eher die Technik im Vordergrund stand.»
Reden wir über die Reiserei des EHC Saastal. Ist diese neue Gruppe, die sich zwischen Saas-Grund und Saignelégier sowie zwischen Genf und Interlaken ausbreitet, für Sie komfortabler geworden?
«Ja, das ist sie. Nach Lyss und Burgdorf fahren wir im grossen Car via Lausanne, nach Interlaken und Adelboden mit zwei kleinen Bussen via Lötschberg-Autoverlad. Zu diesen vier neuen Auswärtsspielen sind wir zudem schneller da als nach Genf, St-Imier oder Franches-Montagnes. Mit Adelboden und Unterseen (Interlaken, die Red.) haben wir gegenseitig frühere Spielzeiten vereinbart, damit beide via Autoverlad noch am selben Abend auf direktem Wege nach Hause kommen.»
Nicht alle dürften in dieser Gruppe dasselbe Fazit ziehen wie Sie, was den Reiseaufwand betrifft. Richtig?
«Das ist so. Nehmen Sie Burgdorf, die brauchten bis jetzt nur zwei oder drei Mal in der ganzen Saison einen Car, sonst fuhren die die relativ kurzen Strecken immer in ihren Privatautos. Das geht jetzt nicht mehr. Das gab in Burgdorf auch ziemlich viele Diskussionen bezüglich Reisespesen oder generell die Bereitschaft eines jeden Spielers, diesen Mehraufwand mitzumachen.»
Der EHC Saastal konnte erstmals eine gesamte Vorbereitung mit der neuen Infrastruktur der
«iischi arena» von Brig-Glis absolvieren. Ein Quantensprung für Ihr Team?
«Ja. Die Bedingungen waren top, wir hatten stets unsere Garderobe, gute Eiszeiten, die Eisqualität war hervorragend, es stimmte alles für uns. Aber ich gebe auch zu, wir sind jetzt froh, auch wieder in unserem Wichel trainieren zu können. Schliesslich ist das unsere Heimat.»
Ist Ihr Team angesichts der «iischi arena» nun weiter als in den Jahren zuvor?
«Ich denke schon, wir haben mindestens eine Woche Vorsprung. Das mag auf den ersten Blick wenig sein, aber auf eine Vorbereitung von insgesamt sieben Wochen ist das wiederum viel. Wir konnten jetzt zusätzlich zu jedem Eistraining auch noch off-ice arbeiten. Das war in früheren Jahren, als wir in Leukerbad oder Kandersteg trainieren mussten, kaum möglich. Mit Anreise, mit Anziehen, mit Training, mit Duschen etc. war es oft nach Mitternacht, bis wir wieder zu Hause waren.»
Wechseln wir das Sujet. Zwischen Zu- und Abgängen zählen wir ein Dutzend Mutationen im Team.
«Ja, aber unsere Strategie ist unverändert. Wir wollen jungen Saaser und Oberwalliser Spielern die Chance geben, auf sportlich gutem Niveau Eishockey spielen zu können.»
Analysieren wir die neuen Gesichter. Aus Siders kam Danyk Fellay.
«Ich war schon zwei oder drei Jahre hinter ihm her, jetzt klappte es endlich. Ein grosser Kämpfer mit guter Einstellung, bringt dank seiner welschen Wurzeln aber auch eine gewisse Lockerheit in die Garderobe. Danyk hat zuletzt unregelmässig gespielt, das wird hier anders sein und diese Erfahrung wird er noch machen müssen. Er hat sich bislang sehr gut integriert, ich glaube an sein Potenzial und er ist auf dem Weg, bei uns ein Top-4-Verteidiger zu werden.»
Mit dem 25-jährigen Schweiz-Kanadier Dominic Plaschy haben Sie einen neuen Goalie verpflichtet.
«Ein grosser Goalie, spielt mit Instinkt. Er spielte in Kanada in unteren Ligen bis vor drei Jahren, dann fiel er durch Verletzungen sehr lange aus. Es war eher Zufall, dass wir auf ihn stiessen. Plaschy will in der Schweiz einen neuen Anlauf nehmen, arbeitet bis Ende Oktober noch auf der Gemmi. Falls es ihm zu regelmässigem Training reicht, kann er unseren Stammgoalie (Sophie Anthamatten, die Red.) schon im Spätherbst angreifen. Wenn nicht, haben wir einen Plan für eine Aufbausaison für ihn.»
Seine Karriere in Saas-Grund will auch Ex-Visp- und Ex-Siders-Spieler Yanis Djerrah neu lancieren. Vielleicht ein Risiko?
«Er hat eine Knieverletzung hinter sich, kam aber an sich gesund zu uns. Nach den ersten beiden Testspielen aber mussten wir einen Rückfall feststellen und jetzt gilt es abzuwarten, wie es um sein Knie steht. Yanis absolviert nun eine Therapie und sollte in sechs Wochen wieder voll einsatzfähig sein. Er ist extrem motiviert, manchmal übermotiviert, aber sein Aufbau muss behutsam sein.»
Nach einem Auslandsjahr ist Stürmer Ralph Zurbriggen zurück im Saas. Was kann er bewirken, der Klub und Team bestens kennt?
«Ganz so einfach war und ist es für ihn aktuell nicht, so nach einem Jahr völlig ohne Eishockey. Aber Ralph ist ein Konditionswunder und kann uns im Powerplay mit seinem rechten Schuss viel bringen.»
Und dort, im Powerplay, hat der EHC Saastal nachweislich grossen Nachholbedarf. Was kann von Aaron Schnyder erwartet werden, der viele Jahre im Nachwuchs von Visp, Siders, Biel und Lausanne spielte und auch bei den Raron-Aktiven Erfahrungen sammelte?
«Ein spielerisch starker Mann, der aber auch verletzt war und zuletzt seinen Schwerpunkt auf die berufliche Ausbildung legte. Bei ihm wird wichtig sein, dass er Stück für Stück den Rhythmus findet. Er wird Zeit brauchen, aber die geben wir ihm.»
Sprechen wir über die Abgänge. Sartore ging zurück nach Bellinzona, Bursey nach Kanada, Lorenz spielt vermehrt in Raron, Arrigo Burgener ist auch weg.
«Gewisse Veränderungen gibt es immer, das ist klar. Sartore beispielsweise wird im Tessin seine berufliche Laufbahn fortsetzen und Kevin Lorenz soll in Raron zu klar mehr Eiszeit kommen, er hat bei uns aber eine B-Lizenz.»
Der EHC Saastal steht vor einer Saison ohne die zurückgetretenen Leader und Routiniers Markus Burgener und vor allem Roger Summermatter.
«Beide Abgänge werden wir enorm spüren und seien wir ehrlich, in einem Klub wie dem EHC Saastal kann eine Grösse wie Roger Summermatter schlicht nicht ersetzt werden. Tritt so einer in Lyss zurück, öffnet sich für den Klub die Türe zu vielleicht 50 potenziellen Kandidaten, hier jedoch nicht.»
Letztes Jahr strebten Sie und Vereinspräsidentin Barbara Anthamatten die Top-3 an. Das gelang deutlich nicht. Sind Sie diesbezüglich etwas zurückhaltender?
(lacht) «Wir hätten dieses Ziel auch erreichen können, die Chance dazu war quasi einmalig aufgrund der Ausgangslage, schade. Wir haben zwölf Spiele mit nur einem Tor Unterschied verloren, waren schlecht im Powerplay, viele Punktverluste waren leichtsinnig. Dieses Jahr wird anders, von sechs neuen Gegnern sind deren fünf sehr gut besetzt. Unser Ziel werden also die Playoffs sein. Wenn die mal erreicht sind, ist aus meiner langen Erfahrung auch als Spieler alles möglich.»
Stimmt die gesamtheitliche Entwicklung des Klubs?
«Ich finde, ja. Beim EHC Saastal ging es jahrelang nur darum, irgendwie die Klasse zu halten. Das ist nicht mehr so, hier ist vieles schon professioneller geworden, auf und neben dem Eis. Der Weg des Vereins stimmt, der Anteil einheimischer Spieler ist gross, wir sind eine gute Plattform. Aber sportlich, gerade nach der letzten Saison, haben wir Luft nach oben.»
Alan Daniele
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