Eishockey | David Kalbermatten ist Eismeister in der Berner PostFinance Arena – ein Besuch bei einem Tüftler
Der Mann hinter der Final-Unterlage
Das Morgentraining ist beendet. Für die SCB-Spieler gehts unter die Dusche, für David Kalbermatten auf die Eismaschine. Der Playoff-Final ist spürbar: Die Akteure sind im «Tunnel», der Stadionbauch – humorvoll als «Bärengraben» beschildert – prall gefüllt mit Medienschaffenden.
Hier im Herzstück der meistbesuchten Eishockey-Arena Europas haben Kalbermatten und seine sechs Arbeitskollegen ihr Zuhause. Die schmucke Werkstatt unter der Haupttribüne ist mit allen möglichen Arbeitsgeräten ausgestattet – stets einsatzbereit, wenn ein Tor aus der Verankerung fällt, eine Plexiglas-Scheibe bricht, Feuerzeuge, Schnupftabak-Dosen und Bierbecher aufs Eis fliegen. Kalbermatten: «Je länger die Playoffs dauern, desto mehr haben wir zu tun. Auch wir spüren, wenn es um den Titel geht.» Der 36-Jährige, wohnhaft in Burgdorf mit Wurzeln in Blatten im Lötschental, ist Teil des Eismeister-Teams, zusammengesetzt aus Elektrikern, Mechanikern, Zimmermännern und Hauswarten.
Herausforderung Drittelspause
Neben der Eis-Aufbearbeitung und -Reinigung ist das siebenköpfige Team mit Putz- und Unterhaltsarbeiten im ganzen Stadion beschäftigt. Leicht versetzt ist die Trainingshalle angelegt, auf dem Areal im Freien eine weitere Kunsteisbahn. Alle drei Eisflächen werden von Amateurklubs, Eiskunstläufern oder Firmen gemietet und genutzt. «An Spitzentagen sitzen wir zwischen zehn und zwölf Mal auf der Maschine», so Kalbermatten. Bei Spielen der ersten Mannschaft kommt der Zeitdruck hinzu. Eine Drittelspause dauert 18 Minuten, in maximal sieben Minuten muss das Eis gereinigt sein, damit genug Zeit für die Pausenunterhaltung übrig bleibt.
Die heisse Phase der Saison läuft – sportlich und temperaturmässig. Das warme April-Wetter weicht die Unterlage im Berner Rink auf, Gleiches geschieht, wenn die Halle mit 17 031 Zuschauern ausverkauft ist. Dann ist von Kalbermatten Gespür gefragt: Weil die Furchen der Schlittschuhe bei aufgeweichtem Eis tiefer werden, muss er mit mehr Wasser arbeiten, damit sich die Rillen füllen, und mit reduziertem Tempo fahren, damit das Wasser gefrieren kann.
Kari Jalonens seltene Intervention
Tanzt der SCB während des Winters mit Meisterschaft, Cup und Champions Hockey League auf drei Hochzeiten, verändert sich die Eisfläche auch optisch. Bei allen drei Wettbewerben treten unterschiedliche Sponsoren und Namensgeber auf. Dementsprechend werden die vier Bully-Kreise und der Anspielkreis verändert. Das heisst für den 36-Jährigen, Eis zurückschmelzen, neues Logo auftragen und eine frische Eisschicht auflegen – mit Feuerwehrschläuchen.
Ist das Eis nicht in idealem Zustand, erhält Kalbermatten Rückmeldung von den Schiedsrichtern – in Ausnahmefällen auch vom Trainer. «Kari Jalonen forderte einen Kollegen letzthin vor einem Training auf, nochmals zu reinigen. Erst dann würde sein Team das Eis betreten», so Kalbermatten. Jalonen gilt nicht als Mann der grossen Worte – umso mehr achtet der Finne dafür auf die Details. «Das ist sein gutes Recht. Wir machen unseren Job.»
Seit Oktober arbeitet der gelernte Mechaniker in der PostFinance Arena. Spezielle Erinnerungen hat Kalbermatten an sein erstes Spiel am 1. Oktober. Damals trafen die Berner im Rahmen eines Freundschaftsspiels auf die New Jersey Devils und Nico Hischier. Kalbermatten: «Ein Verantwortlicher der NHL-Organisation im Anzug hat uns erklärt, wie er das Eis haben will. Da hatten wir rein gar nichts zu sagen, alles lief nach ihren Vorstellungen ab.»
Die Tücken eines Meistertitels
Im Viertelfinal gegen Genf-Servette unterlag Bern im dritten Spiel in der 95. Minute. «Da waren wir bis am Morgen um drei Uhr in der Halle», so Kalbermatten. Möglich, dass das auch in der laufenden Finalserie gegen Zug nochmals passiert. Kalbermatten bezeichnet sich nicht als Fan, sondern als jungen Typen, der «einfach gerne Eishockey sieht». Und natürlich hofft er auf den Meistertitel der Hauptstädter. Die Titel 2016 und 2017 sicherten sich die Berner jeweils auswärts in Lugano bzw. Zug. «Die Sicherung des Meistertitels im eigenen Stadion wäre eine tolle Sache», so der 36-Jährige – obwohl das für ihn und sein Team einen hektischen Abend bereithalten würde: «Wir montieren nach der Pokalübergabe die Plexiglas-Scheiben an den Ecken ab und öffnen die Bandentore. Da musst du aufpassen, dass dich die feiernde Meute nicht erdrückt (lacht).» Eine lange Nacht wäre erneut vorprogrammiert – nicht nur arbeitstechnisch.
David Taugwalder
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